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Würzburg
Vorsicht bei Schnelltests: Warum nicht alle gut sind und auf was Sie achten müssen
Wie zuverlässig sind Antigen-Schnelltests und taugen sie noch bei Omikron? Dr. Manuel Krone von der Uniklinik Würzburg erklärt, welchen Tests man am meisten vertrauen kann.
Auf Antigen-Schnelltests verlassen sich viele beim Sport, bei Veranstaltungen oder bei Besuchen in Krankenhäusern. Manche Produkte erkennen Infektionen allerdings nicht ausreichend.
Foto: Daniel Vogl | Auf Antigen-Schnelltests verlassen sich viele beim Sport, bei Veranstaltungen oder bei Besuchen in Krankenhäusern. Manche Produkte erkennen Infektionen allerdings nicht ausreichend.
Tabea Goppelt
 |  aktualisiert: 15.07.2024 10:00 Uhr

Verwandte im Altersheim besuchen, mit Freunden im Fitnessstudio trainieren oder einen Familienausflug ins Kino planen: Im Alltag brauchen wir häufig Antigen-Schnelltests und verlassen uns auf die Ergebnisse. Doch manche Schnelltests auf dem Markt erkennen Infektionen nur schlecht. Wie zuverlässig Tests sind, darüber forscht Infektionsepidemiologe Dr. Manuel Krone, stellvertretender Leiter der Stabsstelle Krankenhaushygiene an der Uniklinik Würzburg. Im Interview erklärt der Mediziner, ob Tests im Mund, Nase oder Rachen besser sind und wie sich die neue Variante Omikron auf die Aussagekraft auswirkt.

Gesundheitsminister Karl Lauterbach hat eine Positivliste für Schnelltests angekündigt, die auch bei der Omikron-Variante anschlagen. Wie wirkt sich Omikron denn auf die Sicherheit der Schnelltests aus?

Dr. Manuel Krone: Zum aktuellen Zeitpunkt lässt sich da noch keine ganz klare Aussage treffen. Klar ist erst einmal: Schnelltests funktionieren grundsätzlich auch bei der Omikron-Variante. Ob sie vielleicht etwas schlechter funktionieren, das ist Gegenstand aktueller Studien. Ich glaube nicht, dass ein Produkt bei Omikron schlechter als ein anderes Produkt funktioniert, wenn sie bei vorherigen Virusvarianten gleich gut funktioniert haben. Aber grundsätzlich gibt es ja relevante Qualitätsunterschiede zwischen einzelnen Schnelltests.

Dann ist eigentlich keine Liste wegen der Omikron-Variante nötig, sondern eine generelle Positivliste für Schnelltests?

Krone: Es ist natürlich schön, wenn da auch die Omikron-Variante eine Rolle spielt. Allerdings haben wir ja schon bisher das Problem, dass Antigen-Schnelltests auf den Markt kommen können, ohne unabhängig überprüft worden zu sein. Es ist zwar mittlerweile so, dass sie im Laufe der Zeit auch in Deutschland vom Paul-Ehrlich-Institut (PEI) evaluiert werden. Tests, die durch diese Evaluation durchfallen, fliegen auch von der Liste des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (Bfarm). Aber grundsätzlich kann man – zumindest bisher – Tests auf diese Liste bringen, ohne dass sie unabhängig evaluiert wurden. Und hier wäre eine Positivliste natürlich ein guter Beginn.

"Ich halte Testungen mit Antigen-Schnelltests weiterhin für sinnvoll."
Dr. Manuel Krone, Infektionsepidemologe am Universitätsklinikum Würzburg
In einer Untersuchung des Paul-Ehrlich-Instituts haben von 245 Antigen-Schnelltests nur 199 das Prüfverfahren bestanden. Werden unzuverlässige Tests direkt vom Markt genommen?

Krone:  Grundsätzlich dürfen Tests, die nicht mehr auf der Liste des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte sind, beispielsweise in Testzentren nicht mehr abgerechnet werden. Sie dürfen aber weiterhin verkauft werden.

Wenn diese Tests im Supermarkt oder in der Drogerie weiterhin zum Verkauf stehen, woher können dann Verbraucherinnen und Verbraucher wissen, welche Tests zuverlässig sind?

Krone: Einen guten Hinweis bietet die Liste des Bundesinstituts. Auf der wird angegeben, ob die Tests schon durch das PEI evaluiert wurden oder nicht. Aber für den einzelnen Verbraucher ist es ansonsten sehr schwierig, gute von weniger guten Tests zu unterscheiden.

