Bis zu 2000 Anhänger und Schaulustige haben am Donnerstagabend Grünen-Chef Robert Habeck in Würzburg begeistert empfangen. Der 49-Jährige warb dafür, am Sonntag eine "halbe Stunde für die Demokratie" zu investieren, zur Wahl zu gehen und für eine Partei zu stimmen, mit der man "ökologische, soziale und europäische Kompetenz" verbinde. Ein starkes Europa sei die Voraussetzung, um Themen wie Klimaschutz, gerechte Unternehmenssteuern oder die Migrationspolitik anzugehen. Europäisches und deutsches Interesse sei kein Widerspruch, wie Nationalisten und Populisten glauben machen wollten.
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Die Zuhörer am Marktplatz sind längst nicht alle wegen Europa gekommen. Sie sei neugierig, den Grünen-Chef einmal live zu erleben, sagt eine Besucherin. "Vielleicht wird er ja mal Kanzler?", fügt sie mit Augenzwinkern hinzu. "Endlich eine charismatische Figur, die unsere schon immer gute Politik auch vermitteln kann", freut sich Grünen-Mitglied Andreas Feiler. Dass sich Habeck nach 20 Minuten Rede noch eine dreiviertel Stunde lang den Fragen von Zuhörern stellt, kommt gut an. Und wer sich traut, bekommt auch sein Selfie mit dem Star-Grünen.
Habeck will nicht über Personal spekulieren
Szenenwechsel. Der 49-Jährige ist am Nachmittag etwas früher als geplant in Würzburg angekommen. Zeit für ein Gespräch, über die politischen Ziele, die aktuellen Gefährdungen - und natürlich über Robert Habeck. "Wollen Sie eigentlich Bundeskanzler werden?" Diese Einstiegsfrage gefällt dem promovierten Philosoph und Schriftsteller gar nicht. Schließlich sei er gekommen, um über die Europawahl zu reden. Personal-Spekulationen sollten von dieser wichtigen Entscheidung nicht ablenken. Aber sieht das nicht spätestens am Montag schon anders aus?
Habeck winkt ab. Er wünsche sich von der Europawahl ein Zeichen, "dass die Mehrheit in Deutschland und Europa eine optimistisch-ökologische Politik will. Und die Regierungsparteien danach sagen, jetzt fangen wir endlich an, mit der Gestaltung der Zukunft". Ist diese Argumentation nicht arg defensiv, angesichts von Umfragen, die die Grünen stabil bei knapp 20 Prozent sehen? Man wolle nach der nächsten Wahl schon mitregieren, betont Habeck auf Nachfrage. Aber auch in der Opposition mache man es sich nicht bequem. "Wir haben den Anspruch, wie eine verantwortungsbewusste Partei zu agieren und machen konstruktive Vorschläge."
Ein Beispiel sei das grüne Modell einer CO2-Bepreisung. Dabei belastet der Staat den Ausstoß von Klimagasen mit einer Steuer auf fossile Brennstoffe. Geld, das dann wieder an die Bürger verteilt wird. Habeck: "Wer Energie spart, kann sogar Geld verdienen." Von dem Modell profitierten gerade Menschen mit geringeren Einkommen, "denn sie verursachen im Schnitt weniger CO2".
Seit 15 Monaten bilden Robert Habeck und Annalena Baerbock die Doppelspitze der Grünen. Alte Grabenkämpfe zwischen Fundis und Realos sind überwunden. Als Bundestagsabgeordnete mischt die 38-Jährige mit im politischen Alltagsgeschäft, während der frühere Umweltminister von Schleswig-Holstein für die große Linie und das Gefühl zuständig ist. Kein Berliner Politiker war im vergangenen Jahr so oft Gast in den politischen TV-Talkshows wie der Grünen-Chef.
Sein Facebook-Aus hat Habeck noch nicht bereut
Regelmäßig in Umfragen gehört Habeck zu den drei beliebtesten Politikern im Lande. Das ändert sich selbst dann nicht, als er zunächst den Bayern und dann den Thüringern in einem Video die Demokratie abspricht und dafür einen Shitstorm in den sozialen Netzwerken erntet. Seine Entscheidung, daraufhin seine Accounts bei Facebook und Twitter stillzulegen, hat Habeck eher Sympathie verschafft. "Den Ausstieg habe ich noch keinen Tag bereut", sagt er selbst, "man gewinnt Zeit, um Bücher und Aufsätze zu lesen".
