zurück
Goßmannsdorf
Weiter Kontroverse um "Obere Lehmgrube" in Goßmannsdorf
Meinungsverschiedenheiten zum geplanten Baugebiet "Obere Lehmgrube" in Goßmannsdorf. Die Stadtratsmehrheit möchte dort ein allgemeines Wohngebiet ausweisen.
Ein neues Baugebiet soll in Goßmannsdorf an der Lehmgrube (auch als Orchideenwiese bekannt) entstehen.
Foto: Claudia Schuhmann | Ein neues Baugebiet soll in Goßmannsdorf an der Lehmgrube (auch als Orchideenwiese bekannt) entstehen.
Klaus Stäck
 |  aktualisiert: 07.04.2020 13:11 Uhr

OCHSENFURT  Die Meinungsverschiedenheiten zum geplanten Baugebiet "Obere Lehmgrube" in Goßmannsdorf bleiben. Die Stadtratsmehrheit möchte dort ein allgemeines Wohngebiet ausweisen, um jungen Leuten das Verbleiben im Heimatort zu ermöglichen. Grüne und Bund Naturschutz sind seit Beginn dagegen, weil dort viel wertvolle Natur zerstört werde. Mit den Stellungnahmen, die zum Vorentwurf eingegangen sind, und mit der Abwägung der Interessen befasste sich jetzt der Bauausschuss.

Im Vorfeld wurde die Untere Naturschutzbehörde im Landratsamt eingeschaltet. Tatsächlich wurde die Wertigkeit des Geländes für die Natur deutlich höher gestuft als bisher, so dass  mehr Ausgleich geschaffen werden müsste. Bürgermeister Peter Juks und die Ausschussmehrheit sehen dies im aktualisierten Entwurf als nach allen gesetzlichen Regeln erfüllt. Der Tenor sei, so Juks, das Projekt im gleichen Umfang weiterführen zu können. Anders sah dies Britta Huber von den Grünen. Kritische Anmerkungen kamen aus Reihen der SPD.

Run d 1,4 Hektar Ausgleichsflächen nötig

Die eingegangenen Stellungnahmen und die Abwägungsvorlage erläuterte Katrin Hansmann vom Architekturbüro arc.gruen.  Der Geltungsbereich des Bebauungsplans umfasse 1,65 Hektar, davon 1,27 Hektar reine Baufläche, dazu 0,38 Hektar außenliegende Grünflächen mit Auflagen bei der Bewirtschaftung. Deutlich erhöht hat sich der Anteil an artenreichem Grünland, das als Biotop geschützt ist und das voll ausgeglichen werden müsste. An ökologischen Ausgleichsflächen würden nun 1,37 Hektar benötigt. Ein kleiner Teil davon wäre direkt am Baugebiet möglich, ein größerer auf einer entsprechenden Fläche in Hohestadt, wo vor allem Lebensraum für den Ortolan und andere Bodenbrüter möglich sei.  Rund ein halber Hektar müsste aber noch gefunden werden, bestätigte Bürgermeister Juks. Erst wenn dies geschehen sei, könne der Billigungs- und Auslegungsbeschluss gefasst werden. Dies soll im März geschehen.

Flächendeckendes Orchideenvorkommen

Betroffen von dem Baugebiet wären Orchideenvorkommen,  eine alte Weinbergsmauer, Höhlenbäume, Vogelarten, Fledermäuse und Zauneidechsen. Die Orchideenvorkommen seien durch die Untere Naturschutzbehörde bestätigt, sagte Hansmann. Britta Huber ergänzte, dass die Orchideen sogar flächendeckend  nachgewiesen seien. Im Jahr 2016 hatte ein Landwirt eine Fläche umgebrochen. Davor seien es noch mehr gewesen, bestätigte die Referentin des Architekturbüros. Sie und Bürgermeister Peter Juks betonten aber, dass der Landwirt im Rahmen der geltenden Gesetze gehandelt habe. Der vorherige Zustand könne nicht Grundlage der Betrachtungen sein, sondern  nur der heutige.

Zu dem Entwurf lag ein umfangreicher Katalog von Einwänden vor, den der Bund Naturchutz über einen Anwalt eingereicht hatte. Alle seien mit dem neuen Entwurf abgearbeitet, meinten die Referentin des Architekturbüros und Bürgermeister Juks. Für die wegfallenden Höhlenbäume (Hansmann: "nur fünf") sind als Ersatz Nistkästen für Vögel und Fledermäuse vorgesehen. Zauneidechsen habe man "mal eine rascheln hören und eine gesehen", so Hansmann. Sie würden auf vorbereitete Flächen umgesiedelt. Dass mit dem neuen Entwurf  insgesamt sogar mehr ökologisch wertvolle Flächen gewonnen als verloren sei, meinte Juks. Britta Huber von den Grünen entgegnete, es werde Gewachsenes zerstört. Ausgleichsflächen an anderer Stelle seien sind nicht dasselbe. Juks betonte, dass es dafür Fachbehörden gebe, die das beurteilen.

