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Würzburg
Welt-AIDS-Tag: Warum ein Würzburger fast zu spät von seiner Diagnose erfuhr
Am 1. Dezember ist Welt-AIDS-Tag. Immer noch erkranken jährlich tausende Menschen an dem Virus. Wie HIV behandelt werden kann und warum für einen Würzburger fast jede Hilfe zu spät kam.
Zum Welt-AIDS-Tag erzählt ein Würzburger seine Geschichte. Er möchte anonym bleiben.
Foto: Nicolas Armer | Zum Welt-AIDS-Tag erzählt ein Würzburger seine Geschichte. Er möchte anonym bleiben.
Gina Thiel
 |  aktualisiert: 15.07.2024 09:48 Uhr

91 400, das ist die Zahl der Menschen in Deutschland, die im Jahr 2020 mit HIV infiziert waren. Nach Schätzungen des Robert-Koch-Institutes (RKI), gibt es rund 9500 Menschen, also jeder Zehnte, die nichts von ihrer HIV-Infektion wissen. Und das, obwohl sich jeder in Deutschland regelmäßig kostenlos auf das Virus testen lassen kann. Einer von ihnen war F., der seinen vollständigen Namen nicht nennen möchte.

Vor gut zwei Jahren wurde er mit einer schweren Lungenentzündung in ein Krankenhaus im Landkreis Würzburg eingeliefert. "Ich habe noch gefragt, ob ich jetzt hier liegenbleibe. Dann haben die Ärzte zu mir gesagt, dass ich auf die Intensivstation komme." In diesem Moment sei F. erst richtig bewusst geworden, wie ernst die Lage war. Wenige Tage später verbesserte sich sein Gesundheitszustand. "Ich habe dann gesehen, dass der Nachtschrank neben mir zugeklebt war. Das fand ich ganz lustig und war neugierig", erklärt F. Er habe das Klebeband abgemacht, die Schublade aufgezogen und eine Broschüre darin entdeckt, mit einer Einverständniserklärung für einen HIV-Test. "Da habe ich mir gedacht: Okay, jetzt weiß ich wo der Hase langläuft."

Neben einem HIV-Selbsttest für Zuhause, führen auch die deutschen Gesundheitsämter und Ärzte diesen Test durch. Viele Gesundheitsämter bieten ihn kostenlos an, bei einigen wird eine geringe  Gebühr fällig. Bei der Caritas AIDS-Beratung Unterfranken zahlt man dafür zehn Euro. Auf der Website www.testjetzt.de sind alle Testanlaufstellen in ganz Bayern aufgelistet.

Zum Welt-AIDS-Tag hat die Caritas Unterfranken die rote AIDS-Schleife am Festungsberg installiert, zum Zeichen der Solidarität. Mit dabei waren Heidrun Brand (Mitte), Würzburgs Oberbürgermeister Christian Schuchardt (hinten), Clemens Bieber (links) und Dieter Wenderlein von Sant´Egidio (rechts).
Foto: Thomas Obermeier | Zum Welt-AIDS-Tag hat die Caritas Unterfranken die rote AIDS-Schleife am Festungsberg installiert, zum Zeichen der Solidarität.

F. hat sich damals nicht direkt für einen HIV-Test entschieden. "Ich hatte Angst vor dem Ergebnis und natürlich habe ich mich auch geschämt." Am Ende hätte er aber gewusst, dass nur das Ergebnis ihm eine Chance zu überleben geben kann. Sein Test war positiv und damit begann das Gedankenkarussell. "Ich hatte Angst. Was sagt mein Umfeld dazu? Bleibt mein Partner bei mir oder verlässt er mich?" Seit mehr als 20 Jahren lebt F. in einer Partnerschaft mit einem Mann. Infiziert hat ihn ein Fremder. "Ich habe schon eine Vermutung, wer es war und bin mir auch sicher, dass er von seiner Erkrankung wusste." Gesagt hat er F. damals nichts. 

