Eine Fügung? Wenn die Corona-Lockerungen in Bayern genau an dem Tag in Kraft treten, wenn in Würzburg ein Musikfestival startet: Beim Umsonst und Draussen auf den Mainwiesen ist in diesem Jahr zwar alles deutlich kleiner als vor der Pandemie, beim Auftakt an diesem Donnerstag war die Stimmung aber nicht nur wegen des schönen Spätsommerwetters bei allen Beteiligten ausgezeichnet.
Als Frontfrau Alice Gierke mit ihrer Alternative Metal-Band "Stop Inside" vor zwei Wochen beim Rockfestival in Hiltpoltstein zum letzten Mal auf der Bühne stand, hatten die Menschen im Publikum zwar von ihren Biertischgarnituren aufstehen dürfen. Doch sie mussten dabei mindestens mit einer Hand den Tisch berühren. Corona-Vorschriften. Auf der Umsonst-und-Draussen-Wiese in Würzburg war das am Donnerstag ganz anders: Zwar waren auch Biertische aufgebaut, davor war aber viel Platz für Picknickdecken und mehr: "Es war ein Glücksfall, dass die Leute vor die Bühne kommen und tanzen konnten. Das war richtig toll", erzählte Gierke hinterher.
Mehrere Hundert Stühle wenig - für neue Freiheit ohne Sitzplatz-Zwang
Möglich gemacht wurde die Rückkehr zu einem Stück Festival-Normalität durch die neuen bayerischen Regeln für Veranstaltungen unter freiem Himmel: Keine Maskenpflicht und keine festen Sitzplätze für vollständig geimpfte, genesene oder aktuell getestete Besucherinnen und Besucher mit personalisiertem Ticket. Erste Amtshandlung der Veranstalter unmittelbar nach der Pressekonferenz von Ministerpräsident Markus Söder (CSU) am vergangenen Dienstag: Mehrere hundert Stühle verschwanden vom Gelände in den Backstage-Bereich. "Das war für uns der Bringer. Ich hoffe, dass es auch für die Leute ein Bringer ist", sagte Hartmut Emser vom U+D-Verein.
Voll wurde das Gelände am ersten Nachmittag zwar noch nicht, das war beim U+D-Auftakt aber auch vor Corona nicht der Fall. Als "Stop Inside" um kurz nach 15 Uhr auf die Bühne kam, saßen immerhin rund 300 gut gelaunte Menschen auf Bierbänken und Decken oder standen vor der Bühne.
Zu den ersten Besucherinnen gehörten Caro aus Würzburg und ihre Freundin Hannah aus Fürth – sie hatten es sich schon kurz nach dem Einlass um 14 Uhr unter einem Baum auf einer Decke gemütlich gemacht und das erste kühle Getränk geöffnet. "Wir wollten alles mitnehmen und die Sonne genießen. Deswegen sind wir so früh hier", sagte Caro. Die beiden Frauen wären auch zu den ursprünglich geplanten Sitzplatzkonzerten gekommen, "aber so ist es einfach eine komplett andere Stimmung. Ein Konzert mit Stühlen passt beim U+D einfach nicht."
Auf dem weitläufigen Gelände war es auch ohne fest zugeteilte Plätze kein Problem, Abstand zu halten. "Man kann selbst darauf achten, wie man das für sich regelt. Ich vertraue auch den anderen Leuten", betonte Hannah: "Es tut gut, draußen zu sein, Musik zu hören und ein bisschen Normalität zu haben."
Die gute Laune des Publikums sprang auch auf die Verantwortlichen über: "Es stehen Menschen vor der Bühne und tanzen, und das alles auch noch corona-konform. Wenn wir an allen vier Tagen so schönes Wetter haben, dann wird das verdammt cool", freute sich U+D-Chef Ralf Duggen.
An zwei Tagen schon so gut wie ausgebucht: bis zu 2000 Menschen werden dann kommen
Auch Festival-Sprecher Tilman Hampl hatte ein breites Lächeln im Gesicht. Er ist gespannt, wie sich das Festivalgelände an den bereits so gut wie komplett ausgebuchten kommenden beiden Tagen mit bis zu 2000 Menschen präsentieren wird: "Natürlich fühlen wir uns auch ein bisschen wie ein Versuchsfestival mit der neuen Regelung." Am Sonntagabend werden die Veranstalter wissen, ob es ein gelungener Test geworden ist.