Dr. Manuel Krone, Infektionsepidemologe und stellvertretender Leiter der Stabsstelle Krankenhaushygiene des Universitätsklinikums Würzburg.
Foto: Daniel Peter | Dr. Manuel Krone, Infektionsepidemologe und stellvertretender Leiter der Stabsstelle Krankenhaushygiene des Universitätsklinikums Würzburg.
Sind dann Maßnahmen wie die 2G-Plus-Regel oder das Testen mit Schnelltests generell sinnvoll?

Krone: Ich halte Testungen mit Antigen-Schnelltests weiterhin für sinnvoll. Es ist einfach eine zusätzliche Maßnahme neben Impfung, Abstandsregeln, Masken oder Kontaktbeschränkungen. Und natürlich neben PCR-Untersuchungen beispielsweise bei Symptomen oder in Kontaktsituationen. Antigen-Schnelltests sehe ich nicht als Ersatz oder als Konkurrenz zu PCR-Untersuchungen, sondern vor allem als Ergänzung. Nur mit Antigen-Schnelltests lässt es sich schaffen, viele Menschen regelmäßig zu testen. Bei PCR-Tests fehlt dafür einfach die Kapazität.

Mund, Nase oder Rachen - gibt es bei den verschiedenen Testarten Unterschiede im Hinblick auf die Zuverlässigkeit?

Krone: Was Antigen-Schnelltests angeht, bin ich sehr skeptisch bei Speicheltests. Da gibt es auch wenig wissenschaftliche Daten. Ich gehe nicht davon aus, dass die Tests die entsprechende Empfindlichkeit erreichen, da die Viruslast im Speichel deutlich geringer ist als im Rachen. Die Durchführung im Rachen, egal ob durch die Nase in den Rachen oder durch den Mund in den Rachen, ist sicher am empfindlichsten. Aber auch die Durchführung vorne in der Nase funktioniert überraschend gut.

Sie sprechen die Viruslast an: Wann ist die hoch beziehungsweise niedrig und wie wirkt sich das auf das Testergebnis und die Zuverlässigkeit aus?

Krone: Die Empfindlichkeit von Antigen-Schnelltests hängt extrem mit der Viruslast in der Probe zusammen. Die Viruslast ist gleichzeitig auch ein Zeichen, dass jemand infektiös ist. Beruhigend ist, dass bei wirklich infektiösen Personen Schnelltests relativ gut ansprechen. Die höchste Viruslast hat man meistens so um den Symptombeginn herum. Personen, die keine Symptome zeigen, weisen allerdings nicht unbedingt geringere Viruslasten auf.

Könnten Geimpfte oder Genesene eher ein falsch-negatives Ergebnis erhalten, weil die Viruslast bei ihnen weniger lange hoch ist?

Krone: Zunächst einmal sind geringere Viruslasten ja toll, weil man gleichzeitig weniger infektiös ist. Es gibt Daten dazu, dass sich Viruslasten bei immunisierten Personen zum Zeitpunkt der höchsten Infektiosität nicht unterscheiden, allerdings schneller abfallen. Schnelltests funktionieren dann vielleicht bei der abgefallen Viruslast mal einen Tag früher nicht mehr. Das sehe ich aber überhaupt nicht mit Sorge, weil dann ja die Infektiosität nicht mehr so hoch oder nicht mehr gegeben ist.

Bei Tests in Mund und Rachen wird gewarnt, dass es auf die richtige Anwendung ankommt. Kann der Test schnell falsch-negativ werden, wenn man vorher isst, trinkt oder Zähne putzt?

Krone: Sie sollten einen Test nicht durchführen, wenn Sie noch Speisereste oder Getränkereste im Mund und Rachen haben. Ansonsten gibt es Einflüsse von beispielsweise Zähneputzen auf die Viruslast, die ich aber für weitgehend vernachlässigbar halte. Die Unterschiede sind da nicht so, dass Hochinfektiöse plötzlich nicht mehr erkannt würden. Umgedreht sollten Sie nicht gerade in der Warteschlange vor dem Schnelltestzentrum etwas essen.

