Man möchte Schmunzeln, wenn es nicht so ernst wäre. Während in Europa die Schranken fallen und immer mehr Gesetze vereinheitlich werden, scheint die Grenze zwischen Bundesländern wie Bayern in Baden-Württemberg in manchen Fällen noch immer kaum überwindbar - etwa bei der Führerscheinprüfung. Das zeigt der Fall des 17-jährige Luca aus Tauberrettersheim im äußersten Süden des Landkreises Würzburg, der im nahegelegen Weikersheim seinen Führerschein machen wollte.
Luca erlernt in Riedenheim den Beruf des Konditors. Vor einigen Monaten, damals noch Gymnasiast in Weikersheim, hatte er in der dortigen Fahrschule von Stefan Thürauf seinen Schlepperführerschein gemacht. Was lag also näher, als sich dort auch für seinen Autoführerschein anzumelden.
Fahrlehrer wissen von dem Problem
Doch schon bei der Anmeldung im September 2021 musste ihn Fahrlehrer Thürauf auf eine gesetzliche Hürde hinweisen. Weil sein Wohnort, sein Arbeitsplatz und auch seine Berufsschule in Bayern liegen, muss er dort auch seine Fahrprüfung machen. So will es Paragraph 17 Absatz 3 der Fahrerlaubnis-Verordnung. Es seien zwar Ausnahmen möglich, dazu müssten sich Lucas Eltern aber selbst ans Würzburger Landratsamt wenden.
Beim Landratsamt Würzburg, Außenstelle Ochsenfurt, gab es auf telefonische Anfrage der Mutter als umgehende Antwort: "Das geht nicht. Wo man zur Berufsschule geht, dort muss auch die Prüfung absolviert werden", so die Auskunft der Behörde. Zusätzlich kam der spontane Tipp, Luca solle halt in einer bayerischen Fahrschule, etwa in Aub, seinen Führerschein machen.
Auf den freundlichen Hinweis, dass Aub im Gegensatz zum fünf Kilometer entfernten Weikersheim 18 Kilometer von Tauberrettersheim entfernt ist, gab es den ergänzenden Vorschlag, sich ein Moped zu kaufen, berichtet die Mutter. Nach bestandener Führerscheinprüfung könne man das Moped ja wieder verkaufen. Allerdings besitzt Luca gar keinen Moped-Führerschein.
Lucas Mutter wollte das nicht wahrhaben und wandte sich schriftlich an den Würzburger Landrat Thomas Eberth. Schließlich ist sie es, die Luca in der Regel an fünf Tagen in der Woche früh um halb vier nach Riedenheim fährt. Mit dem Führerschein dürfte er diese Strecke mit Ausnahmeerlaubnis auch mit 17 schon alleine zurücklegen. Unterstützung fand Luca in der Tauberrettersheimer Bürgermeisterin Karin Fries, die um die enge Vernetzung zwischen den Kommunen im Taubertal weiß, sei es nun bei den Schulen, bei den Arbeitsplätzen oder auch beim Einkauf.
"Prüfungstourismus" vermeiden
Im Antwortschreiben erklärt der Landrat, dass es zwar eine freie Wahl der Fahrschule gibt, der Prüfungsort aber dem Wohnort, dem Arbeitsplatz oder dem Schulort zugeordnet sein muss - also in diesem Fall Ochsenfurt. Auf diese Weise wolle man "Prüfungstourismus" vermeiden der entstünde, wenn sich jeder Fahrschüler den aus seiner Sicht einfacheren Prüfort frei aussuchen könnten. Eine Ausnahme könne nur erfolgen, wenn der gewünschte Ort mindestens den gleichen Schwierigkeitsgrad wie der eigentlich zuständige aufweist.
Fahrlehrer Stefan Thürauf hält diese Regelung im vorliegenden Fall für Unsinn. Deshalb weist er jeden neuen Fahrschüler aus Bayern auf die Schwierigkeiten hin. Nur wenn der im Main-Tauber-Kreis arbeitet oder zu Schule gehen, könne er ihn problemlos aufnehmen. Andernfalls ist eine Ausnahmegenehmigung des Landratsamts in Würzburg nötig - und die werde nur in sehr seltenen Fällen erteilt. Die gleichen Probleme kenne er auch von Kollegen aus Wertheim, wo es nur einen Katzensprung ins bayerische Kreuzwertheim ist.
"In meinen Augen sollte man das Interesse des Fahrschülers in den Mittelpunkt stellen", sagt Thürauf. Und davon, dass die Führerscheinprüfung in Weikersheim einfacher wäre als in Ochsenfurt könne nun wirklich nicht die Rede.
Er hätte zwar die Möglichkeit seine bayerischen Fahrschüler in Ochsenfurt prüfen zu lassen. "Aber das bedeutet jedes Mal ein Anfahrt von einer halben, dreiviertel Stunde und wäre völlig unwirtschaftlich", so Thürauf - und widersinnig noch dazu. "Die Leute aus Tauberrettersheim gehen nach Weikersheim und Bad Mergentheim zum Einkaufen oder zum Ausgehen, wieso sollen sich dann nicht ihren Führerschein dort machen?"
