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Würzburg
Vier Fälle von Coronavirus: Wie sich Unterfranken vorbereitet
Nach den ersten Coronavirus-Fällen in Bayern ist die Bevölkerung verunsichert. Wie groß ist die Ansteckungsgefahr in der Region? Was ist zu tun? Die wichtigsten Antworten.
Patienten, die sich mit dem Coronavirus infiziert haben, sollten isoliert werden.
Foto: Sven Hoppe, dpa | Patienten, die sich mit dem Coronavirus infiziert haben, sollten isoliert werden.
Andreas Jungbauer
 und  Susanne Schmitt
 |  aktualisiert: 15.07.2024 09:31 Uhr

Es war zu erwarten. In Bayern wurde in der Nacht auf Dienstag der erste Fall des Coronavirus bestätigt. Am Abend dann wurden drei weitere Fälle gemeldet. Die Gefahr, dass sich das neuartige Virus hierzulande weiter verbreitet, ist nach Einschätzung des Bundesgesundheitsministeriums aber "nach wie vor gering". Es gibt für solche Situationen eingeübte Abläufe und Meldewege sowie erste Vorkehrungen - auch in Unterfranken. Ein Überblick. 

Wie wahrscheinlich ist die Verbreitung des Coronavirus in Unterfranken?

"Die Wahrscheinlichkeit nimmt zu", sagt Experte August Stich vom Tropeninstitut an der Würzburger Missio-Klinik. Dies hängt mit möglichen Sekundärinfektionen zusammen, wie im bestätigten Fall im bayerischen Starnberg. Auch hier wurde das Virus außerhalb von China von Mensch zu Mensch übertragen. Wo ein reger Austausch von Menschen zwischen China und Deutschland stattfindet, sei das Risiko natürlich erhöht. Das gelte dann nicht nur für Ballungsräume, sondern auch für die kleine Zulieferfirma auf dem Land. Grundsätzlich sei das Risiko einer Ansteckung in Unterfranken nicht größer oder kleiner als im Rest Deutschlands.   

Welche Symptome werden durch Coronaviren ausgelöst?

Coronaviren können bei Menschen verschiedene Krankheiten verursachen – von gewöhnlichen Erkältungen mit Husten und Schnupfen bis hin zu schweren Infektionen der unteren Atemwege und Lungenentzündungen. "Vor allem für Patienten, die an einer Vorerkrankungen leiden, ist eine Infektion gefährlich", so Sophie Schwab, Leiterin der Landesvertretung der DAK-Gesundheit in Bayern.

Wenn Patienten mit Verdachtskriterien zum Arzt gehen, sollten sie vorher anrufen. Dann können in der Praxis Schutzvorkehrungen gegen weitere Ansteckungen getroffen werden.
Foto: Karl-Josef Hildenbrand, dpa | Wenn Patienten mit Verdachtskriterien zum Arzt gehen, sollten sie vorher anrufen. Dann können in der Praxis Schutzvorkehrungen gegen weitere Ansteckungen getroffen werden.

Was passiert, wenn es einen Verdachtsfall gibt?

Zunächst gilt es, folgende Kriterien zu prüfen: Zeigt jemand Merkmale einer Atemwegserkrankung wie Husten oder eine Lungenentzündung? War der Betroffene in den vergangenen 14 Tagen in einem Risikogebiet in China wie der Region Wuhan? Oder hatte er Kontakt mit einem Erkrankten? Wenn ja, wird der Patient ärztlich untersucht, wobei Hygienemaßnahmen wie ein Schutz über Mund und Nase dazugehören. Hintergrund für den Zeitraum von zwei Wochen ist, dass die Inkubationszeit – die Spanne zwischen Infektion und Beginn von Symptomen – zwei bis 14 Tage beträgt. Wenn Patienten mit solchen Verdachtskriterien zum Arzt gehen, sollten sie vorher anrufen. Dann können in der Praxis oder in der Klinik Vorkehrungen gegen weitere Ansteckungen getroffen werden, wie das Bundesgesundheitsministerium erläutert. Bei der Untersuchung wird idealerweise je eine Probe aus den unteren und oberen Atemwegen genommen. Die Auswertung dauert knapp fünf Stunden.

