Nach acht Monaten ist die Luft raus, im einst schillernden V-Mann-Prozess gegen Mario W., den Drogenkurier. Exakt drei Jahre nach dem Urteil gegen den früheren V-Mann des Landeskriminalamtes (LKA) in erster Instanz wurde am Dienstag im zweiten Versuch der Wahrheitsfindung die Beweisaufnahme geschlossen.
Oberstaatsanwalt Boris Raufeisen hielt sich an den Kern der Anklage, die Einfuhr von zehn Gramm „Crystal“ aus Tschechien. Die sei bewiesen – nicht dagegen, dass die Betreuer vom LKA davon vorher gewusst oder sogar dazu ermuntert hätten, um Ermittlungen im Rockermilieu zu fördern. Dafür hält er zwei Jahre und neun Monate Haft für angemessen. Aber „ich bin nicht so vermessen zu glauben, dass das Verfahren damit zu Ende ist“, formulierte Raufeisen im Plädoyer seine Erwartungen.
Verteidiger: "Mandant habe kein faires Verfahren gehabt"
Darauf lassen vor allem die Plädoyers der drei Verteidiger Norman Jacob, Hanjo Schrepfer und Alexander Schmidtgall schließen. Sie sind überzeugt, dass das Gericht bei der Wahrheitsfindung behindert wurde. Ihr Mandant habe kein faires Verfahren gehabt, weil das LKA eigene Straftaten bei dem V-Mann-Einsatz vertuscht habe. Deshalb fordern die Verteidiger die Einstellung und Freilassung des Angeklagten nach fünfjähriger Haft.
Dies ergebe sich aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte. Möglicherweise müssen sich die Gerichte noch damit befassen.
Bei den Plädoyers merkte man allen Beteiligten am Dienstag an, dass sie froh sind, auf der Zielgeraden zu sein. Das geduldige Gericht um den Vorsitzenden Konrad Döpfner hatte der Verteidigung viel Spielraum gelassen, als klar wurde, dass die Erklärungen des Angeklagten im ersten Prozess nicht so abenteuerlich waren wie sie zuerst klangen.
Angeklagter fordert realistische Sicht
Die Betreuer des V-Mannes gerieten unter Verdacht, mehr als ein Auge bei Straftaten des Spitzels zugedrückt zu haben, um seine Tarnung glaubhaft zu gestalten. Gegen sechs LKA-Beamte wird ermittelt.
Zur Drogeneinfuhr rief Mario W. im „letzten Wort“ – das Angeklagten vor dem Urteil zusteht – zu einer realistischen Sicht seiner V-Mann-Tätigkeit auf: „Was glaubt Ihr, was man da bei den Rockern macht – Schach spielen?“ Mit der in zwei Prozessen erworbenen Redegewandtheit schloss er seine halbstündige Erklärung mit den Worten: „Ich möchte kein mildes Urteil, Herr Vorsitzender. Ich will, dass Sie Rechtsstaatlichkeit wieder herstellen – und mich rauslassen.“
Am 17. August um 10 Uhr soll das Urteil fallen.
Ob das Gericht in diesem Fall über seinen Schatten springen kann ist nicht sicher, dazu bräuchte es mehr Mut.
Interessant wäre zu erfahren wann der Prozess gegen die LKA Beamten beginnt. Norbert K. aus dem schönen Wiesenbronn ist ja einer der Hauptangeklagten. Mal gespannt ob, wann und was die Staatsanwaltschaft den Angeklagten vorwirft.
Schön wäre, wenn die MP auch ausführlich über diesen Prozess berichtet.