Bereits vor Beginn der neuen Saison hatten die Frankenfestspiele auf sich aufmerksam gemacht: Röttingen durfte für "35 Jahre Frankenfestspiele" den nordbayerischen Heimatpreis entgegen nehmen. Dieser sei das „Ergebnis einer enormen Kraftanstrengung aller Beteiligten“, sagte der neue Intendant Lars Wernecke im Rahmen einer Pressekonferenz, bei der Programm und Team der Saison 2019 im Detail vorgestellt wurden, und verwies auch auf das Engagement der über 100 Ehrenamtlichen. Der Preis sei für das neue Festspiel-Team Ansporn, die Tradition fortzusetzen.
Man hat sich viel vorgenommen, und die Röttinger Rahmenbedingungen auf Burg Brattenstein, machen es nicht immer leicht: Drei komplett neue Inszenierungen warten auf die Besucher, „ein großer Mehraufwand“, wie Wernecke betonte. Schließlich müssen für alle drei Stücke parallel Kostüm- und Bühnenbild entwickelt werden – um dann bei drei Premieren innerhalb von drei Wochen richtig in Szene gesetzt zu werden.
Singen und gleichzeitig Tanzen als Herausforderung für Laien
Von den Herausforderungen, ursprünglich groß angelegte Stücke an die Röttinger Bühne anzupassen, können alle Beteiligten ein Lied singen. Das Musical „Hello Dolly“ etwa hat in der Original-Broadway-Version ein Ballett-Ensemble und einen großen Chor – in Röttingen übernehmen 16 des insgesamt 21 Mitglieder starken Extra-Ensembles deren Fülle an Aufgaben. Singen und zugleich tanzen, sei für Laien nicht einfach, so Choreografin Julia Grunwald, die von einer „Herausforderung, eine bühnentaugliche Version des Stücks hinzukriegen“, spricht.
Auch Kostümbildnerin Angela C. Schuett steht vor großen Aufgaben: Da es in Röttingen keine festen Werkstätten gibt, auf die sie in Sachen Kostüme zurückgreifen kann, steht sie seit Monaten mit den Fundi verschiedenster Theater in Kontakt. „Wo kann ich etwas ausleihen?“, sei die Frage - von Schuhen bis zu einheitlichen Kleidern für den Chor muss alles organisiert werden.
Bühnenbildner Dirk Immich brauchte viel Phantasie. Die Bühnenbilder der drei Stücke sollten für einen schnellen Auf-und Abbau miteinander verwoben sein – doch: „Sie spielen in ganz unterschiedlichen Zeiten.“ Immichs Lösung besteht aus dreiwandigen „Gassen“, einer Art drehbarer Säulen, die je nach Stück unterschiedlich bespannt werden und einen schnellen Wandel ermöglichen. „Wir werden außerdem sowohl die Hebe- als auch Drehbühnen einsetzen“, so Immich.
Die Tontechnik wiederum hat sich mit ganz anderen Themen auseinanderzusetzen: Sie beschäftigt beispielsweis die Tatsache, dass auf der Freilichtbühne für die Komödie „Glorious!“ kein echter Flügel eingesetzt werden kann, sondern ein E-Piano in einem Korpus, der wie ein echter Flügel aussieht. „Auch klanglich muss der Fake-Flügel wie ein echter wirken“, so Tontechnikerin Anna Harandt.
An die Röttinger Gegebenheiten angepasst werden musste auch die Musik. Für „Hello Dolly“ etwa hat der musikalische Leiter der Festspiele, Rudolf Hild, eine eigene Fassung geschrieben. „Wir haben hier weder Platz noch Geld für ein großes Orchester.“ Statt eines opulenten Broadway-Orchesters gibt es eine neunköpfige Band und einen Chor mit 16 Mitgliedern. „Die Musik ist von der Melodik her so gut, dass sie schon allein durch sich wirkt“, so Hild.
Dass hinter allen Stücken auch eine Botschaft steckt, die über reine Unterhaltung hinausgeht, verdeutlicht Intendant Wernecke. Beim von ihm inszenierten Broadway-Klassiker „Hello Dolly“ ist es der Aufruf, sein Leben aktiv mitzugestalten, ehe es an einem vorbeizieht. „Wagt den Aufbruch, nehmt Euer Leben in die Hand“ – das sei es, was die Geschichte der Heiratsvermittlerin Dolly den Zuschauern eigentlich erzählen wolle.
Bei der Komödie „Glorious! Die wahre Geschichte der Florence Foster Jenkins, der schlimmsten Sängerin der Welt“ stehe die Hauptfigur für den Aufruf, sich einer Liebe und Leidenschaft völlig hinzugeben. Etwas durchzuziehen, allen Hindernissen zum Trotz, das hätte die schillernde Florence Foster Jenkins allen vorgelebt, sagte Regisseur Dietmar Horcicka. Zwar hätte sie so schlecht gesungen, dass sich das Publikum bei ihren Konzerten Taschentücher in den Mund gestopft hätte, um nicht laut loszulachen – dennoch hätte es um ihre Auftritte einen wahren Hype gegeben. „Ich hoffe, die Burg hält gewisse Tonlagen aus“, lachte Horcicka – und betonte gleichzeitig, dass es bei dem Stück nicht darum ginge, sich über die Hauptfigur lustig zu machen.
Für die Operette und Verwechslungskomödie „Der Vetter aus Dingsda“ versprach Wernecke eine „Ohrwurm-Garantie“.
Den Auftakt zu den Festspielen macht traditionellerweise das Junge Theater: Am 12. und 13. Mai bringt das Darmstädter „Theater auf Tour“ das Stück „Michel aus Lönneberga“ nach den Geschichten von Astrid Lindgren auf die Bühne; am Wochenende darauf setzen 24 Kinder der Grundschule Röttingen Erich Kästners Klassiker „Emil und die Detektive“ in Szene. Dabei handelt es sich bereits um die vierte Musicalproduktion der Frankenfestspiele mit der Grundschule Röttingen. „Was als Spinnerei angefangen hat, ist jetzt nicht mehr wegzudenken“, so die Leiterin des Jungen Theaters, Frederike Faust. Die Proben zu „Emil und die Detektive“ laufen bereits auf Hochtouren; eine Kostprobe mit Gesang gab es in der Pressekonferenz.
Dass das vielseitige Angebot des Jungen Theaters sehr gut angenommen werde, zeigten die zahlreichen Kooperationsverträge mit Schulen, so Faust. Diese reichen von Literatur-Workshops bis zu Rundum-Paketen, bei denen die Schüler zu Probenbesuchen kommen und hautnah miterleben, wie ein Stück entsteht. Der Festspiel-Aperitif am 24. Mai, bei dem junge Chöre und Musikgruppen aus der Region ihr Können zeigen sowie ein fünftägiger Musicalworkshop in den Sommerferien runden das Angebot des Jungen Theaters in dieser Saison ab.
Auch die Sonderveranstaltungen sind mittlerweile fester Bestandteil der Frankenfestspiele. Dass Blasmusik mit den Festspielen durchaus kompatibel ist, zeigt das Konzert des Heeresmusikkorps Veitshöchheim am 4. Juni. In Sachen Kabarett ist am 16. Juli Django Asül mit seinem Programm „Letzte Patrone“ zu erleben; am 13. August folgt ein Konzert der Band Radio Doria um Sänger und Tatort-Kommissar Jan Josef Liefers.
Der Vorverkauf sei gut angelaufen, so Intendant Lars Wernecke: „Die Zutaten stimmen, jetzt müssen wir nur noch backen.“