Wer wird informiert?

Stellt ein Arzt bei einem Patienten den Verdacht auf eine Erkrankung mit dem neuartigen Coronavirus fest, muss er dies dem Gesundheitsamt melden. Gleiches gilt für Labore, die das Coronavirus bei einem Menschen nachweisen. So ist es im Infektionsschutzgesetz vorgeschrieben. Laut Robert Koch-Institut (RKI) muss die Meldung dem Gesundheitsamt spätestens innerhalb von 24 Stunden vorliegen – inklusive Name, Adresse und Kontaktdaten der betroffenen Person. Nur so könnten Schutzmaßnahmen wie etwa die Ermittlung weiterer Kontaktpersonen eingeleitet werden.

Wie geht es für Infizierte weiter?

Wird das Virus nachgewiesen, soll der Patient "isoliert" werden. Er wird dann in einem Einzelzimmer im Krankenhaus untergebracht und behandelt, das Klinikpersonal muss Schutzkleidung tragen. Das RKI empfiehlt eine Isolierung im Krankenhaus auch, solange nicht klar ist, ob eine als Verdachtsfall eingestufte Person das Virus in sich trägt.

Wo würde ein Infizierter in der Region behandelt?

Ein tatsächlich infizierter Patient könnte in Unterfranken theoretisch in jedem Krankenhaus mit Isoliermöglichkeit behandelt werden - wenn Ärzte und Verwaltung dazu bereit sind. Die Einweisung in ein Spezialkrankenhaus ist nicht nötig.

Wie sieht die Behandlung aus?

Eine schützende Impfung oder eine spezielle Therapie zur Behandlung der neuartigen Lungenerkrankung gibt es nicht, die Symptome können aber mit Medikamenten abgemildert werden. Tropenmediziner August Stich von der Würzburger Missio-Klinik geht aktuell – analog zu anderen Infektionserregern – von einer Behandlung von sieben bis zehn Tagen aus. "Uns fehlt es aber noch an Erfahrung mit dem neuen Virus." 

Vier Fälle von Coronavirus: Wie sich Unterfranken vorbereitet

Wie gut sind die Aussichten auf Heilung?

Nach aktuellem Stand haben ansonsten gesunde Patienten vom Coronavirus nicht viel zu befürchten, "sie haben sehr sehr gute Karten", sagt Prof. August Stich, der für den Umgang mit dem Coronavirus auch an der Ausarbeitung von Ablaufplänen am Robert Koch-Institut beteiligt war. "Das ist wie eine schwere Atemwegsinfektion." Bei Patienten mit Vorerkrankungen können sie allerdings einen bösartigen Verlauf nehmen.   

Wie wird die Bevölkerung geschützt?

Um eine Ausbreitung der Krankheit zu verhindern, sollen in Deutschland weitere Informationspflichten für Fluggesellschaften und Krankenhäuser kommen, wie Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) mitteilt. So sollen bei Flügen aus China die Piloten vor dem Landen an deutschen Flughäfen den Tower über den Gesundheitszustand der Passagiere informieren. Reisende aus China sollen Formulare ausfüllen, wie sie in den nächsten 30 Tagen zu erreichen sind. Wie Spahn weiter sagt, sollen Kliniken künftig auch schon begründete Verdachtsfälle auf das Coronavirus an das Robert-Koch-Institut melden müssen – nicht nur bestätigte Fälle wie bisher. "Die Gefahr für die Gesundheit der Menschen in Deutschland bleibt nach unserer Einschätzung weiterhin gering", so der Minister.

Welche weiteren Schutzvorkehrungen gibt es?

Ob weitere Maßnahmen nötig sind, beurteilt das örtliche Gesundheitsamt "nach den konkreten Umständen des Einzelfalles", wie das Bundesgesundheitsministerium erläutert. Das Infektionsschutzgesetz legt dazu etwa fest, dass Länderbehörden Veranstaltungen und andere größere Menschenansammlungen beschränken oder verbieten können. Badeanstalten und Gemeinschaftseinrichtungen wie Schulen, Kitas, Heime und Ferienlager können ganz oder teilweise geschlossen werden. Von abgeriegelten Millionenstädten wie in China ist hierzulande nicht die Rede.

