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Würzburg
Wegen Corona: Praktikum in Würzburg, wohnen in Ann Arbor (USA)
Wie können junge Menschen ein Auslandspraktikum machen, ohne reisen zu müssen? Ein Student aus den USA erzählt, wie das bei ihm in Würzburg funktioniert hat.
Vanessa Michaeli
 |  aktualisiert: 12.09.2022 15:33 Uhr

Ob Praktikum, Work-and-Travel oder ein Jahr als Au-Pair – viele junge Menschen wollen vor oder während ihrer Ausbildung ins Ausland. Seit Beginn der Corona-Pandemie ist das jedoch nur sehr begrenzt möglich. Die Lösung kann ein virtuelles Praktikum sein. Wie das funktioniert, schildert ein amerikanischer Student, der das zehn Wochen lang bei der Landtagsabgeordneten Kerstin Celina aus Kürnach im Landkreis Würzburg gemacht hat.

Aidan Woutas erscheint auf dem Bildschirm, bei ihm in Ann Arbor, im US-Bundesstaat Michigan, ist es 9 Uhr morgens, bei der Autorin dieses Textes in Würzburg ist es Nachmittag. Der 20-Jährige studiert Politikwissenschaften und Germanistik an der University of Michigan. War die Zeitverschiebung ein Problem gewesen? "Die Zeitverschiebung war eine komische Sache", antwortet Woutas auf deutsch. Doch Celina habe nicht erwartet, dass er bei jedem Termin dabei sei. Und viele der Arbeiten – wie recherchieren oder Präsentationen erstellen – habe er zeitlich unabhängig von Celina und den anderen Mitarbeitenden erledigen können.

"Meistens hat es keinen Unterschied gemacht, dass ich über 4000 Meilen weit weg war."
Aidan Woutas, virtueller Praktikant aus Michigan (USA)

Trotz zeitlicher und örtlicher Differenz hat Woutas eng mit dem Team im Würzburger Büro der Grünen zusammenarbeiten können. Das erzählen sowohl er als auch Celina. Über Google Docs haben sie gemeinsam an Dokumenten geschrieben, sich täglich über WhatsApp ausgetauscht und jeden Freitag mittels Videokonferenz die Aufgaben durchgesprochen. Zudem haben viele Termine des Landtags wegen Corona virtuell stattgefunden. Woutas sagt: "Meistens hat es keinen Unterschied gemacht, dass ich über 4000 Meilen weit weg war."

Doch wie kommt ein amerikanischer Student dazu, ein Praktikum bei einer Politikerin aus dem Landkreis Würzburg zu machen? Da er bereits seit sieben Jahre Deutsch lerne, sei für ihn klar gewesen, dieses Wissen in der Praxis zu vertiefen, erzählt Woutas. Die Lösung: ein Praktikum in Deutschland. Im November 2020 hat er sich daher bei der gemeinnützigen Organisation Cultural Vistas beworben.

Welche Organisationen helfen Praktikanten und Unternehmen?

Cultural Vistas bietet Praktika, Studienreisen und kulturelle Austauschprogramme an. Die Zielgruppe sind größtenteils amerikanische Studierende und Berufstätige, die im Ausland Erfahrungen sammeln möchten. Unternehmen können sich ihrerseits mit Cultural Vistas verbinden und Praktikumsplätze anbieten. In Deutschland gibt es ähnliche Anbieter wie aiesec oder Travelworks.

Woutas hat seinen Lebenslauf eingereicht, sprach mit der Organisation über seine Interessen – und die Mitarbeitenden suchten für ihn den passenden Praktikumsplatz. Als Woutas sich für das Praktikum bewarb, war noch nicht klar, dass es virtuell stattfinden würde. "Damals hatte ich noch die Hoffnung, im Sommer vielleicht nach Deutschland kommen zu können", erinnert sich Woutas.

Die Landtagsabgeordnete Kerstin Celina war mit ihrem ersten virtuellen Praktikanten sehr zufrieden.
Foto: Niklas Wunderlich | Die Landtagsabgeordnete Kerstin Celina war mit ihrem ersten virtuellen Praktikanten sehr zufrieden.

Doch auch virtuell habe sich das Praktikum für ihn gelohnt: "Es war eine absolut tolle Erfahrung. Ich habe viel über die Funktionsweise der deutschen Politik auf Landesebene gelernt." Zudem sei er froh, dass er sein Deutsch täglich üben konnte.

Durch das Praktikum kam Woutas außerdem dazu, sich mit deutschen Schülerinnen und Schülern auszutauschen. Etwa sieben bayerische Schulklassen besuchte er online, sprach mit ihnen über seine Praktikumserfahrungen, über das amerikanische Leben, die US-Politik, Black Lives Matter oder American Football. "Das war der Lieblingsteil meines Praktikums," erzählt Woutas mit einem Lächeln.

Virtuelle Praktika als Chance für Menschen mit Behinderungen

Auch Celina ist mit dem Online-Praktikum zufrieden. Am meisten geschätzt habe sie, dass Woutas ihr zu den verschiedensten Themen seine amerikanische Sichtweise mitteilte – ein kultureller Austausch für beide Seiten. "Ich würde ein virtuelles Praktikum jedem empfehlen", sagt sie. Wichtig sei jedoch, auch als Chefin flexibel zu sein – auch wegen der Zeitverschiebung.

Die Politikern sieht solch ein Praktikum jedoch nicht nur als Möglichkeit für junge Menschen, im Ausland arbeiten zu können. Denn Praktika wie die von Woutas würden beweisen, dass viele Aufgaben aus dem Home-Office und ohne Präsenz erledigt werden könnten. "Es ist auch eine Chance für Menschen mit Gehbehinderung, qualifizierte Arbeit zu finden."

 
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