
Seit über eineinhalb Jahren versuchen Bundes-und Landesregierung, mit gezielten Corona-Maßnahmen und Regeln für die Bevölkerung die Ausbreitung des Coronavirus zu verhindern. Hygienevorschriften, Abstandsregeln, Kontaktbeschränkungen und Veranstaltungsverbote – alle diese Regeln und noch mehr prasselten auf die Menschen ein.
Zunächst noch völlig ungewohnt, gehören solche Einschränkungen heute zum Alltag. Doch nicht alle waren und sind bereit, sich an die Auflagen zu halten. Wie Menschen dazu motiviert werden können, Regeln zu befolgen, haben nun Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Universität und des Universitätsklinikums Würzburg mit einer Studie untersucht. Die Ergebnisse fielen anders aus, als erwartet, heißt es in der Pressemeldung der Uni.
Eigentlich hätte erwartet werden können, dass Menschen mit großer Angst vor dem Virus, sich eher an die Maßnahmen halten. Und Menschen mit weniger emotionsgeladener Einstellung eben nicht, sagt Grit Hein, Professorin für Translationale Soziale Neurowissenschaften. Sie erforscht, welche Motive menschliches Verhalten in welcher Weise beeinflussen.
Angst sei nicht die wesentliche treibende Kraft
Die Studie zeigt jedoch andere Aspekte, die den Ausschlag dafür gaben, dass die Befragten die beachteten: das Wissen um die Gefahren einer Erkrankung sowie Informationen über die Möglichkeiten, die Ausbreitung des Virus einzudämmen. "Wir konnten nachweisen, dass Personen, die während der Pandemie stark gefühlsbetont reagierten, nicht eher dazu bereit waren, die Vorschriften einzuhalten", erklärt Matthias Gamer, Professor für Experimentelle Klinische Medizin. Aus diesem Grund sollten sich nach Ansicht der Forschenden politische Maßnahmen in Zukunft darauf konzentrieren, gesicherte Informationen und die gesellschaftliche Relevanz des jeweiligen Problems in den Vordergrund zu stellen.
Das Forschungsteam hat die Antworten einer Online-Umfrage unter rund 4100 Studierenden ausgewertet. "Inwieweit sind Sie besorgt, bei einer Infektion mit dem Coronavirus schwer zu erkranken? Fühlen Sie sich den Herausforderungen durch die Corona-Pandemie gewachsen? " Auf diese und viele weitere Fragen sollten die Teilnehmenden Antwort geben. Dazu kamen Fragen zum Informationsverhalten, zur Befindlichkeit und zu Erwartungen und Befürchtungen für die Zukunft.
Konkurrierende Erklärungsmodelle
"Den Hintergrund unserer Studie bildet die Tatsache, dass es in der Psychologie konkurrierende Modelle dazu gibt, welche Aspekte menschliches Verhalten steuern", wird Hein zitiert. So gehe ein Modell davon aus, dass Menschen mit Angst vor einer bestimmten Situation, diese tunlichst meiden. Ein anderes besage, dass das Sicherheitsverhalten durch hauptsächlich gedankliche, soziale und kulturelle Aspekte widergespiegelt werde.
Das könnten eigene Erfahrungen sein, Beobachtungen Anderer sowie Informationen aus verschiedenen Quellen. Wer beispielsweise die Risiken bestimmter Verhaltensweisen kenne oder über den Verlauf einer Krankheit und deren Auswirkungen informiert sei, verfolge eher Maßnahmen, um Infektionen zu minimieren, erklärt Gamer weiter in der Mitteilung.
Die Frage sei mit der Studie allerdings nicht ganz geklärt. Die Ergebnisse wiesen zwar darauf hin, dass sich junge Erwachsenen eher an Sicherheitsvorschriften halten, wenn sie über die Auswirkungen einer Krankheit gut informiert seien. Weil an der Umfrage allerdings ausschließlich Studierende teilgenommen haben, könne es sein, dass der Bildungsgrad einen relevanten Einfluss ausübt. Dementsprechend schlage das Würzburger Team vor, dass zukünftige Studien untersuchen sollten, ob die jetzt beobachteten Zusammenhänge auch für Personen mit niedrigerem Bildungsniveau gelten.