Jens Spahn (CDU), Bundesminister für Gesundheit, und Lothar Wieler (links), Präsident des Robert Koch-Instituts, äußern sich zum ersten Coronavirus-Fall in Deutschland.
Foto: Kay Nietfeld, dpa | Jens Spahn (CDU), Bundesminister für Gesundheit, und Lothar Wieler (links), Präsident des Robert Koch-Instituts, äußern sich zum ersten Coronavirus-Fall in Deutschland.

Gibt es einen Vorgehensplan ähnlich dem Pandemieplan für Grippe? Wie sieht dieser aus?

Einen nationalen Pandemieplan – also eine Strategie bei einer Masse von Betroffenen - gibt es nur für die Influenza. Daneben existiert ein Rahmenaktionsplan für Pocken. Wie weit Richtlinien aus dem Influenzplan für das Coronavirus übernommen werden können, ist derzeit noch unklar.  Laut einer Sprecherin des bayerischen Gesundheitsministeriums ist für solche Fälle eine Spezialeinheit am Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) eingerichtet. Diese "Task Force Infektiologie" arbeite nach bestimmten Ablaufplänen und Regularien.

Gibt es einen regionalen Vorgehensplan für Unterfranken?

Die Regierung von Unterfranken sei vom bayerischen Gesundheitsministerium in München offiziell über "die Erkenntnislage zum Coronavirus" informiert worden, sagt Sprecher Johannes Hardenacke auf Anfrage. Alle Informationen seien an die Gesundheitsämter in der Region weitergegeben worden, "die Ärzte sind sensibilisiert". Grundsätzlich richte sich das Vorgehen bei solchen Infektionserkrankungen nach dem Infektionsschutzgesetz, so Hardenacke. Das sei "eine eingespielte Vorgehensweise". Einen Sonderplan für das Coronavirus gebe es nicht.

Blick auf den Haupteingang des Klinikums Schwabing. Der erste bestätigte Coronavirus-Patient in Deutschland liegt dort auf der Isolierstation.
Foto: Sven Hoppe, dpa | Blick auf den Haupteingang des Klinikums Schwabing. Der erste bestätigte Coronavirus-Patient in Deutschland liegt dort auf der Isolierstation.

Was würde passieren, wenn ein Fall in Unterfranken auftritt?

Wenn ein Coronavirus-Fall in der Region auftreten sollte, werde sofort das Gesundheitsamt eingeschaltet, sagt Regierungssprecher Johannes Hardenacke. Dieses überprüfe den Fall, beobachte das Umfeld und stelle alle Kontakte des Infizierten fest, um die Ansteckungsgefahr einzudämmen. "Bisher aber gibt es keinen Fall in Unterfranken", so Hardenacke.

Wie sollten sich die Kliniken in Unterfranken vorbereiten?

Sie sollten die Ablaufpläne und die Vorgaben des Robert Koch-Institutes kennen und umsetzen. Das heißt: Soweit nicht schon vorhanden, Isolationsmöglichkeiten schaffen und Schutzkleidung vorhalten. "Das muss aber kein Ganzkörperanzug wie bei Ebola sein", erklärt Tropenmediziner Stich. Räumlich reicht ein Isolierzimmer, es sollte einen Vorraum bzw. eine Schleuse haben.

Was kann man tun, um sich vor einer Ansteckung zu schützen?

Experten raten zu den üblichen Vorsichtsmaßnahmen, die auch bei einer Grippewelle gelten. Dazu zählen etwa gründliches Händewaschen, Husten- und Nies-Etikette und Abstand zu Erkrankten halten.

Das bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit hat eine Telefon-Hotline zum Coronavirus eingerichtet. Unter der Nummer (09131) 6808-5101 können Bürger Fragen stellen.

Mit Informationen von dpa

 
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    und jetzt soll die Bundeswehr (vermutlich auf Staatskosten) Deutsche aus China zurückholen...damit sich die Krankheit dann hier endgültig ausbreiten kann...
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