Nach der Anerkennung kommt für viele Flüchtlinge die nächste, meistens noch höhere Hürde: einen Arbeitsplatz finden. Der 23-jährige Ahmed Hesso hatte Glück: Der im hessischen Sterbfritz lebende Syrer fand im Salon Schäfer in Obersinn eine Stelle. Und umgekehrt ist der Friseur und Barbier für Chefin Gabi Schäfer ein Glücksfall.
Gabi Schäfer führt seit 34 Jahren den Damen- und Herrensalon in Obersinn. Auf der Suche nach den neuesten Techniken und Schnitten besuchte sie eine Fachmesse in Nürnberg und stieß auf einen neuen Trend: das Barbierhandwerk.
„Ahmed ist ein Glücksfall, und die Kunden sind begeistert.“Gabi Schäfer, Saloninhaberin
Mann begnügt sich nicht mehr mit „einmal kurz“, sondern der Barber-Boom aus Amerika hat auch Deutschland erreicht, erzählt die Friseurmeisterin. Die Herren der Schöpfung lassen sich immer mehr mit Undercut, Sidecut, Scheitel und individueller Bartpflege typgerecht in Szene setzen, erklärt Schäfer. Und: Die Nassrasur mit scharfer Klinge nimmt wie früher der Barbier vor.
Friseursalon um Barbershop erweitern
Folgerichtig wollte Gabi Schäfer ihren Salon um einen Barbershop erweitern. Den Ausbau des ersten Stockes in der Sinngasse 5, direkt an der Sinn gelegen, und die Zusatzschulungen für die Belegschaft hatte die Friseurmeisterin schon geplant. Doch dann kam es anders. Sie lernte in der ehemaligen Gaststätte „Stern“, die im nicht weit entfernten Jossa als Unterkunft für Flüchtlinge dient, Ahmed Hesso kennen.
Die deutsche Friseurin kam mit dem syrischen Friseur ins Gespräch und lud ihn zur Probearbeit ein. Dabei sah die Meisterin gleich, dass der 23-Jährige das Rasiermesser meisterlich führt. Der Syrer beherrscht außergewöhnliche Arbeitstechniken wie Messerrasur, Augenbrauen mit Faden zupfen und mehr, erklärt Schäfer. Spontan bot sie ihm deshalb ein Praktikum in ihrem Salon an.
Weil Ahmed Hesso zunächst nicht deutsch sprach, mussten sie sich mit etwas Englisch sowie „Händen und Füßen“ verständigen. Alles kein Problem, sagt die Obersinnerin: „Ahmed ist ein Glücksfall, und die Kunden sind begeistert.“ Seit 1. Januar ist Ahmed fest bei ihr angestellt. In der Zwischenzeit hat der Barbier Deutschkurse absolviert, die der Willkommenskreis Sinntal in Sterbfritz anbot.
Nach Hochdeutsch lernt er nun Fränkischen
Mit einem Lächeln räumte er aber ein, dass sich das auf Hochdeutsch Gelernte im Fränkischen anders anhört. In der Praxis hat er seinen Wortschatz um „Moin“ und „Bast scho“ erweitert. Die Arbeit im sechsköpfigen Salon-Team macht ihm großen Spaß.
Ahmed Hesso arbeitete fünf Jahre lang in Hamra-Bayrut (Libanon) tagsüber als Friseur und nachts als Barkeeper. In einem Boot mit 60 weiteren Flüchtlingen, das er selbst fahren musste, setzte er von der Türkei nach Griechenland über. Aus Angst vor der Grenzschließung ging er Tag und Nacht zu Fuß auf der Balkanroute weiter nach Mazedonien – mit dem Ziel Deutschland.
Im Sinntal wurde er sehr freundlich aufgenommen, sagt Ahmed, nur die erste Unterkunft in Jossa war „nicht schön“. Der Umzug nach Altengronau brachte Verbesserung. Eine von der Arbeit des Friseurs begeisterte Kundin vermietete Ahmed Hesso dann im August eine Wohnung in Sinntal-Sterbfritz. Der Weg zum Arbeitsplatz mit der Bahn ist zurzeit noch etwas umständlich. Aber das wird sich bald ändern, denn der 23-Jährige hat die Führerscheinprüfung abgelegt und sich ein Auto gekauft.
Einziger Mann unter lauter Frauen
Im Babershop des Obersinner Friseursalons Schäfer, zu dem ein Kosmetikstudio gehört, ist Ahmed Hesso der Hahn im Korb. Außer der Firmeninhaberin Gabi Schäfer gehört auch Tochter Sophia Schäfer zum Team. Die Friseurmeisterin hat mehrere Meisterschaftstitel errungen und arbeitete zwei Jahre lang bei Star-Coiffeur Udo Walz in Berlin, in dessen Salon sich regelmäßig Bundeskanzlerin Angela Merkel stylen lässt.
Sophia Schäfer hat Merkel allerdings nicht bedient, da das aus Sicherheitsgründen zwei Kollegen vorbehalten sei – unter der Beobachtung von sechs Security-Männern. Bei der Echo-Verleihung und der Fashion Week frisierte sie jedoch Stars und Sternchen. Das machte zwar Spaß und sie möchte auch künftig gerne an solchen Promi-Events teilnehmen, aber ihr Herz schlägt für die Heimat und den Familiensalon Schäfer, sagt Sophia. Und dort kann sie ihre Großstadterfahrungen schließlich auch einbringen.
Schade,dass sich unsere "kritischen" Journalisten damit überhaupt nicht auseinandersetzen