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Umstrittener Flächennutzungsplan: Opposition will Rechtmäßigkeit der Vorbeschlüsse prüfen
Gideon Zoryik
Gideon Zoryiku
 |  aktualisiert: 11.12.2019 18:56 Uhr

Umstrittener Flächennutzungsplan: Opposition will Rechtmäßigkeit der Vorbeschlüsse prüfen

Zell hat einen neuen Flächennutzungsplan (FNP). Den umstrittenen Plan hat der Gemeinderat in der jüngsten Sitzung mehrheitlich verabschiedet. Das Abstimmungsergebnis verlief strikt nach Fraktionslinie. Dabei standen sich die acht Befürworter (CSU/FZB) und vier Gegner (SPD, BB, GAL) unversöhnlich gegenüber.

Gleich zu Beginn der Beratung des Tagesordnungspunkts machte Bürgermeisterin Anita Feuerbach (CSU) wegen „persönlicher Betroffenheit“ Platz für ihren Stellvertreter Lenz Antretter (CSU/FZB).

Laut Artikel 49 Absatz 4 der Gemeindeordnung (GO) kann ein Mitglied an der Beratung und Abstimmung nicht teilnehmen, wenn der Beschluss ihm selbst, seinem Ehegatten, seinem Lebenspartner, einem Verwandten oder Verschwägerten bis zum dritten Grad oder einer von ihm kraft Gesetzes oder Vollmacht vertretenen natürlichen oder juristischen Person einen unmittelbaren Vorteil oder Nachteil bringen könne.

Auch Thomas Hetterich (CSU/FZB) und Sebastian Rüthlein (SPD/BB/GAL) konnten daher nicht an Beratung und Abstimmung teilnehmen. Im Klartext: Feuerbach, Hetterich und Rüthlein – beziehungsweise verwandte oder verschwägerte Personen, besitzen Grundstücke in dem Planungsgebiet.

In dem elf Hektar umfassenden Flächennutzungsplan hat die Gemeinde acht Hektar Wohngebiete und drei Hektar Gewerbegebiet festgelegt – sozusagen auf Vorrat, um im Bedarfsfall auf diese Planung zurückgreifen zu können. Die Neubaugebiete erstrecken sich vom Neuen Friedhof bis zum Bereich oberhalb des Sportplatzes und weiter fast bis zum Margetshöchheimer Wald. Bereits im Juli hatte sich der Gemeinderat mit dem Thema befasst. Wegen des komplizierten Sachverhalts und wegen vieler ungeklärter Fragen wurde die Beratung vertagt und das Thema auf den Bauausschuss verwiesen.

Der Hauptkritikpunkt einiger Träger öffentlicher Belange betrifft die Größe der vorgesehenen Neubaugebiete. So hat die Regierung von Unterfranken Bedenken gegen die „großzügigen Wohnbauneuausweisungen“. Die „überdimensionierten Ausweisungen“ stoßen beim Bund Naturschutz auf scharfe Kritik.

Lesen Sie dazu auch den Beitrag: Keine Bürgerversammlung zu Zeller Neubaugebieten

Von einem „Flächenfraß“ spricht auch die Fraktion der SPD/BB/GAL. Die Größenordnung war bei der Diskussion im Bauausschuss auch der Knackpunkt. Nach eingehender Beratung beschloss das Gremium, dass der Planer prüfen soll, wo und wie die Fläche der ausgewiesenen Bauflächen um bis zu 4,3 Hektar reduziert werden könnte, wie es die Fraktion der SPD/BB/GAL vorgeschlagen hatte.

Diese Aufgabe erledigte Michael Öchsner vom Würzburger Ingenieurbüro Auktor; in der Sitzung präsentierte er das Ergebnis der Flächenüberprüfung. In den Bereichen Scheckert, des Sportgeländes, Elli-Nord und westlich der Sonnenstraße könnte man die Flächen auf 5,07 Hektar reduzieren.

Trotzdem konnte sich der Gemeinderat nicht auf ein „Abspecken“ der Flächen einigen. Die im FNP aufgezeichneten Flächen stellten keinen Bebauungsplan dar – dieser unterliege strengen gesetzlichen Regeln, sagte Ralf Geisler (CSU/FZB). Der FNP sei ein Instrument, um die Entwicklung Zells zum Wohl aller zu steuern. Er sah deshalb keinen Grund für eine Reduzierung der Flächen.

Die Fraktion der SPD/BB/GAL hingegen sprach sich „uneingeschränkt“ für die Vorschläge des Ingenieurbüros aus. Seine Fraktion könne den von der Verwaltung angesetzten „enormen Flächenbedarf“ nicht erkennen – weder in naher noch in absehbarer ferner Zukunft, sagte Tobias Lahl. In der Erklärung heißt es, dass die demografische Entwicklung als Argument für einen solchen Flächenverbrauch nicht greife.

Lahl warnte auch davor, dass ein derartiger Flächennutzungsplan Fördermittel für die Altortsanierung gefährden könnte, da die Gemeinde dadurch zeige, dass der Schwerpunkt der Ortsentwicklung nicht im Schaffen von qualitativ hochwertigem Wohnraum im Altort liege. Laut Lahl sind Bemühungen im Vorfeld, sich auf einen Kompromiss zu einigen, von den Fraktionsmitgliedern der CSU/FZB mit dem Hinweis auf die Mehrheitsverhältnisse abgelehnt worden.

Weil zwei Räte und die Bürgermeisterin an den vorhergehenden Beratungen mitgewirkt haben, stellt sich die Frage, ob diese Beschlüsse wirksam sind. Dazu Harald Piecha, Leiter der Kommunalaufsicht im Landratsamt Würzburg, auf Anfrage der Redaktion: „Wenn ein Gemeinderatsmitglied, das wegen persönlicher Beteiligung gemäß Art. 49 GO auszuschließen ist, an der Beratung und Beschlussfassung mitgewirkt hat, so ist der Beschluss nur dann ungültig, wenn seine Mitwirkung für das Abstimmungsergebnis entscheidend war (Art. 49 Abs. 4 GO).“ Nach seiner Information sei das bei den angesprochenen Beschlüssen nicht der Fall gewesen. Konkret könne hierzu aber nur die Gemeinde Zell Auskunft geben.

Wertsteigerung

Laut Gemeinderat Bernd Spengler, der nicht an der Sitzung teilnehmen konnte, wird die Fraktion der SPD/BB/GAL prüfen, wie die Abstimmungsergebnisse der Vorbeschlüsse waren und ob diese Vorbeschlüsse auch gültig wären „wenn die Redebeiträge solcher Mitglieder die Meinungsbildung beeinflussen konnten, ohne dass eigene Interessen offenbart wurden“. Denn deren Grundstücke dürften durch den Beschluss eine nicht „unerhebliche Wertsteigerung“ erfahren, so Spengler weiter.

 
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