Andreas Obieglo kennt man als die eine künstlerische Hälfte des Singer/Songwriter-Duos "Carolin No". Ab und zu begibt sich der Keyboarder und inzwischen auch versierte Gitarrist auf Solopfade. Dabei sind bislang die Alben "Advent" und "Lieder" entstanden, denen jetzt "Lieder II" folgte, die Neubearbeitung von deutschen Volksliedern für Solopiano. Die Titel der ausgewählten Stücke könnten im ersten Augenblick für Kopfschütteln oder Stirnrunzeln sorgen, doch dergleichen Bedenken sind völlig unangebracht. Andreas Obieglo hat ihrer Essenz nachgespürt und die vermeintlichen Gassenhauer und Wirtshauslieder in stil- und würdevolle (Kunst)Lieder transformiert - für Piano pur und ohne Gesang.
Als Beispiel mag "Muss I denn zum Städtele hinaus" dienen. Für Andreas Obieglo ist dies kein fröhliches Wanderlied mehr, sondern eine Ballade vom Abschied ohne die Gewissheit einer Wiederkehr. Auch alle anderen Stücke auf "Lieder II" hat er vom kitschigen Pathos befreit und sie zu kunstvollen Miniaturen umgeformt. "Lieder II" ist eine Platte für ruhige Stunden, um der Hektik des Alltags zu entfliehen.
Dennis Schütze als "One Man Band"
Auch der Würzburger Singer/Songwriter Dennis Schütze setzt auf seinem neuen Soloalbum auf bekanntes Repertoire und interpretiert auf "One Man Band" Lieder aus dem anglo-amerikanischen Songbook. Manches ist bekannter wie Melanies "Brand New Key", das auch ohne die markante Stimme von Melanie gut funktioniert, oder John Sebastians "Daydream". Programmatisch eröffnet das Album, das nur als Download erhältlich ist, mit Leo Sayers "One Man Band". Hier, wie auf den restlichen Songs, spielt Dennis Schütze akustische Gitarre, singt (manchmal auch als Chor) und garniert die Songs mit Percussion, Bassdrum, Mundharmonika und Ukulele.
Der bekennende Fan des im Alter von nur 30 Jahren tödlich verunglückten US-Liedermachers Jim Croce hat ein eher unbekanntes Stück seines Idols für das neue Album ausgewählt und kommt bei "The Hard Way Every Time" vor allem gesanglich dem Idol sehr nahe. "Daydream" von John Sebastian verpasst Schütze ein Goodtime-Feeling und den Klassiker "Freight Train" interpretiert er auf der Gitarre als Instrumental. Von dem hierzulande weniger bekannten US-Singer/Songwriter Steve Goodmann hat sich Dennis Schütze den Song "I don't know where I'm going but I'm going nowhere in a hurry to" - ein entspannter Country-Song. Auch der Schotte Rab Noakes ist wohl eher nur Spezialisten bekannt. Sein "Take this Letter" ist eine echte Entdeckung, Dennis Schütze singt seinen Chor gleich selbst. "Walk right in (sit right down)" von den Rooftop Singers wurde 1963 ein Nummer-eins-Hit in den USA und die Interpreten damit ein klassisches One-Hit-Wonder. Schütze interpretiert die Hymne an den Müßiggang ganz entspannt und mit fröhlicher Lässigkeit. Als "Rausschmeißer" des leider nur 25 Minuten kurzen und äußerst kurzweiligen Albums gibt es mit "Is it okay if I call you mine" noch eine wunderschöne Ballade, bei der es sich lohnt, auf den Text zu hören.
"One Man Band" bietet eine kompetente Songauswahl, die von Dennis Schütze gewohnt stilsicher und unterhaltsam dargeboten wird. Kann man sich gerne auch ein paarmal hintereinander anhören. Wer die Songs als Download erwerben möchte, findet sie unter www.dennisschuetze.de
"Mucho Mojo" huldigen dem Chicago Blues
Die Würzburger Blues-Band Mucho Mojo hat sich voll und ganz dem elektrischen Chicago-Blues der 1960er-Jahre verschrieben, also Blues-Ikonen wie Muddy Waters, Howlin Wolf, T-Bone Walker, Jimmy Reed oder Sonny Boy Williamson. Damals brachen viele Blues-Musiker, die (oder deren Eltern) zuvor auf den Plantagen im Süden als Sklaven gehalten worden waren, in Richtung Norden auf. Chicago war der Sehnsuchtsort, in den es viele junge schwarze Musiker zog. Dort erhofften sie mehr Gehör zu finden und natürlich vor allem mit ihrer Kunst auch Geld zu verdienen.
