"Schick uns deinen Mann und die Fernbedienung gehört wieder dir!" oder "Singen ohne Dusche? Dann komm zu uns – ein Chor, der sich gewaschen hat." Mit Sprüchen wie diesen wirbt der Gesangverein Melomania aus Helmstadt (Lkr. Würzburg) auf seiner Webseite für neue Mitglieder. Sebastian Kinner, zweiter Vorsitzender und verantwortlich für die Öffentlichkeitsarbeit, sagt schmunzelnd: "Man muss sich ein bisschen abheben." Denn einfach nur Chor sein, könne jeder.
Eine Altersspanne von fast 90 Jahren
Der Gesangverein Melomania ist tatsächlich mehr als ein Chor. Der vor 130 Jahren gegründete Männerchor ist längst nicht mehr der einzige des Vereins: Es gibt den Frauenchor Femina Melomania, das gemischte Vocalensemble, drei Kinder- und Jugendchöre . . . Die Beziehung zum Verein werde oft vererbt, Kinder und Eltern oder Großeltern würden teilweise im gleichen Chor singen, sagt Kinner. "Unser ältestes Mitglied ist 92 Jahre alt und seit 75 Jahren im Verein. Das jüngste Mitglied ist drei."
Im Gesangsverein mit drei Jahren? Ja, sagt Kinner. Das jüngste Mitglied gehört zu den Melo-Minis: Die Drei- bis Fünfjährigen lernen dort die Grundlagen für das spätere Chorsingen mit rhythmischen Spielen, kurzen Gedichten sowie Spaß- und Kinderliedern. Andrea Dinkel, erste Vorsitzende, sagt: "Die Kinder werden mit Rhythmik, Klang und Takt an das Singen herangeführt."
Bei den Melo-Midis wird das bei den Minis Gelernte dann mit musikalischen Grundkenntnissen wie Notenlesen ausgebaut. Die Fünf- bis Achtjährigen singen teilweise zweisprachig, auf Deutsch und Englisch, sowie zweistimmig. Einen gemischten Kinderchor hat der Gesangverein seit 1974. In den Fünfzigern hatte es bereits ein Mädchentrio gegeben, etwa zehn Jahre später folgten ein Mädchenquartett und der erste Knabenchor.
Wer zu alt für die Kinderchöre ist, wechselt zum Jugendchor, den Melo-Maxis - ebenfalls geleitet von Petra Günther, Musikstudentin und staatlich geprüfte Ensembleleiterin. Bei ihr singen die Jugendlichen mehrstimmig, das Repertoire reicht von traditionellen Lieder über Gospel bis zu Rock und Pop. Die jungen Sänger sollen Stück für Stück lernen, das ist die Idee: "Sie werden langsam herangeführt, dann wird ihr Können ausgebaut und später wechseln sie ins Vocalensemble", sagt Kinner.
Von Metallica über Emil Kraemer bis zu afrikanischem Gospel
Das Vocalensemble ist der gemischte Erwachsenenchor, ein altersmäßig bunter Haufen, wie Kinner sagt. Das Ensemble gibt es seit 1999, mit über 40 Sängerinnen und Sängern ist es zurzeit der größte der drei Erwachsenenchöre. Gesungen werden Lieder wie "Nothing else matters" von Metallica oder "Someone like you" von Adele. Aber auch Gospel, Irish Folk, Musicals und Filmmusiken gehören zum Repertoire. Und dann ist da noch das Lied "Ein Stern, der deinen Namen trägt", das die Gruppe seit einigen Jahren begleitet. 2015 erzielte das Helmstadter Vocalensemble beim Chorduell des SWR damit den dritten Platz. "Das war für den ganzen Chor ein wahnsinniges Erlebnis", erinnert sich Kinner.
Neben dem Vocalensemble gibt es für die Erwachsenen noch den ursprünglichen Männerchor, der Lieder wie "Der Spielmann" von Emil Kraemer oder russische Volksweisen wie "Die Zwölf Räuber" singt. Auch der 1995 gegründete Frauenchor Femina Melomania ist eher traditionell ausgerichtet. Männer treten in Anzug und Krawatte auf, die Frauen in Tracht. Die passe bei Volksliedern, Stücken aus Taizé oder Melodien aus der Zeit der Tonfilme sehr gut, sagt Andrea Dinkel. Bei Gospelabenden mit Stücken aus Afrika tragen die Sängerinnen dann schwarze Hosen und Oberteile.
Johannes Klüpfel, leidenschaftlicher Jazz-Pianist, leitet die drei Erwachsenenchöre, dirigiert, arrangiert die Stücke - maßgeschneidert für den jeweiligen Chor. Bei Auftritten begleitet Klüpfel allem das Vocalensemble oft am Klavier. Manchmal auch mit Variationen, die den Sängern unbekannt seien, sagt Kinner. Typisch Jazz eben. Das funktioniere, weil der Pianist den Chor mit Blicken statt mit seinen Händen dirigiere. Andrea Dinkel sagt: "Das ist Wahnsinn, wie das über den Augenkontakt funktioniert."
"Wir sind wie eine große Familie"
Der Gesangverein Melomania hat derzeit knapp 300 Mitglieder, etwa die Hälfte davon singt aktiv in einem der Chöre - oder in mehreren. Die Verbindung der Ensembles untereinander sei stark, sagt Kinner. Auch das Zusammensitzen nach den Chorproben, bei einem Glas Wein oder Bier, und Ausflüge nach Salzburg, Wien oder in die Musical-Stadt Hamburg förderten den Zusammenhalt. Und die jungen Sänger gehen neben den Proben und Auftritten gemeinsam wandern oder kegeln, basteln nachmittags oder machen Spieleabende.
"Wir sind wie eine große Familie", sagt die Vorsitzende. Und man sei ja nicht nur ein Verein allein für Sängerinnen und Sänger, fügt Kinner an. Bei Auftritten und für die Webseite gebe es immer etwas zu tun, da sind Systemadministratoren, Webmaster, Fotografen und Techniker gefragt. "Langweilig wird es bei uns nicht." Also auch nicht denen, die wirklich nur unter der Dusche singen wollen.
Toller Artikel
Danke