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Würzburg
Warum für einige Würzburger Stadträte bald Schluss ist
Bekannte Würzburger Stadträte treten bei der Kommunalwahl im März nicht mehr an. Sie waren viele Jahrzehnte lang politisch aktiv. Was hat sich in dieser Zeit verändert?
Im Würzburger Ratssaal steht ein Generationswechsel an.  
Foto: Johannes Kiefer | Im Würzburger Ratssaal steht ein Generationswechsel an.  
Manuela Göbel
 |  aktualisiert: 07.04.2020 13:01 Uhr

Im Ratssaal steht ein Generationenwechsel an. Denn einige bekannte Stadträte treten bei der Wahl am 15. März nicht mehr an. Dass darunter der dienstälteste Stadtrat Würzburgs, Erich Felgenhauer, ist, ist schon länger bekannt: Im Sommer hat der 79-Jährige aus gesundheitlichen Gründen sein Mandat zurück gegeben. Aber noch weitere CSU-Urgesteine treten im März nicht mehr an: Mit Wolfgang Scheller und Helga Hoepffner verlassen 54 Jahre Erfahrung das Gremium.

Der 79 Jahre alte Scheller ist seit 24 Jahre im Stadtrat. "Insgesamt eine gute Zeit," sagt der Volkswirt. Er ist froh, dass er manches angestoßen hat, auch wenn einiges davon hätte schneller gehen können. Allerdings seien die Bürger heute auch ungeduldiger als früher. "Ich habe selbst erlebt, wie wenig die Menschen in der Nachkriegszeit hatten und wie viel zufriedener sie damit waren." Heute werde vor allem gefordert und kritisiert. "Es regt sich halt schnell auf." Das sei im Privaten so wie in der Politik. 

Stadtrat Wolfgang Scheller findet, dass heute mehr gemeckert wird als früher.
Foto: Angelika Cronauer | Stadtrat Wolfgang Scheller findet, dass heute mehr gemeckert wird als früher.

"Ich habe noch viel vor und sechs Enkel, die ich genießen werde", begründet Helga Hoepffner, warum sie sich auf das Leben nach dem Stadtrat freut. Als Vorsitzende des Rechnungsprüfungsausschusses hatte die Diplomkauffrau ein Auge auf die Finanzen der Stadt. Die Begegnungen mit Menschen bereiteten der "Zahlenfrau" aber auch Freude. Diese hätten sich nicht nur wegen Bausachen an sie gewandt, sondern auch mit "seelischen Nöten". "Vielleicht schüttet man sein Herz doch lieber bei einer Frau aus", mutmaßt die 77-Jährige nach fast 30 Jahren im Stadtrat. 

Hört nach 30 Jahren auf: Stadträtin Helga Höpfner
Foto: Theresa Müller | Hört nach 30 Jahren auf: Stadträtin Helga Höpfner

Daneben treten bei der CSU auch Willi Dürrnagel, den die Parteispitze nicht mehr aufstellen wollteThomas Schmitt, der zur FWG wechselte, und Anke Stumpf nicht mehr an. "Ich würde gerne weitermachen aber ich kann es einfach nicht mehr mit meinem Beruf vereinbaren", sagt die 43 Jahre alte selbständige Rechtsanwältin auf Anfrage der Redaktion. Nur eine Legislaturperiode war sie im Stadtrat.  

CSU-Stadträte Anke Stumpf hat Probleme, das Ehrenamt Stadtrat mit ihrem Beruf zu vereinbaren.
Foto: Angelika Cronauer | CSU-Stadträte Anke Stumpf hat Probleme, das Ehrenamt Stadtrat mit ihrem Beruf zu vereinbaren.

Mit sechs von 17 Mitgliedern ist bei der CSU-Fraktion der Schwund besonders groß, aber auch in anderen Fraktionen hören bekannte Köpfe auf. So Benita Stolz bei den Grünen. "Ich werde mich auch weiterhin in der Erinnerungsarbeit engagieren", sagt die 73-Jährige. Sie war Mitinitiatorin der „Aktion Stolpersteine“ und baute auch die organische Müllabfuhr mit auf. Dankbar ist Stolz für  Einblicke und Beziehungen, die sie in 30 Jahren Stradtratsarbeit gewonnen hat. "Das werde ich vermissen, aber ich freue auch auf mehr Zeit."

