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Würzburg
"Wandernde Beweise" im Fall der ermordeten Peggy
Auch 18 Jahre nach dem Tod des Mädchens ist kein Täter gefunden. Dafür muss jetzt die Würzburger Staatsanwaltschaft gegen Bayreuther Kollegen ermitteln.
Ein Gedenkstein mit dem Porträt des Mädchens Peggy auf dem Friedhof in Nordhalben (Bayern). Das neunjährige Mädchen Peggy aus Lichtenberg (Oberfranken) war 2001 verschwunden.
Foto: David-Wolfgang Ebener, dpa | Ein Gedenkstein mit dem Porträt des Mädchens Peggy auf dem Friedhof in Nordhalben (Bayern). Das neunjährige Mädchen Peggy aus Lichtenberg (Oberfranken) war 2001 verschwunden.
Manfred Schweidler
 |  aktualisiert: 15.07.2024 09:00 Uhr

Die Staatsanwaltschaft Würzburg hat den „Schwarzen Peter“ in einer der pannenreichsten Mordermittlungen in Bayern - der seit 18 Jahren dauernden Suche nach dem Mörder der neunjährigen Peggy: Die Unterfranken sollen prüfen, ob 200 Kilometer entfernt oberfränkische Kollegen belastende Indizien aus ihren Akten in Wort und Bild an Medienvertreter durchgereicht haben – möglicherweise, um den Druck auf zwei Verdächtige zu erhöhen.

Zitate aus heimlicher Tonband-Aufnahme

Zum einen geht es um die Tonbandaufnahme eines Gespräches zwischen dem zeitweise mordverdächtigen, dann aber 2014 freigesprochenen Ulvi K. und seinem Vater, das die Polizei heimlich mitgehört hatte. Das Gespräch war 2004 nicht direkt Teil des Prozesses gegen Ulvi K., spielte dort aber eine Rolle bei der Überprüfung seiner Glaubwürdigkeit.

15 Jahre später sorgte die neue Soko der Bayreúther Kripo für Aufregung, weil Ermittler dieses Tonband vor kurzem in Lichtenberg mehreren Einwohnern vorgespielt haben. In der fast einstündigen Aufnahme bezichtigte Ulvi K. sich selbst und den heute 41 Jahre alten Manuel S. des Mordes an der Neunjährigen – eine von mehreren Versionen, die der Behinderte im Lauf der Zeit erzählte. Textpassagen des unter vier Augen geführten Gesprächs landeten später in „Bild“ und „Frankenpost“.

Belastendes Foto landete bei den Medien

Dagegen protestierte Ulvis Anwältin bereits vor rund vier Wochen.Nach Informationen dieser Redaktion ging bei dem für Nordbayern zuständigen Generalstaatsanwalt Thomas Janowsky inzwischen eine weitere Anzeige gegen Unbekannt zum gleichen Thema ein. Der beauftragte mit der Prüfung ebenfalls die Staatsanwaltschaft Würzburg.

Offenbar hatte auch ein Foto den Weg in "Bild"gefunden, das zu den internen Unterlagen der Soko gehört und das Alibi des verdächtigen Manuel S. erschüttert. Er hatte im vergangenen Herbst überraschend zugegeben, die Leiche des Mädchens 2001 beseitigt zu haben. Später widerrief er dieses angeblich unter Druck entstandene Geständnis wieder. Er wurde wieder auf freien Fuß gesetzt.

Bild erschüttert Alibi des Verdächtigen

Bilder einer Überwachungskamera zeigen ihn am Tag von Peggys Verschwinden, dem 7. Mai 2001, um 15.17 Uhr in der Lichtenberger Sparkasse. Das belegt, dass S. am Tattag – entgegen seiner ursprünglichen Aussage - in der Nähe des Tatorts mit dem Auto unterwegs war. Das ist neben Pollenresten und Farbspuren an den Knochen des Kindes am Fundort der Leiche eines der Indizien, die den Bekannten des einstigen Hauptverdächtigen Ulvi K. heute schwer belasten.

Oberstaatsanwalt Boris Raufeisen bestätigt in Würzburg, dass auch in dem Fall eine Anzeige gegen Unbekannt von der Generalstaatsanwaltschaft Bamberg an die unterfränkische Ermittlungsbehörde zur Prüfung übergeben wurde. 

Anwalt befürchtet Vorverurteilung

Anwalt Jörg Meringer sieht in dem Bild und der Schlagzeile „Überführt dieses Foto den Hauptverdächtigen?“ eine Vorverurteilung durch "Bild". Seine Anzeige wende sich gegen Unbekannt, „weil mir nicht bekannt ist, welche Personen Zugang zu den Asservaten haben“.

In Ermittlerkreisen wird zwar gespottet: „Da sind wohl Beweismittel auf Wanderschaft gegangen.“ Die Ermittler weisen den Verdacht zurück. Die Bilder können auch auf andere Weise ihren Weg zu den Medien gefunden haben. Der Journalist schweigt auf Anfrage, woher er die Bilder hat – was sein Recht ist.

Ähnlich ist es mit der Tonbandaufnahme. Denkbar ist, dass einer der Lichtenberger Bürger das Aufnahmegerät auf seinem Handy mitlaufen ließ, als die Polizei es ihm vorspielte.

Attacke von der Betreuerin von Ulvi K.

Gudrun Rödel, die Betreuerin des freigelassenen Ulvi K.,  wehrt sich vehement gegen Versuche, Ulvi K. erneut unter Verdacht zu bringen. Rechtsanwältin Hanna Henning hat im Auftrag von Rödel  Strafanzeigen und Dienstaufsichtsbeschwerden erstattet - nicht nur gegen die Ermittler der "Soko Peggy" . Einen Gutachter, der dazu beitrug, dass Ulvi K. 2004 zunächst zu lebenslanger Haft verurteilt wurde, hat sie auf 350.000 Euro Schadensersatz verklagt.

Allerdings erweckt sie selbst den Eindruck, im Besitz der Tonbandaufnahme zu sein. Zumindest legen das ihre Äußerungen auf ihrer eigenen Facebook-Seite nahe.

 
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