Habeck überzeugt dank einer klaren, anschaulichen Sprache. Er steht für seine Überzeugungen, moralischer Rigorismus indes ist ihm fremd. "Grüne sind normale Menschen", antwortet er auf die Frage, ob Parteimitglieder angesichts der Umweltfolgen überhaupt noch in ein Flugzeug steigen dürfen. Er selbst versuche, Flüge zu vermeiden, sagt Habeck, schaffe dies aber nicht immer. "Mir geht es nicht darum, bessere Menschen zu machen, sondern bessere Politik zu machen."
Sehr geehrte Damen und Herren,
Habeck ist doch wie jeder andere Politiker!
Siehe Schulz von der SPD!
Große Rede aber keinen A..... in der Hose.
Sie glauben mir nicht, dann lesen Sie bitte noch einmal den letzten Absatz.
Mit besagtem A.... hätte Herr Habeck ganz klar zum Ausdruck bringen müssen das Fliegen zu verbieten.
=> Aber das würde ja Wählerstimmen kosten!
Oder warum weicht er der Kanzlerfrage aus?
Warum? in der Opposition lässt sich noch viel leichter Forderungen zu stellen, die nicht umzusetzen sind und mit dem Finger auf alle Anderen zu deuten?
Wie er selbst sagt, „Grüne sind normale Menschen“, wie die LINKEN, die AfD, die SPD und die CSU!
Wieso sollte es dann besser werden?
=> Habeck ist wie jeder andere Politiker!
Gruß
Sie haben fast Recht.
Manche AFDlern sind keine normale Menschen.
Kein Normalbürger würde ohne Hemmungen mit Nazis auf der Straße menschenfeindliche Parolen skandieren wie es einige AFDler tun.
Die Menschheit ist insgesamt lernfähig, aber dieses Nazis und die mitlaufenden AFDler sichtbar nicht.
Flankiert wird die grüne Eigenleistung noch vom FPÖ Skandal in Austria. Dort hat ja der Söderfreund und Kindergartenkanzler Basti Kurz mit den Dunkelbraunen koaliert. Ganz so, als ob er nicht wüsste wessen Geistes Kind die sind.
Erstaunlich auch wie ein junger Youtuber die platten Sprüche der Dobrindts, Scheuers, Söders und Seehofers mit geradezu wissenschaftlicher Präzision demaskiert.
FDP,AfD, CSU und FW tun schon sehr viel dafür, dass die Grünen am Sonntag bei den Wahlen für,Europaparlament und in einigen Ländern auch bei den Kommunalwahlen gut abschneiden.
Und das AfD Wähler wegen der "Ibiza Affäre" zu den Grünen abwandern halte ich für unwahrscheinlich. Aber sie haben ja ihre eigene Sicht der Dinge.
Wo sehen Sie denn bei uns DDR-Sozialismus, ich sehe eher einen radikalen Kapitalismus, den die ganze Gesellschaft besser schnell wieder in soziale Marktwirtschaft zurück verwandeln sollte, nur geht das nicht vom MP-Forum aus, da muss man halt mal auf die Straße gehen und sich mit Gleichgesinnten treffen. Aber bitte nicht Pegida!
Politiker von drüben? Wir werden unsere gute Kanzlerin, im Ausland stets viel hochgeachteter als im Inland, noch schmerzlich vermissen, da bin ich mir sicher. So wie ich jetzt schon den eloquenten Oppositionsführer Gregor Gysi mit seinen Reden im Bundestag sehr vermisse. So scharfzüngig, durchaus sehr deutsch in seiner Denkart und kultiviert spricht kein einziger Westpolitiker.
"Diese Generation weiß leider nichts mehr davon, wie schlecht es war:" Find ich auch gut so. Die haben nämlich kein Verlust-Trauma aus der Nachkriegszeit und pflegen nicht so ein Besitzstandsdenken!