"Fokus Religionen" ist eine Reihe, die bei den Würzburger Bildungshäusern der katholischen und evangelischen Kirche gerade anläuft. Drei Veranstaltungen sind in diesem Semester vorgesehen.Ein kurzes Gespräch dazu mit der Direktorin des Rudolf-Alexander-Schröder-Hauses Pfarrerin Anni Hentschel.
Anni Hentschel: Ich denke, dass Religion in Deutschland nicht mehr selbstverständlich ist. Man kann auch ohne Religion leben. Dadurch ist mittlerweile vielen Leuten die Religion fremd geworden; Fremdes betrachtet man erst mal mit Skepsis. Es sollte aber beides möglich sein: ohne Religion zu leben oder mit Religion, beides in Toleranz. Und religiöse Gruppen müssen auch die Religionsfreiheit der anderen tolerieren - das gilt für alle. Es gibt immer wieder Kritik und Vorurteile. Das führt zu Konflikten mit Menschen, die ihre Religion ausüben wollen. Deshalb ist es wichtig, darüber zu informieren und Orte der Begegnung zu schaffen, um Vorurteile abzubauen.
Hentschel: Mit dem Judentum befassen wir uns, weil der Antisemitismus wieder zunimmt und gerade wieder salonfähig wird. Wenn Alexander Gauland von der AfD Hitler und die Nazis nur als "Vogelschiss in der Geschichte Deutschlands" bezeichnet und damit das Leid, das den Juden zugefügt wurde, bagatellisiert, muss man darauf schauen. Und wenn der Präsident des Zentralrates der Juden Josef Schuster jüdischen Männern rät, ohne Kippa (jüdische Kopfbedeckung) zu gehen, weil sie sonst Angst haben müssen, bedroht zu werden, dann ist es Zeit, über Inhalte des Judentums zu reden und sie vorzustellen. Schuster wird bei seinem Vortrag die Vielfalt jüdischen Lebens darlegen, auch über unterschiedliche jüdische Gemeinden sprechen, über orthodoxe und über liberale Juden. Er will vermitteln, wie das jüdische Leben heute aussieht. All das kann Verständnis wecken. Der Sikhismus ist eine kleine Religionsgemeinschaft mit 20 Millionen Gläubigen weltweit und einer Glaubensgemeinschaft auch in Würzburg. Wir wollen zeigen, dass es diese Religionsgemeinschaft gibt und wie die Sikhs leben. Deshalb werden wir im Tempel der Sikhs zu Gast sein und man kann sich hier gegenseitig kennen lernen. Die Sikhs, die sich als Diener Gottes verstehen, gehen gern auf Glaubensfragen ein. Und zum Islam: Es gibt nicht den Islam schlechthin, sondern unterschiedliche Strömungen. Themen, die für den Islam zentral sind, wollen wir aufgreifen. Und es geht um zentrale Fragen des islamischen Rechts, um religiöse und rechtliche Normen - die Scharia - im Verhältnis zum Grundgesetz. Das Wesen der Scharia und ihre historische Entwicklung werden erklärt.
Hentschel: Ich glaube, es steht keinem Menschen zu, über die Wahrheit einer anderen Religion ein Urteil zu sprechen. Falls Religionsausübung den Menschen jedoch schadet, dann muss man das kritisieren. Ich persönlich kann jede Religion dort tolerieren, wo jemand nach seiner Überzeugung lebt, ohne, dass er damit anderen in irgend einer Form Gewalt antut. Positiv ausgedrückt liegt die Stärke der Religion darin, dass sie Sinn geben kann, dass sie Kraftquelle sein kann, um etwas zu bewegen. Nächstenliebe zum Beispiel kommt im Christentum vor, bei den Sikhs, im Islam, im Judentum ... Es muss aber auch klar sein, dass sich die Religion an das Grundgesetz halten muss.
Ich zitiere aus dem Artikel:
Ich glaube, es steht keinem Menschen zu, über die Wahrheit einer anderen Religion ein Urteil zu sprechen
Dem gibt es nichts mehr hinzuzufügen.