 
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  • Oreus
    Die Schnelltests, egal, ob Nasen-Abstrich, Rachen-Abstrich, oder Lollytest, sind sicher, wenn sie richtig eingesetzt werden, und vom PEI entsprechend bestätigt wurden.
    Doch das Problem ist ein anderes: So ein Test ist kein Medikament, sondern nur ein Hilfsmittel. Um das in die EU einzuführen braucht man nur diese berühmte CE-Zertifizierung, wie wir sie heute von allen möglichen Dingen kennen. Das ist die weltweit wahrscheinlich am häufigsten gefälschte Zertifizierung. Die sagt jedoch nur, dass das Produkt nicht gefährlich ist. Aber sie sagt nichts über die Qualität.
    Der Europäische Markt wird momentan geradezu mit Schnelltests überschwemmt. Von denen hat das PEI nur bisher einen Bruchteil getestet. Und namhafte Investigativ-Reporter haben bereits berichtet dass selbst in Apotheken und Testzentren Tests zum Einsatz kommen/kamen, die bei der PEI-Prüfung krachend versagt haben...
    Ansonsten sind diese AG-Schnelltests sehr wichtig!
    Denn in manchen Fällen sind PCR-Tests viel zu sensitiv!
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    • Antworten
  • SchmidJosef@t-online.de
    Paul-Ehrlich-Institut
    Vergleichende Evaluierung der Sensitivität von SARS-CoV-2 Antigenschnelltests (Selbsttests + Schnelltests) (Stand 12.01.2022)

    Coronavirus und COVID-19, SARS-CoV-2-Testsysteme
    https://www.pei.de/DE/newsroom/dossier/coronavirus/coronavirus-inhalt.html;jsessionid=4792EB38B52354DFED02F0DCBDA581F6.intranet231?nn=169730&cms_pos=8

    Link zum PDF
    https://www.pei.de/SharedDocs/Downloads/DE/newsroom/dossiers/evaluierung-sensitivitaet-sars-cov-2-antigentests.pdf?__blob=publicationFile&v=69

    Tabelle 1: Antigenschnelltests, die das Sensitivitätskriterium erfüllen
    Tabelle 2: Antigenschnelltests, die das Sensitivitätskriterium nicht erfüllen

    Und sonst?
    https://www.stadt-land-wue.de/stadtlandwue/corona-impfungen/index.html

    Impfen. Impfen. Impfen!
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  • Nachgefragt
    prinzipiell ein Link, der etwas Informationen weitergibt. Man sollte aber die Ergebnisse selbst mit Vorsicht geniesen. Bei manchen Tests wird die "Erfolgsquote" im hinteren Nasenbereich (nasopharyngeal) und dann bei anderen Tests (sprich alle Laientest) wurde im vorderen Nasenbereich gemessen. Diese beiden Ergebnisse zu vergleichen in einer Tabelle halte ich für etwas "Unsauber, um höflich zu bleiben.
    Letztlich ist v.a. die Liste hilfreich mit den Tests, die durchgefallen sind....die sind auf jeden Fall nicht empfehlenswert....
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  • letsgo101
    Ein Bericht über die "Schnelltests" war vor einigen Wochen schon im Fernsehen bei "Monitor". Dabei wurde berichtet das bei den meisten Tests die EU-Zulassung aufgrund von Herstellerangaben erteilt wurde, also nicht überprüft wurde. Das Paul-Ehrlich-Institut hat dann die ganzen Tests überprüft und herausgefunden das viele ungeeignet sind. Die Überprüfung hatte auch den Grund um heraus zu finden ob diese Tests auch noch nach einer Impfung noch zuverlässig eine Infektion anzeigen. Auch hier sind viele Tests durchgefallen. Hier der Link dazu: https://www.youtube.com/watch?v=ngGcTB4YD5w
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  • Meinungsvertreter
    Das ist der Wahnsinn. Von 245 Tests sind 199 durchgefallen. Dass die Tests ohne unabhängige Überprüfung auf den Markt kommen, konnte ich nachvollziehen, als sie noch komplett neu und Mangelware waren. Warum das nun bei einem Überangebot immer noch so praktiziert wird, entzieht sich meiner Vorstellungskraft. Dass Durchfaller frei verkauft werden, setzt dem Ganzen dann noch die Krone auf. Bereicherung auf Kosten der Verbraucher und der Allgemeinheit, die sich in falscher Sicherheit wiegen. Hauptsache der Rubel rollt.
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  • Steler06501902
    Von 245 Tests sind 199 durchgefallen??
    Im Artikel steht das 199 von 245 bestanden haben. Das sind zwar leider auch noch ein paar Umfaller, aber nicht mehr ganz so viel wie bei dir.
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  • Meinungsvertreter
    Ah, absolut korrekt. Ich wollte darauf hinaus, dass knapp 50 Durchfaller einfach viel zu viel sind.
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  • Steler06501902
    Sind es auch. Da muss nachgebessert werden.
    In den USA haben sie gerade mangel na Schnelltest. Hier wird erst von staatlicher Seite geprüft und freigegeben. Konsequenz ist, dass bisher nur 8 zugelassen wurden und die sind mit 6,5 EUR pro Stück auch teurer.

    https://www.n-tv.de/politik/Darum-haben-die-USA-kaum-Schnelltests-article23041090.html
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