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Würzburg
Weihnachtsgeschenke: Warum man beim Auspacken positiv und wohlwollend denken sollte
Der Würzburger Sozialpsychologe Roland Deutsch (50) findet, dass man sich auch über ein Geschenk freuen kann, was einem auf den ersten Blick nicht gefällt.   
Geschenke unterm Weihnachtsbaum: Was es beim Schenken zu beachten gibt, weiß der Würzburger Sozialpsychologe Roland Deutsch.
Foto: Karl-Josef Hildenbrand, dpa | Geschenke unterm Weihnachtsbaum: Was es beim Schenken zu beachten gibt, weiß der Würzburger Sozialpsychologe Roland Deutsch.
Manuela Göbel
 |  aktualisiert: 10.05.2023 09:40 Uhr

Jeder Deutsche gibt dieses Jahr laut dem Nürnberger Marktforschungsinstitut GfK 299 Euro für Weihnachtsgeschenke aus. Dazu kommen noch die gebackenen, gestrickten und gebastelten Präsente, die Heiligabend unter dem Baum liegen. Warum schenken wir so gerne? Laut Professor Roland Deutsch, Inhaber des Lehrstuhls für Psychologie II an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg, ist Schenken ein tiefverankertes menschliches Bedürfnis. Im Gespräch mit der Redaktion erklärt der Sozialpsychologe, was ein gelungenes Geschenk ausmacht und warum man beim Auspacken wohlwollend denken soll.  

Menschen beschenkten sich schon in der Antike. Zur Wintersonnwende, dem Vorläufer des Weihnachtsfestes, wurden Arme mit Almosen bedacht. Spät bekamen Kinder kleine Weihnachtsgaben. Mit steigendem Wohlstand weitete sich das Schenken an Weihnachten immer mehr aus. Es scheint so, als wäre Schenken ein menschliches Bedürfnis?  

Professor Roland Deutsch: Das stimmt. Es gibt mehrere tiefverankerte menschliche Bedürfnisse, die mit dem Schenken angesprochen werden. Eines davon ist das nach Status. Mit einem teuren Geschenk kann man seine Überlegenheit ausdrücken. Moralische Bedürfnisse werden befriedigt, wenn man mit einem Geschenk etwas gut machen oder sich für etwas bedanken will. Am auffälligsten ist wahrscheinlich, dass Menschen sich durch Geschenke mit anderen austauschen und verbinden wollen. Wir sind eine Spezies, die ein großes Bedürfnis nach sozialen Bindungen hat. Sich gegenseitig zu beschenken ist ein wirksames Mittel, diese aufzubauen und zu pflegen. Außerdem sind wir zu viel Mitgefühl fähig und geben anderen gerne, was sie brauchen.

Professor Roland Deutsch, Sozialpsychologe der Uni Würzburg,  weiß viel über Schenken und ist trotzdem gespannt, ob er die richtigen Weihnachtsgeschenke gefunden hat.
Foto: Thomas Obermeier | Professor Roland Deutsch, Sozialpsychologe der Uni Würzburg,  weiß viel über Schenken und ist trotzdem gespannt, ob er die richtigen Weihnachtsgeschenke gefunden hat.
Schenken macht uns also glücklich?

Deutsch: Wenn es gut läuft, dann ja. Aber ein guter Ausgang ist nicht selbstverständlich. Beispielsweise kann es in Situationen, in denen Schenken eine Verpflichtung ist, sehr belastend sein, wenn man kein gutes Geschenk findet. Wenn man aber ein gelungenes findet, ist es für beide Seiten sehr befriedigend.

Wie gelingt ein gelungenes Geschenk?

Deutsch: Diese Frage haben Psychologinnen und Konsumentenforscher untersucht und herausgefunden, dass dazu mehrere Aspekte wichtig sind, deren Wirkungen sich addieren. Einer davon ist die enthaltene Wertschätzung. Das Geschenk zeigt, dass der oder die Schenkende Geld, Zeit oder Gedanken investiert hat und damit, dass ihm der oder die Beschenkte das wert ist.      

Kann auch ein Geldschein ein gelungenes Geschenk sein? 