Benita Stolz bei einer Veranstaltung der 'Aktion Stolpersteine' in Würzburg. 
Foto: Thomas Obermeier | Benita Stolz bei einer Veranstaltung der "Aktion Stolpersteine" in Würzburg. 

55 Jahre lang war Hans-Werner Loew für die SPD politisch aktiv. Von 1974 bis 1998 als Abgeordneter der SPD im Bayerischen Landtag. Ab 1990 arbeitete er im Stadtrat mit, bis 2012 war er Fraktionsvorsitzender seiner Partei. "Ich bin zufrieden, dass ich mich so lange engagieren durfte", sagt der 78-Jährige. Auf die Frage, was sich im halben Jahrhundert Politik machen am meisten verändert hat, sagt Loew: "Es ist alles viel komplizierter geworden." Deshalb zögen sich Findungsprozesse zu Sachentscheidungen teilweise "quälend lange" hin und deren Vermittlung werde schwieriger.       

"Das Ansehen von Politikern hat spürbar abgenommen."
SPD-Stadtrat Hans-Werner Loew
Hans-Werner Loew hat im März 55 Jahre lang aktiv Politik gemacht. 
Foto: Kathrin Speck | Hans-Werner Loew hat im März 55 Jahre lang aktiv Politik gemacht. 

"Das Verständnis der Bürger für Kompromisse hat stark abgenommen", nennt Loew eine weitere Veränderung in der Gesellschaft. Das "verbreitete Schwarz-Weiß-Denken" sei ein Grund für die abnehmende Zufriedenheit mit der Politik und mit Politikern. "Das Ansehen von Politikern, auch von denen die sich ehrenamtlich in der Kommunalpolitik engagieren, hat spürbar abgenommen", so Loew.    

Heinrich Jüstel mit Fraktionskollegen Eckhard Beck bei einem Empfang der SPD.
Foto: Angelika Cronauer | Heinrich Jüstel mit Fraktionskollegen Eckhard Beck bei einem Empfang der SPD.

Auch der 68 Jahre alte Heinrich Jüstel hat sich lange in der Politik engagiert: Als Student bei der Kommunistischen Partei Deutschlands, seit 1983 bei der SPD. Dort war er Ortsvorsitzender Lengfelds und ab 2002 im Stadtrat. "Spaß gemacht hat es mir schon", sagt Jüstel. Aber es gebe ja auch noch andere Hobbys."Ab einem gewissen Alter sollte man Jüngeren das Feld überlassen. Jetzt sollen die jungen Leute ran", sagt der selbstständige Rechtsanwalt.   

"Alles hat seine Zeit," sagt Karl Graf zu seinem Rückzug aus der Kommunalpolitik. Der 74-Jährige FDP-Stadtrat beschreibt sich selbst auf seiner Internetseite als "unabhängig, kritisch, ideologiefrei". Als selbstständiger Kaufmann führte er bis 2014 das Würzburger Geschäft "Wäsche Graf". Graf trat 2001 in die FDP ein, war von 2002 bis 2008 Kreisvorsitzender und danach in den Stadtrat gewählt. "Zu Dreiviertel war das eine gute Zeit. Aber nochmal sechs Jahre müssen nicht sein."   

FDP-Stadtrat Karl Graf zu seiner Zeit im Stadtrat: 'Es hat Spaß gemacht.'
Foto: Angelika Cronauer | FDP-Stadtrat Karl Graf zu seiner Zeit im Stadtrat: "Es hat Spaß gemacht."
 
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Kommentare
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  • H. S.
    Wieder ein paar Originale weniger, Leute, die auch einen A... in der Hose hatten und ihre Meinung sagten. Sonst kennen wir doch nur noch weichgespülte, die den Minderheiten folgen.
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  • A. H.
    Respekt vor denen, die selbst erkennen, wann die Zeit zum loslassen und gehen gekommen ist - und noch was anderes haben, mit dem sie sich sinnvoll beschäftigen können. Das gegenteilige Beispiel -manche "auf dem Markt" sagen auch Schauspiel - wurde uns ja erst kürzlich geboten.
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  • A. H.
    apropos "sinnvoll": das war hier in erster Linie für die Nach-Sadtrats-Ära gemeint.....
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