Braune Ziegelsteine zieren die Wände. Ein würziger Duft von Aftershave liegt in der Luft. Dunkle Ledersessel und Möbel stehen auf dem ebenso dunklen Holzboden. Wo sonst Lifestyle-Magazine liegen, finden sich Zigarren, eine Whiskeyflasche und Playstation-Controller. "Das gefällt unseren Kunden ganz besonders", sagt Ernest Burd. Der gelernte Kaufmann ist Inhaber von Burd´s Barber Shop, einem Friseursalon, der kein richtiger Friseursalon ist. Denn
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Burd´s Barber Shop ist einer von sechs Barbern in Würzburg. Gerade im letzten Jahr sind sie wie Pilze aus dem Boden geschossen. Doch woher kommt bei Männern der plötzliche Trend zum Schönheitsideal? "Ein gepflegtes Äußeres ist nicht nur für Frauen essenziell, auch Männer entwickeln einen immer höheren Schönheitsanspruch. Männer sind insgesamt modebewusster geworden und das schließt auch die Pflege des Barts mit ein", sagt Louisa Braune vom Zentralverband des deutschen Friseurhandwerks. "Männer achten einfach mehr auf sich", weiß auch Ernest Burd. Seit Februar 2018 betreibt er gemeinsam mit seiner Frau den Laden in der Würzburger Textorstraße.
Ein Barbier ist nicht mehr und nicht weniger als ein spezialisierter Herrenfriseur, auch eine gesonderte Ausbildung gibt es in Deutschland nicht. Er steht seinen Kunden beratend zur Seite, wenn es männliche (Bart-)Haare zu bändigen gibt - und wenn nötig, hilft er auch mit dem ein oder anderen Glas Whiskey aus. Primär geht es um Stil, Pflege und eine schicke Frisur.
Mit einem speziellen Pinsel trägt Mitarbeiter Rami den Rasierschaum auf den Bart seines Kunden auf. Haargenau gleitet er anschließend mit dem scharfen Rasiermesser über das Gesicht. Nassrasur gilt in Barbershops als Königsdisziplin. "Ich komme dafür immer extra aus Marktbreit her gefahren, bei uns gibt es nämlich nicht so ein Angebot", sagt Djam Pajuhesh. Heute steht bei ihm wieder das Komplettpaket auf dem Programm: Rasur, Haarschnitt, Augenbrauen- und Ohrhaarentfernung. Alle zwei Wochen kommt er dafür nach Würzburg.
Denn der gepflegte Mann von heute lässt sich nicht nur den Bart stutzen und die Haare schneiden, auch die Gesichts-, Nasen- und Ohrhaare sowie die Haut dürfen nicht vernachlässigt werden. Die Ohrhaare werden in Burd's Barbershop mit einem haushaltsüblichen Feuerzeug weg gebrannt. Hierfür gleitet der Barbier mit der Flamme in schnellen kurzen Bewegungen über die Haut. Für die Nasenhaare werden Stäbchen mit Watte in ein spezielles Wachs getaucht und in die Nasenlöcher gesteckt. Die Augenbrauen werden mittels Fadentechnik entfernt. Klingt schmerzhaft, aber "es geht", sagt Pajuhesh, "das Feuer merkt man kaum, die Fäden an den Augenbrauen tun aber schon etwas weh". Er grinst. Die Haut um seinen Augen ist rot.
Der erste Barbershop der Stadt ist in der Zellerau
Als einen klassischen Barber Shop würde sich Omar's Beautysalon in der Zellerau nicht bezeichnen. Wie der Name schon verrät, konzentriert sich Inhaber Mohammed Kamalsaleh nicht nur auf den Bartwuchs männlicher Kunden, sondern auch auf die Wünsche von Frauen. Omar, so lautet sein Spitzname, erklärt sich den Trend zum Barbier zu gehen ganz einfach: "Barttragen ist momentan einfach angesagt." Der gelernte Friseur kommt aus dem Nordirak, hat dort das Friseurhandwerk gelernt. 2015 hat er seinen Salon in Würzburg eröffnet und war somit der erste Barbershop der Stadt. "Ich habe eine Prüfung abgelegt, sodass ich mit einer Ausnahmegenehmigung ohne Meistertitel einen Salon betreiben darf." Und das erfolgreich: Kommt man an seinem Salon in der Frankfurter Straße vorbei, stehen die Menschen oft bis auf die Straße. Ein männlicher Kunde hält sich im Schnitt 30 bis 45 Minuten in Omar's Beautysalon auf, in dieser Zeit erhält er ein Komplettpaket: Haarschnitt, Bartrasur und Augenbrauen zupfen.
Angst, bei der immer größer werdenden Konkurrenz unter zu gehen, hat der Inhaber nicht. "In der Zellerau sind wir der einzige Laden, deshalb mache ich mir keine Sorgen. Wie es in der Innenstadt aussieht, weiß ich nicht." Doch auch Ernest Burd sieht keine Probleme: "Jeder hat seine Stammkunden, aber man muss natürlich schauen, dass man sich von anderen Läden abhebt", erzählt er.
Ein Bart braucht eine professionelle Behandlung
Männer lassen sich die Augenbrauen zupfen, achten penibel auf die Länge ihres Bartes und ölen diesen wie selbstverständlich jeden Morgen vor dem Spiegel ein. Klingt nach weiblichen Einflüssen. Mit Metrosexualität hat das jedoch wenig zu tun. Im Gegenteil: Bärte gelten als Definition einer rustikalen Maskulinität und "Bärte sind einfach in!", sagt Ernest Burd.
Derselben Meinung ist auch Haidham Algebbab. Seit Oktober 2018 ist er der kaufmännische Leiter von "Orient Barber" in Grombühl. "Zur Zeit kümmern sich immer mehr Männer um ihr Äußeres und vor allem auch um den Bart", erzählt der Syrer. "Und für den Bart braucht man einfach eine professionelle Behandlung. Ein normaler Friseur könne das nicht." Das wisse er aus eigener Erfahrung, eine Friseurin habe mal seinen Bart mit einer handelsüblichen Haarschneidemaschine gestutzt, anstatt ein Rasiermesser zu nutzen, wie es ein guter Barbier machen würde. "Das geht gar nicht."
Doch ein Barbier ist mehr als nur ein Friseur, der anderen Männern die Bärte stutzt. Er ist auch ein Seelentröster, ein Psychologe, der sich die Probleme seiner Kunden anhört. Es wird über Sport geredet, die letzten Partys und natürlich Frauen. Je nach Kunde sei das jedoch unterschiedlich, erzählt Burd. "Manche wollen auch gar nicht reden oder schauen nur aufs Handy, da weiß der Barbier dann natürlich schnell was Sache ist." Und für andere gibt es ja auch noch das Glas Whiskey, das manch einem die ein oder andere Notlage vergessen lässt.