Deutsch: Tatsächlich zeigen Studien, dass Geldgeschenke besser ankommen als viele denken. Zwar drücken sie aus, dass nicht viel Zeit in die Suche nach einem Geschenk investiert wurde, aber gleichzeitig ist der finanzielle Wert deutlich. Dass sich zum Beispiel Großeltern nicht in aktuellen Trends oder Vorlieben auskennen und deshalb ihren Enkeln Geld schenken, damit die sich damit ihre Wünsche erfüllen können, freut gerade die Kinder und Jugendlichen.      

Was macht ein gutes Geschenk noch aus?

Deutsch: Neben Wertschätzung ist es förderlich, wenn eine altruistische Absicht erkennbar ist. Ein Küchengerät für den gemeinsamen Haushalt ist deshalb meistens weniger gelungen, denn es enthält ja auch einen Nutzen für den Schenkenden. Ein anderer Aspekt ist, dass die Bedürfnisse des Beschenkten bedacht werden – also kein Tee für den Kaffeetrinker. Und auch eine Überraschung zu bereiten, ist ein wichtiger Aspekt.     

Buchhändlerin  Gabriele von Zobel packt in der Buchhandlung 'Dreizehneinhalb' in Würzburg ein  Literatur-Geschenke ein. Wird sich der Beschenkte darüber freuen?
Foto: Benjamin Brückner | Buchhändlerin  Gabriele von Zobel packt in der Buchhandlung "Dreizehneinhalb" in Würzburg ein  Literatur-Geschenke ein. Wird sich der Beschenkte darüber freuen?
Also nicht jedes Jahr wieder das Paar Socken oder das Parfum schenken, auch wenn diese einmal gut angekommen sind?

Deutsch: Solche Geschenke lassen erkennen, dass sich der Schenkende nicht traut, ein Risiko einzugehen und lieber auf ein sicheres und praktisches als auf ein überraschendes aber unsicheres Geschenk setzt. Dabei zeigt die Forschung, dass man sich gar nicht so davor fürchten muss, mit einem Geschenk falsch zu liegen. Sofern erkennbar ist, dass der Schenkende sich Mühe gegeben hat, altruistisch, wertschätzend und an den Bedürfnissen orientiert zu schenken, kann das ungewöhnliche Geschenk das bessere sein, selbst wenn es ein wenig daneben liegt.

Wenn ein Geschenk aber sehr daneben liegt, ist das Auspacken schon eine arge Enttäuschung, oder?

Deutsch: Da man in dieser Situation die Wahl hat, sollte man positiv denken und dem Schenkenden im ersten Schritt einen Vertrauensvorschuss geben. Wenn einem der Mensch wichtig ist, hat er sich ja vielleicht Mühe gegeben und liegt halt trotzdem daneben. Irren ist ja auch menschlich.  

Darf man denn nicht ehrlich sein und sagen, dass einem das Geschenk nicht gefällt?

Deutsch: Man muss ja nichts schön reden. Aber wer sofort eine negative Reaktion zeigt, löst damit eine ähnlich negative bei seinem Gegenüber aus. Der hält den Beschenkten dann zum Beispiel für undankbar. Wer stattdessen wohlwollender denkt, stellt in den Vordergrund, dass mit dem Geschenk Wertschätzung ausgedrückt und vielleicht sogar eine schöne Überraschung bereitet werden sollte. Denn eigentlich zählt beim Schenken doch die gute Absicht. Materille Wünsche können sich die meisten von uns doch am besten einfach selber erfüllen.   

Und was soll der Schenkende tun, wenn er merkt, dass sein Geschenk nicht so gut ankommt?   

Deutsch: Er kann erklären, was er sich bei dem Geschenk gedacht hat. Dann kommt das Geschenk meistens schon besser an.  Und er kann im nächsten Jahr frühzeitig die Augen und Ohren offen halten und darauf achten, welche Interessen und Vorlieben jemand hat. Dann fällt es leichter ein Geschenk zu finden, das Freude macht.

Sie kennen sich in der Theorie des Schenkens gut aus. Sind Sie trotzdem gespannt, ob Ihre Weihnachtsgeschenke gefallen werden?

Deutsch: Ich versuche diese Prinzipien natürlich zu beherzigen. Und ich habe auch den Eindruck, dass es tatsächlich hilft. Aber spannend bleibt es dennoch immer wieder.

 
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