Das sieht Thüraufs Weikersheimer Fahrlehrerkollege Horst Brabletz genauso. "Da wiehert der Amtsschimmel", sagt Brabletz. Auch er nimmt deshalb inzwischen nur noch selten Fahrschüler aus dem Landkreis Würzburg an. Zumal er den Eindruck habe, als "ausländischer" Fahrlehrer in Nachteil zu geraten. "Ich habe schon das Gefühl, dass meine Prüflinge in Bayern mehr Leistung zeigen müssen", so Brabletz. Beweisen lasse sich das freilich nicht.
Für Luca hat die Sache ein gutes Ende genommen. Die Ochsenfurter Außenstelle des Landratsamt teilte ihm mit, dass eine Ausnahmegenehmigung erteilt wird. Somit kann sich Luca nach der theoretischen Prüfung nun voll und ganz auf die Fahrprüfung in Bad Mergentheim konzentrieren. In Tauberrettersheim steht aber bereits der nächste Fall bevor und Bürgermeisterin Karin Fries hofft, dass er diesmal schneller und unbürokratisch gelöst werden kann.
https://www.gut-lernen.de/antragsprobleme.html
Bedeutet dies, dass die Ferienfahrschulen, die früher ja häufig in Oster- oder Pfingstferien zum Führerschein verhalfen nicht mehr so genutzt werden können?
Tausende Gymnasiasten täglich nach BaWü und Hessen und das dortige Abitur stellt bei der Anmeldung zum Studium kein Hindernis dar.
Aber beim Führerschein gibt's verwaltungsrechtliche Hindernisse?
Einfach nur verrückt!
wir verwalten uns zu Tode...
Fast genauso lange wie Sie unterwegs, bisher nur ein paar Kratzer...
Aber wenn Sie schreiben, die LKW-Fahrer gehören überprüft,... die sind das schwächste Glied in der Kette, die Sanktionen sollten deren Unternehmen treffen, und nicht den armen Fahrer, der dummerweise erwischt wurde.
Hatte mit 18 den Führerschein gemacht mit:
Wohnort Landkreis Würzburg
Schule in Würzburg, keine Ausbildung
Fahrschule Landkreis Würzburg
Theoretische Prüfung in Bad Mergentheim
Praktische Prüfung in Bad Mergentheim
Führerschein ausgestellt im Landkreis Würzburg
Und ich war vor 30 Jahren nicht der einzige mit dieser Konstellation.
Haben sich die Gesetze seitdem geändert?
Der Redakteur sollte das doch Wissen!
hatten Sie einfach Glück, dass der Verwaltungsbeamte und auch der TÜV Prüfer nicht so mit den Gesetzen vertraut waren.
Von daher zweifle ich trotzdem am Sinn der Regelung. Zumal ich ja zu meiner Zeit nach der Prüfung auf nem einfachen VW Golf beim Umzug meiner Schwester in einer mir unbekannter Umgebung auch 7,5 Tonner (theoretisch sogar mit einachsigem 10 t Anhänger) fahren durfte...
Mittelmäßig begabte Politiker mit großen Illusionen werden sich zuerst an der Verwaltungsbürokratie und anschließend an deutschen Gerichten die Zähne ausbeißen.
Die lähmende Bürokratie wird jegliches Engagement im Keim ersticken und die beabsichtigte Jahrhundertreform wird krachend scheitern.
Die Führerscheinprüfung muss doch überall ein vergleichbares Niveau haben. Denn wie schon geschrieben, man darf dann in allen Bundesländern fahren. Und sogar in ganz Europa und dem Rest der Welt!
Man kann übrigens auch als Deutscher in unseren Nachbarländern der EU einen EU-Führerschein machen. Der dann EU-weit gültig ist!
Und im Nachbarlandkreis geht das nicht?
Weg mit dieser unsinnigen Vorschrift!!
Tausende schaffen das auch!
2. dazu kann keiner der Beamten etwas! Daran ist das föderale System schuld und daher ist die Sinnhaftigkeit schon in Frage zu stellen.
Da hilft es nix, die Beamten, die nur ihren Job machen zu beschimpfen!
3. offensichtlich hat es aber doch geholfen, sich an den Landrat zu wenden, da es eine Ausnahmegenehmigung gegeben hat!
Und offensichtlich ist es richtig und gut, sich an Politiker wenden zu können! Auch wenn es nicht nur um nen Ponystall geht! 😉
“Verhinderung von Prüfungstourismus wegen einfacheren Prüforten“
muss doch eher dafür gesorgt werden dass die Prüfungsanforderungen überall gleich sind.
Hat doch beim Abitur auch geklappt.
Nur wird China leider nicht von fähigen Ingenieuren regiert, sondern von machtbesessen „ kommunistischen“ (in Wahrheit erzkapitalistischen) Autokraten regiert, die auch den fähigsten Ingenieur ins Gefängnis werfen, sollte er es wagen, eine Meinung zu haben und auch zu äußern, die nicht zu 100% mit ihrer Ideologie übereinstimmt!
Was Deutschland angeht, haben Sie leider oft recht!
Denn möglich ist es ja.
Zur Vermeidung von Prüfungstourismus wäre eine maximale entfernung vom Wohnort zur Fahrschule wohl Praxisnäher. Wenn es so etwas überhaupt braucht.