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Würzburg
Wilderer in Unterfranken: Tiere verenden meistens qualvoll
Verbände fordern eine Anti-Wilderei-Offensive. Denn Jagdwilderei wird oft nicht aufgeklärt und oft nicht einmal angezeigt.
Zu einer 'Anti-Wilderei-Offensive' haben der Bayerische Jagdverband, der Landesbund für Vogelschutz und die Tierschutzorganisation WWF aufgerufen. Daran sollen sich nicht nur die Behörden beteiligen, sondern auch die Bevölkerung. Das Foto zeigt ein Kaninchen, das auf einem Feld in Grafenrheinfeld in eine illegale Schlagfalle geraten ist.
Foto: Anja Wehner | Zu einer "Anti-Wilderei-Offensive" haben der Bayerische Jagdverband, der Landesbund für Vogelschutz und die Tierschutzorganisation WWF aufgerufen.
Gisela Rauch
 |  aktualisiert: 07.04.2020 13:00 Uhr

Der Würzburger Jäger und Ausbildungsleiter Michael Hein kennt den Anblick von Rehen, die qualvoll in einer Schlinge verendet sind. Vor nicht allzulanger Zeit erst hat er eines dieser Wildtiere gefunden - in seinem Pirschbereich im Landkreis Würzburg. „Auf dem Wechsel“ habe das tote Tier gelegen, auf einem Weg also, der von Wildtieren regelmäßig benutzt werde. Hein erinnert sich auch an den Anblick eines schwer verletzten Rehs, in dessen Körper ein Pfeil steckte und das offenbar zum Übungsobjekt eines Bogenschützen wurde. Er habe das leidende Tier erschießen müssen, sagt der Jäger. In beiden Fällen seien zweifelsfrei Wilderer am Werk gewesen.

Im Kreis Würzburg: Bogenschütze schoss mit Pfeilen auf ein Reh

Wilderei ist durchaus ein Problem in U nterfranken. „Kein großes Thema, eher ein latentes Thema. Immer da.“ Auf die Frage, ob die Jäger, die gewilderte Tiere finden, diese Funde üblicherweise anzeigen, sagt Hein: Den Fall des vom Pfeil durchbohrten Rehs hätten Jäger bei der Polizei angezeigt; die Ermittlungen seien aber nach vier bis sechs Wochen eingestellt worden . Seiner Einschätzung nach gibt es mehr Fälle von Wilderei als Anzeigen bei der Polizei. Allerdings sei es für den Jäger, der „Tierreste“ im Wald finde, oft auch schwierig zu erkennen, ob das Tier wirklich Opfer eines Wilderers geworden sei. „Es ist ja auch möglich, dass so ein Tier bei einem Verkehrsunfall verletzt wurde und sich dann sterbend ins Dickicht zurückgezogen hat.“

Aufklärungsquote bei Jagdwilderei in Unterfranken im Jahr 2018: knapp 16 Prozent

Die offiziellen Fallzahlen zur Jagdwilderei in Unterfranken nennt Michael Zimmer, Sprecher des Polizeipräsidiums Unterfranken: 2017 seien 19 Fälle zur Anzeige gebracht worden, 2018 waren es 18 Fälle. Im März erst sei in Knetzgau ein totes Reh gefunden worden; das Tier ist den Ermittlungen der Polizei zufolge mit einem kleinkalibrigen Gewehr, einem Luftgewehr, erschossen worden. Auch in der Nähe von Karlstadt griff im November 2018 ein Wilderer zum Luftgewehr, um ein Reh zu schießen. Zwei Monate zuvor tötete ein  Wilderer bei Alzenau mit einer großkalibrigen Waffe einen Hirsch. Im Sommer 2018 verendete  bei Schweinfurt eine Ente im Fangnetz eines Fischwilderers– kein untypischer Fall laut Polizei. In allen diesen Fällen hat es Zimmer zufolge Zeugenaufrufe gegeben und alle diese Fälle blieben ungeklärt. Laut Polizei betrug die Aufklärungsquote bei Jagdwilderei in Unterfranken im Jahr 2017 knapp 28 Prozent und im Jahr 2018 knapp 16 Prozent.

Angesprochen auf die niedrige Aufklärungsquote sagt Zimmer, auch im Bereich Wilderei habe die Polizei durchaus spezialisierte Sachbearbeiter. Jedoch sei „die Spurenlage oft schwierig“.

Die illegale Tötung geschützter Wildtiere ist kein Kavaliersdelikt. Dies betonen der Bayerische Jagdverband, der Landesbund für Vogelschutz und der WWF Deutschland in ihrer Regensburger Erklärung. Dass Wildtierschutz nicht immer ernst genommen wird, zeigt der Fall eines Jägers aus dem Bayerischen Wald, der gerade erst vom Amtsgericht Cham zu einer Geldstrafe von 3000 Euro verurteilt worden ist. Der Jäger hatte mindestens einen Luchs in einer Falle gefangen und dann erschossen. Im Hof des Verurteilten waren Luchsohren und Luchskrallen gefunden worden. Offenbar hatte der Mann Bekannten auch Tipps zum Töten von Luchsen gegeben.
Foto: Holger Hollemann, dpa | Die illegale Tötung geschützter Wildtiere ist kein Kavaliersdelikt. Dies betonen der Bayerische Jagdverband, der Landesbund für Vogelschutz und der WWF Deutschland in ihrer Regensburger Erklärung.

Regensburger Erklärung: Wilderei soll bayernweit konsequenter verfolgt werden

Dass bayernweit Wilderer konsequenter verfolgt werden sollen, haben jetzt der Bayerische Jagdverband, der Landesbund für Vogelschutz und die Umweltschutzorganisation WWF gefordert. In ihrer „Regensburger Erklärung gegen Wilderei und Artenschutzkriminalität“ fordern die Verbände, dass Bayerns Behörden für eine bessere Strafverfolgung von Wilderern Haushaltsbudgets, Mitarbeiterkapazitäten und klare Strukturen schaffen müssen. „Dazu gehört auch, eine Datei zu Jagdwilderei beim Landeskriminalamt anzulegen“, heißt es. Ganz wichtig sei es, durch Kriminologen und Forensiker Standardverfahren zur Datenaufnahme vor Ort zu entwickeln und anzuwenden. Wilderei müsse als „gravierendes Problem mit entsprechendem Handlungsdruck“ wahrgenommen werden. Insbesondere die illegale Tötung streng geschützter Wildtiere müsse geahndet werden, so die Verbände. Erst vor wenigen Tagen musste sich vor dem Chamer Amtsgericht ein Jäger verantworten, der einen streng geschützten Luchs in eine Falle gelockt und dann erschossen hatte. Der Mann kam mit einer Geldstrafe davon. Luchse sind mittlerweile auch in Unterfranken wieder heimisch.

 
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