Einigen wie John Lee Hooker, Muddy Waters oder B.B. King gelang der Durchbruch, viele andere scheiterten. Dies ist der äußere Rahmen für die Musik von Mucho Mojo. "Braucht man doch heute nicht mehr, ist ja alles längst vorbei", könnte man nun nörgeln. Nun, die Songs der Original-Musiker haben überlebt und wurden immer wieder neu oder anders interpretiert. Und Mucho Mojo kann sich da durchaus hören lassen. Nach zehn Jahren auf vielen Konzertbühnen nun auch auf ihrer ersten CD namens "Out Goes the Light" mit zwölf Songs der genannten Blues-Legenden. Musiker, wobei Muddy Waters mit vier Stücken ein Drittel der CD einnimmt. Die Songs sind dem Bluesfan geläufig und Mucho Mojo machen gar nicht erst den Fehler, ihnen etwas gänzlich Neues abgewinnen zu wollen oder sie völlig umzukrempeln. Solistisch tritt vor allem Harpspieler Sebastian Schneider in Erscheinung - und er tut dies exzellent. Auch Sänger (und Gitarrist) Robert Cotton kann in einigen Songs gesangliche Akzente setzen.
Die CD ist im Plattenladen H2O in der Karmelitenstraße zum Preis von zehn Euro erhältlich.
Jochen Volpert: Mister X
Schon auf dem Vorgänger "Split Personality" zeigten Gitarrist Jochen Volpert und Vokalistin Carola Thieme, dass sie sich einen Teufel um Genregrenzen scheren. Pop, Country, Jazzrock, Blues - bei den beiden gibt's die musikalische Vollbedienung. Das ist auf dem Nachfolger, dem jetzt veröffentlichten "Mister X", nicht anders. Gleich zu Beginn kommt Volpert mit dem funkigen instrumentalen Jazzrocker "Mister X" um die Ecke und lässt die Saiten glühen. Danach folgt mit "Hard To Say Goodbye" ein souliger und gefühlvoller Slow Blues (Hommage an Gary Moore), in dem Carola Thieme ihre ganze stimmliche Klasse zeigen kann.
Wie ein ganz normaler Zwölftakter beginnt der "Zombie Blues", der schließlich in einer wilden Sound-Kakophonie aufgeht. Das Stück ist Volperts musikalische Reaktion auf die Umtriebe in den "(a)sozialen Medien". Als sanfter Acoustic-Song startet der "Cosmic Flight", der sich während der Reise nahezu unmerklich in ein Progressive-Hard-Rock-Stück verwandelt. Im Instrumental "My Wha Wha Life" darf Jochen Volpert ausgiebig die Saiten glühen lassen, während "Swinging Friday" ein kurzes Jazz-Intermezzo bietet. Zum Abschluss gibt's zwei Fremdkompositionen, bei denen das knackig rockende "20th Century Boy" von T-Rex gegenüber dem Slow-Blues "If Trouble Was Money" leicht die Nase vorne hat. Als Bonus folgen zwei Aufnahmen aus den halbakustischen "Wohnzimmer-Sessions" von 2019. In einem völlig entschleunigten und atemberaubenden Arrangement erklingt hier "Little Wing" von Jimi Hendrix, doch dann wird alles ganz anders.
Neun der zwölf Songs haben Jochen Volpert und Carola Thieme gemeinsam geschrieben und legen dabei eine beeindruckende Vielfalt an den Tag. Volperts Gitarre ist zwar omnipräsent, drängt sich aber nie aufdringlich oder gar wichtigtuerisch in den Vordergrund. Und Carola Thiemes Stimme gewinnt von Album zu Abum an Ausdruckskraft. Unterstützt wurden die beiden bei den Aufnahmen kompetent und flexibel von Achim Gössl (Keyboards), Johannes Böhm, Friedrich Betz und Thomas Gawlas (Bass) sowie den Drummern Stefan Schön und Jan Hees.
Musikgenießer, die offen sind für musikalische Vielfalt, werden mit "Mister X" viel Freude haben. Andere, die eher in musikalischen Schubladen denken, werden nach einigen Durchläufen des gut einstündigen Albums vielleicht dazu bewogen, ihre Scheuklappen abzulegen. Und über die extraordinären Gitarrenkünste des Mister X alias Jochen Volpert muss man sowieso keine Worte mehr verlieren.
Erhältlich ist die CD "Mister X" bei Musicland am Peterplatz 2 zum Preis von 15 Euro.