"Die Ökologie hat keinen Gewinn"

Barsom Aktas (UWG) fragte, ob der ökologische Nutzen des Baugebiets höher sei als der Schaden.  Für Bert Eitschberger (SPD) ist das nicht der Fall. Man dürfe nichts schönreden, sagte Eitschberger: "Die Ökologie hat keinen Gewinn. Da können wir rechnen so viel wir wollen." Kilian Popp gab zu bedenken, dass seit 1960 immer mehr Flächen von der Landwirtschaft an Natur zurückgegeben worden seien. Auch bei Flurbereinigungen würden Flächen für die Natur ausgewiesen. "Da dürfte man ja nirgendwo mehr bauen", meinte Popp. Paul Hofmann wollte wissen, wer die privaten Einwender seien. Katrin Hansmann antworte, dass neuerdings aus Datenschutzgründen die Namen nicht mehr öffentlich gemacht werden dürfen.

Die Mehrheit des Ausschusses stimmte schließlich der Abwägungsvorlage zu. Britta Huber stimmte dagegen. (KLS)

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Goßmannsdorf
Klaus Stäck
Baugebiete
Bebauungspläne
Bürgermeister und Oberbürgermeister
Landwirte und Bauern
Natur
Naturschutz
Naturschutzbehörden
Paul Hofmann
Peter Juks
SPD
Vogelarten
Zerstörung
Ökologie
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top
  • A. S.
    Die Altorte werden auch durch die Zuwendungen wie Baukindergeld nicht gestärkt, das bekommen Familien nur für Neubauten. Dazu habe ich von Frau Hubers Partei noch nichts gehört
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • W. K.
    Hat Ihr Reporter das geschrieben, was auf den Zetteln stand, die die Frau Tappe nach der Sitzung im übergeben hat. Super Reporter einer Zeitung die neutral berichten müsste.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • W. K.
    Genau diese Gegner des Baugebietes haben auf diese wertvolle Fläche gebaut.
    Reiner Eigennutz wie wichtig ihnen der Naturschutz ist.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Veraltete Benutzerkennung
    Gerade in Goßmannsdorf könnte man durch das Schließen von Baulücken und Renovierung des Bestands neuen Wohnraum schaffen. Es braucht keine Zerstörung von Natur und Versiegelung von wertvollen Flächen. Was Goßmannsdorf dringend bräuchte wäre ein Dorfladen und Leben im Altort statt weiterer Wohngebiete. Am 15. März kann man ja sein Kreuz entsprechend machen. Wer konsequent für Altortsanierung statt neuer Flächenversiegelung steht, wurde jetzt ja deutlich.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • W. S.
    @vcd:

    Bitte eröffnen Sie einen solchen Dorfladen! Ich denke, sie werden die Unterstützung unseres Bürgermeisters erhalten, sofern er diese Ihnen gewähren kann (es in seinem Ermessenspielraum als BGM liegt). Und wir würden auch rgm. dort einkaufen gehen!

    Aber dennoch braucht es neue Baugebiete, da wir mehr Menschen werden. Und wenn es nicht interessant ist, junge Leute in den Ortschaften zu halten, dann ziehen diese eben weg. Nur sind da dann eben auch Steuerzahler (meist nicht nur einer), ggf. Kinder (=Krippe, Kindergarten) und andere Faktoren, welche der Stadt wegfallen, zu betrachten.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Veraltete Benutzerkennung
    Es gibt solche Läden in vergleichbaren Ortschaften. Goßmannsdorf sieht aus wie eine Geisterstadt: Überall sieht man dass da mal was gewesen ist (Bäcker, Banken, Schule, Wirtschaften) aber alles ist zu und verfällt. In einer solchen Situation muss man den Ortskern stärken und nicht neue Baugebiete auf der grünen Wiese ausweisen, darauf wollte ich hinaus. Der Ort braucht dringend eine bessere Innenentwicklung. Der Dorfladen ist dafür ein Beispiel. Für solche Läden gibt es Konzepte und Fördermöglichkeiten in anderen Gemeinden.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • A. S.
    Frau Huber hat ihr Haus ja bereits gebaut, die anderes brauchen keines.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • J. M.
    Dieser Kommentar trägt nicht zur Diskussion bei und wurde daher gesperrt.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten