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Würzburg
Unhimmlische Wiegenlieder und absurde Postkartengrüße: Besonderer Abend beim Festival Lied in Würzburg
Ein Pianist als Rotkäppchen, eine Sopranistin als hungriger Wolf: Sarah Maria Sun und Jan Philip Schulze sind ein renommiertes musikalisches Dreamteam.
Foto: Patty Varasano | Ein Pianist als Rotkäppchen, eine Sopranistin als hungriger Wolf: Sarah Maria Sun und Jan Philip Schulze sind ein renommiertes musikalisches Dreamteam.
Elke Tober-Vogt
 |  aktualisiert: 14.03.2025 02:39 Uhr

Wie zermürbend muss es sein, ein nicht schlafwilliges Kind zur Ruhe zu singen: Unendlich wirken die Bemühungen der Mutter in Marco Di Baris (geboren 1958) "unheavenly lullaby", unendlich auch der musikalische Spannungsbogen, mit dem die Sopranistin Sarah Maria Sun und der Pianist Jan Philip Schulze das Publikum im Mozartareal fesseln. Säuseln, Bitten, Drohen, Verzweiflung und Erleichterung – ein gewaltiger Kosmos an Gefühlsausdrücken!

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Unter dem Motto "Unhimmlische Wiegenlieder" stand das gesamte sechste Konzert beim diesjährigen "Festival Lied". Der Inhalt war ebenso gewagt wie spannend: Fast ausschließlich Zeitgenössisches jenseits eingetretener Pfade stand auf dem Programm, dazu eine Uraufführung. Knackig, wirkungsvoll und fragmentarisch Hanns Eislers und Paul Dessaus kleine Kompositionen, absurd-vergnüglich die musikalischen Postkartengrüße von Miroslav Srnka, naiv-verspielt im Ton Andrea Lorenzo Scartazzinis Gedichtvertonungen von Nora Gomringer, kontrastreich Benjamin Britten.

Absurdes, Komisches, Sprechgesanggedichte, eine fleischfressende Pflanze, tomatensaftbetankte Autos sind nur ein paar der Stichworte zum Programm mit Sarah Maria Sun.
Foto: Patty Varasano | Absurdes, Komisches, Sprechgesanggedichte, eine fleischfressende Pflanze, tomatensaftbetankte Autos sind nur ein paar der Stichworte zum Programm mit Sarah Maria Sun.

Sarah Maria Sun und Jan Philip Schulze sind ein renommiertes musikalisches Dreamteam: Spezialisten und Könner in jeder Hinsicht, spielen sie mit ihrer Kunst, füllen Raum und Zeit mit ihrer Präsenz, leben jeden Beitrag mit größter Intensität und leidenschaftlicher Hingabe. Henry Purcells lamentoartige Szene "The blessed Virgin’s expostulation" erlaubt durch Schulzes klanglich verfremdete und erweiterte Keyboard-Begleitung eine faszinierende, neue Hörerfahrung, während Sun ihre Stärke auch im Barockgesang beweist – eine musikantisch beherzte und einfühlsame Inszenierung!

Als Abenteuer und Fest kündigte Philip Schulze die Uraufführung von "The lib3ral pl4ylist" der Multimedia-Künstler Belenish Moreno-Gil und Óscar Escudero an. Ein erheblicher technischer Aufbau ermöglicht es hier, mit vielen Schichten zu spielen, darunter Bandzuspielung, elektronische Klänge, Video und Gesang. Das Ergebnis ist komplex, kompliziert und schwer fassbar, befrachtet durch zahllose akustische Ereignisse wie Alltagsgeräusche, Fetzen und Abgehacktes, Schaben und Hall – ein Gesamtklang der Welt. 

Zahllose weitere Facetten gab es an diesem spektakulären Abend zu entdecken, Absurdes, Komisches, Sprechgesanggedichte, eine fleischfressende Pflanze, tomatensaftbetankte Autos, ein Pianist als Rotkäppchen, eine Sopranistin als hungriger Wolf. Verdienter Jubel für zwei Künstler der Sonderklasse!

Das Festival Lied in Würzburg läuft noch bis 16. März. Bis dahin stehen noch unterschiedlichste Konzerte auf dem Programm, etwa das Abschlusskonzert des Meisterkurses Liedgesang (13. März), der Auftritt des Chors figure humaine (15. März) und Schuberts "Winterreise" (16. März). Infos und Karten: www.festival-lied-wuerzburg.de

 
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