Alljährlich sorgt die Wahl der Fränkischen Weinkönigin für großes Medienecho. Mit der Marketingexpertin Susanne Veldung sprachen wir über die Aufgaben der Repräsentantin des Frankenweins.
Frage: Am Freitag wird eine neue Fränkische Weinkönigin gewählt. Ein Stück Kulturgut oder eine Marketingmaßnahme?
Susanne Veldung: Ich glaube, dass sich die Figur der Weinkönigin über die Jahre zu einem Marketinginstrument entwickelt hat und heute wesentlich gezielter als solches eingesetzt wird als früher.
Mit welchem Ziel?
Markenbotschafter gestalten immens die öffentliche Wahrnehmung der gesamten Marke mit. Die Region – und hier gerade die Weinbranche – strebt ja die Verbindung zwischen Tradition und Moderne an. Denken Sie etwa an den neuen Bocksbeutel. Die Weinkönigin – eine traditionelle Figur, verkörpert von einer jungen Frau – spielt da eine wichtige Rolle, um die Verknüpfung zwischen Tradition und Moderne hinzubekommen und dem Thema Frankenwein ein Gesicht zu geben.
Funktionieren Markenbotschafter besser, wenn mit ihnen eine regionale Tradition verbunden wird?
Veldung: Auf jeden Fall. Die Verwurzelung und der Bezug zum Wein sind unheimlich wichtig. Markenbotschafter sollen ja beim Gegenüber Begeisterung auslösen und das gelingt nur, wenn die Person authentisch und glaubwürdig auftritt. Was passt da besser als die Tochter eines fränkischen Winzers oder eine andere Person aus der Region mit engen Verbindungen zum Thema und Produkt Wein?
Ist demzufolge die Wahl der Weinkönigin eine Werbeveranstaltung?
Veldung: Ja. Da kann sich auch die Region entsprechend präsentieren. Die Wahl ist eine Art Standortmarketing. Skigebiete zum Beispiel betreiben das intensiv. So eine Veranstaltung kann die Einzigartigkeit des Weinbaugebiets Franken transportieren und bleibt in den Köpfen. Das funktioniert gut, wenn es entsprechend professionell aufgezogen wird und das passiert in diesem Fall. Außerdem sorgt die Veranstaltung ja immer wieder für Gesprächsstoff: Wer ist die neue Weinkönigin? Aus welchem Ort kommt sie? Dass es darüber zu Diskussionen kommt, zeigt, dass diese Wahl bei vielen Menschen Interesse weckt und Emotionen auslöst. Hierin steckt ein Anknüpfungspunkt für weitere Marketingmaßnahmen zu diesem Thema.
Es gibt auch eine Spargelkönigin, eine Erdbeerkönigin, eine Bierkönigin. Warum sind diese Figuren meistens weiblich? Und die Weinkönigin muss ja sogar ledig sein...
Veldung: Das ist ein spezielles ideelles Bild, welches auf einem gewissen Stereotyp aufbaut und so Konstanz schafft – und Tradition bewahrt. Ich habe ja den Versuch, Tradition und Moderne zu kombinieren, angesprochen. Vor diesem Hintergrund, fände ich persönlich es durchaus interessant zu überlegen, ob es nicht einmal Zeit für einen Weinkönig wäre. Würde ein Weinkönig zu stark die Tradition brechen? Ist das zu viel Moderne? Es wäre jedenfalls interessant zu sehen, wie die Region auf einen Weinkönig reagieren würde.
Da schwingt die Frage mit, wie zeitgemäß eine solche Figur ist.
Veldung: Das ist eine schwierige Gratwanderung. Gerade für eine Region wie Franken, die sich ja ihrer Tradition schon sehr verbunden fühlt, kann ein solcher Bruch schwierig werden. Aus Marketingsicht kann es aber spannend sein, mit solchen Idealbildern zu spielen und so zu versuchen, Aufmerksamkeit zu erzeugen. Ich könnte mir einen Weinkönig sehr gut vorstellen.
Markenbotschafter werden nicht immer gewählt. Prominente geben für Geld ihr Gesicht für Werbung her. Wo sind die Unterschiede?
Veldung: Alle Markenbotschafter zeichnen sich zunächst einmal dadurch aus, dass sie aus Unternehmenssicht eine hohe Loyalität aufweisen. Das können treue Kunden oder Mitarbeiter sein, die stolz auf das Unternehmen sind und sich damit identifizieren. In der Konsequenz schaffen sie Begeisterung und dadurch Weiterempfehlung. Wenn jemand zu Werbezwecken eingekauft wird, dann muss es zwischen dem Unternehmen und der Person gut passen. Wir sprechen hier von einem guten „Fit“. Mit einer Wahl ist aber immer eine höhere Identifikation mit der Person verbunden, weil hier viele Menschen involviert sind. Eine Wahl vermittelt ein Gefühl der Mitbestimmung und Kunden wollen heutzutage aktiv Marken mitgestalten und haben hohen Einfluss darauf, wie sich Marken weiterentwickeln.
Die Weinkönigin reist viel, besucht viele Veranstaltungen. Sie ist aber auch im Internet sehr aktiv, betreibt zum Beispiel einen eigenen Blog. Wie wichtig sind für Markenbotschafter solche Online-Aktivitäten?
Veldung: Man braucht sowohl analog als auch digital eine hohe Sichtbarkeit. Da zählen wichtige öffentlichkeitswirksame Veranstaltungen dazu, wo viele Kommunikatoren sind. Aber genauso wichtig ist heute die digitale Kommunikation. Gerade das junge Publikum kann darüber sehr gut erreicht werden. In unserer Region spielt das wegen der zahlreichen Studierenden eine große Rolle. Zudem zeigt sich die Weinbranche bestrebt, darüber jüngere Kundengruppen für sich zu gewinnen.
Was haben die Markenbotschafter selbst von ihrem Job?
Veldung: Vor allem die Möglichkeit des Selbstmarketings. Sagen zu können, „Ich war mal Weinkönigin“ – das macht eine Person schon interessant und liefert die Möglichkeit, sogenanntes Storytelling im Hinblick auf die eigene Person zu betreiben. Darüber hinaus trifft eine Weinkönigin natürlich interessante und bekannte Persönlichkeiten zum Austauschen und Netzwerken.
Was wäre der größte Fehler, den die neue Weinkönigin machen könnte?
Veldung: Nicht mit Freude dabei zu sein. Sie muss Begeisterung für ihr Thema – den Wein und die Region – ausstrahlen können. Die Freude muss man spüren können. Schafft sie das nicht, käme sie nicht authentisch rüber und wäre damit keine gute Markenbotschafterin.