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Würzburg/Hettstadt
Unfall auf Gehägsweg bei Hettstadt: Anklage fordert vier Jahre Gefängnis
Der 32-Jährige, der den tödlichen Unfall auf dem Gehägsweg bei Hettstadt verursacht hat, rechnet offenbar mit einer Gefängnisstrafe. Seine Wohnung hat er bereits gekündigt.
Die Unfallstelle am Gehägsweg bei Hettstadt auf einem Foto im Sommer 2018.
Foto: ArchivHerbert Ehehalt | Die Unfallstelle am Gehägsweg bei Hettstadt auf einem Foto im Sommer 2018.
Patrick Wötzel
 |  aktualisiert: 07.04.2020 13:04 Uhr

Im Prozess um den tödlichen Unfall auf dem Gehägsweg bei Hettstadt (Lkr. Würzburg) haben Staatsanwaltschaft und Nebenklage am Montag die mögliche Höchststrafe gefordert: Wegen vorsätzlicher Straßenverkehrsgefährdung und fahrlässiger Tötung soll der 32-jährige Angeklagte für vier Jahre ins Gefängnis.

Vier Jahre sind zwar nicht die mögliche Höchststrafe für die angeklagten Tatbestände, sie sind aber die Obergrenze für das Schöffengericht, vor dem der Angeklagte sich seit Ende Oktober verantworten muss. Der gelernte Schlosser hat gestanden, am frühen Nachmittag des 6. Januar 2018 trotz eines beginnenden epileptischen Anfalls mit dem Auto aus der Hettstadter Ortsmitte weiter zum Gehägsweg gefahren zu sein, um dort anzuhalten und den Anfall abzuwarten.

Gutachter: Angeklagter wusste, dass Anfall bevorstand

"Man muss ihm die Frage stellen, warum er nicht sofort angehalten hat", betonte Rechtsmediziner Thomas Tatschner, der am dritten Verhandlungstag sein Gutachten erstattete. Der 32-Jährige leidet seit über zehn Jahren an epileptischen Anfällen, und er wusste durch mehrfache klare Ansagen seiner Ärzte nicht nur, dass er kein Auto fahren darf: Als erfahrener Patient habe er an den typischen Vorzeichen auch erkannt, dass ein Anfall unmittelbar bevorstand. "Bis dahin war er bei klarem Bewusstsein", betonte Tatschner.

Dass der Angeklagte außerdem zumindest am Tag des Unfalls das verordnete Medikament zur Unterdrückung der Anfälle nicht eingenommen hat, liegt für den Rechtsmediziner anhand der im Blut festgestellten geringen Menge des Wirkstoffs ebenfalls auf der Hand.

Der 32-Jährige hat zugegeben, dass er die Vorzeichen seiner Anfälle erkennt. Tatschner geht davon aus, dass er das Bewusstsein und damit die Steuerungsfähigkeit bereits verloren hatte, als er auf dem Weg zum Gehägsweg die Staatsstraße 2298 bei Hettstadt mit hoher Geschwindigkeit kreuzte.

Vater des Opfers: "Er hat alles kaputt gemacht"

Dort raste er mit gut 120 Stundenkilometern weiter und erfasste nach etwa 400 Metern die 26-jährige Spaziergängerin Sabrina P.. Die junge Frau hatte keine Chance und starb noch am Unfallort an ihren schweren Verletzungen. "Er hat alles kaputt gemacht. Wir hatten ein intaktes und sehr gutes Familienleben, das schlagartig ausgelöscht wurde. Es ist nichts mehr so, wie es war", sagte der Vater des Opfers, der an dem Prozess als Nebenkläger teilnimmt.

"Es hätte an diesem Tag niemand gestört, wenn er einfach in der Ortsmitte angehalten hätte", betonte Staatsanwältin Martina Pfister-Luz. Stattdessen habe der 32-Jährige zumindest "billigend in Kauf genommen, dass er in einen fahruntüchtigen Zustand verfallen wird".

Staatsanwältin fordert lebenslange Führerscheinsperre

Dazu passt für die Anklagevertreterin auch die Vorgeschichte: Bereits 2012 wurde der Angeklagte per Strafbefehl zu einer hohen Geldstrafe verurteilt, nachdem er im angetrunkenen Zustand einen Unfall verursachte, bei dem gleich acht Freunde und Bekannte teilweise schwer verletzt wurden - einer von ihnen leidet bis heute unter den Folgen.

Wie er sich danach 2017 einen neuen Führerschein erschlichen hat, "muss man als kriminell bezeichnen", so Pfister-Luz weiter. Bei der erforderlichen MPU log der Angeklagte bei der Frage, ob bei ihm gesundheitliche Beeinträchtigungen vorliegen. Die Anklagevertreterin forderte nicht nur vier Jahre Haft, sondern auch eine lebenslange Führerscheinsperre.

Angeklagter entschuldigt sich unter Tränen

"Er wird sowieso nie wieder Auto fahren", sagte Verteidiger Christian Daxmann, der eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten auf Bewährung für tat- und schuldangemessen hält.

Der Angeklagte selbst rechnet damit, ins Gefängnis zu müssen: Er hat seine Wohnung in Schweinfurt gekündigt und wartet bei seinen Eltern in Hettstadt auf das Urteil. Ganz am Ende, im sogenannten letzten Wort, hat er sich zum ersten Mal bei der Familie und dem Lebensgefährten seines Opfers entschuldigt: "Ich würde es gerne rückgängig machen", sagte er unter Tränen. Das Schöffengericht will sein Urteil am kommenden Montag um 10 Uhr verkünden.

 
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Kommentare
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  • dbuettner0815@gmail.com
    Also, wenn der Täter wieder am Knast vorbei kommt, dann verstehe ich die Welt nicht mehr!!!
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  • Albatros
    Vor Würzburger Gerichten ist ein Leben gelegentlich gerade einmal 5.000 € wert. Bin gespannt, in wie weit der Beklagte zur Verantwortung gezogen wird, oder ob wieder ein Gutachten die Hinterbliebenen demütigt.
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  • weisdergeier@gmx.net
    Ganz am Ende, im sogenannten letzten Wort, hat er sich zum ersten Mal bei der Familie und dem Lebensgefährten seines Opfers entschuldigt: "Ich würde es gerne rückgängig machen" Das ist der blanke hohn.
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  • Funkenstern
    Aber wenigstens macht er den Versuch, das ist doch schon mal ein Anfang,rückgängig machts das alles nicht. Jedoch ist es mehr wie bei dem Farceurteil des letzteren Monats
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