Dabei kann man sich vor einer Übertragung des Virus schützen: Durch das Benutzen von Kondomen und Safer Use beim Drogenkonsum. Das heißt, Drogenwerkzeug wie Spritzen und Nadeln niemals teilen. Seit 2016 gibt es eine weitere Methode, die vor der Weitergabe der HIV-Viren schützt, die Präexpositionprophylaxe- kurz PreP. Sie kann prophylaktisch, also vorbeugend, eingenommen werden und verhindert eine Ansteckung mit dem Virus, auch bei ungeschütztem Verkehr mit einer positiven Person. Seit 1. Dezember 2019 werden die Kosten für das Medikamen - für Menschen mit erhöhtem Ansteckungsrisiko - von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen.

Nach seiner Diagnose wurde F. medikamentös eingestellt. Seit mehr als zwei Jahren nimmt er nun die Tabletten, um seine AIDS-Erkrankung einzudämmen. Die Behandlung hat bei dem Mann aus Würzburg gut angeschlagen, sodass das Virus mittlerweile nicht mehr in seinem Blut nachweisbar ist. Zwar gilt er trotzdem als HIV positiv, kann die Viren aber nicht weitergeben und damit andere Menschen - selbst bei ungeschütztem Geschlechtsverkehr -nicht mit dem HIV-Virus infizieren. 

Die AIDS-Schleife ist ein internationales Zeichen der Solidarität mit Menschen, die an AIDS erkrankt sind.
Foto: Fredrik von Erichsen, dpa | Die AIDS-Schleife ist ein internationales Zeichen der Solidarität mit Menschen, die an AIDS erkrankt sind.

Der HIV-Test seines Partners sei damals negativ ausgefallen und er ist bei ihm geblieben. "Nach dem Ergebnis hat er mich in den Arm genommen und mir gesagt, dass er nach wie vor an meiner Seite steht." Dafür ist F. bis heute dankbar, denn selbstverständlich sei die Reaktion seines Partners nicht, das weiß er. Und obwohl die Diagnose seine Beziehung nicht verändert hat, sieht F. heute viele Dinge anders. Heute setzt er sich aktiv mit dem Thema HIV auseinander, hat vieles dazu gelernt und ist erleichtert, den Test damals gemacht zu haben. "Sonst würde ich heute nicht hier sitzen und davon erzählen."

HIV ist längst kein Todesurteil mehr. Es gibt gute Behandlungsmöglichkeiten und das Virus gehört zu den schwer übertragbaren Krankheiten. Dennoch erfahren viele Menschen noch immer eine gesellschaftliche Ausgrenzung. Deshalb wissen im Umfeld von F. nur wenige von seiner Erkrankung. Und das, obwohl das Virus im Alltag so gut wie gar nicht übertragen werden kann. Der Volksmythos, dass sich HIV über das Küssen, Benutzen derselben Toilette oder dem Trinken aus einer gemeinsamen Flasche übertragen lässt, ist falsch. Die Deutsche AIDS-Hilfe, die AIDS-Beratung der Caritas und verschiedene andere Organisationen in Deutschland setzen sich seit vielen Jahren dafür ein, die Krankheit zu entstigmatisieren.

Übrings: HIV ist nicht gleich AIDS

HIV steht für "Humanes Immundefizienz-Virus" und kann mit "menschliches Abwehrschwäche-Virus" übersetzt werden. Die Viren greifen das körpereigene Immunsystem an. Der Körper kann sich gegen eindringende Bakterien, Viren und Keime nicht mehr wehren. Kommt es zum Krankheitsausbruch aufgrund einer HIV-Infektion spricht man von AIDS.
In Unterfranken bietet die Caritas eine AIDS-Beratung an. Über die Website www.aidsberatung-unterfranken.de gibt es mehr Informationen. Telefonisch ist die Beratung unter 0931- 386 58200 zu erreichen oder per E-Mail über kontakt@aidsberatung-unterfranken.de.
Quelle: Deutsche AIDS-Hilfe
 
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