Die Corona-Krise hat Bayerns Apotheken nicht verschont: Apotheker im Freistaat rechnen im Schnitt mit einem Umsatzrückgang von rund 30 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Dies berichtet der Sprecher des bayerischen Apothekerverbands, Thomas Metz. Obwohl niedergelassene Apotheken im Vergleich zu vielen anderen Geschäften auch in Zeiten des Lockdowns öffnen durften, zählen sie Metz zufolge doch mitnichten zu den Gewinnern der Krise. Es wäre grob falsch zu behaupten, dass in der Corona-Krise die Menschen die Apotheken gestürmt hätten und die Apotheken deshalb das Geschäft ihres Lebens gemacht hätten, sagt Metz.
Aber waren die Apotheken denn nicht voll? "Ja, wir hatten dauernd zu tun, gerade im März und April. Wir hatten Tage, da konnten wir uns vor Anfragen nicht retten. Da riefen ständig Leute an – weil sie Masken haben wollten. Aber mit Masken verdient man kein Geld", sagt Apotheker Heiko Zimny, der in Stadtlauringen (Lkr. Schweinfurt) die Rückert-Apotheke führt.
Apotheken-Umsatz wird zu 80 Prozent mit rezeptpflichtigen Medikamenten gemacht
Metz zufolge verdienen Bayerns Apotheker ihr Geld zu 80 Prozent mit rezeptpflichtigen und zu 20 Prozent mit rezeptfreien Arzneimitteln; die Umsatzrückgänge trafen beide Bereiche. Dass im Frühjahr weniger rezeptpflichtige Medikamente über den Apotheken-Tresen gingen, liegt Stephan Schmitt, Inhaber der Haßfurter Löwen-Apotheke, zufolge daran, dass die Menschen gerade im März und April weniger zum Arzt gegangen seien.
"Im Februar, als die Krise sich abzeichnete, haben die Menschen sich bevorratet, sich beispielsweise ihre Blutdrucksenker nochmal verschreiben lassen", sagt Schmitt. Mit Beginn des Lockdowns hätten viele und gerade ältere Patienten ihre Arztbesuche aus Angst vor Ansteckung dann eingestellt. Zum Teil hätten ja auch die Ärzte selbst dicht gemacht oder ihre Sprechstundenzeiten eingeschränkt, so Schmitt.
Gestiegenes Hygiene-Bewusstsein führt zu Rückgang von Erkältungen
Was rezeptfreie Arzneimittel betrifft, so bestätigen Heiko Zimny aus Stadtlauringen, Stephan Schmitt aus Haßfurt und Wolfgang Schiedermair aus Würzburg "leichte bis sehr deutliche Umsatzrückgänge“. Insbesondere Mittel gegen Erkältungskrankheiten – mit denen man, anders als mit Masken, durchaus Umsätze machen könne – seien viel weniger verkauft worden. Offenbar habe die Corona-Isolation samt dem gestiegenen Hygiene-Bewusstsein der Bürger – "bitte Händewaschen!" – zu einem Rückgang von Erkältungen und Sommergrippen geführt, heißt es.
Auch Mittel gegen Durchfall-Erkrankungen seien viel weniger nachgefragt worden; desgleichen Mittel gegen Sportverletzungen wie Zerrungen. "Klar, die Fitnesscenter waren zu“, heißt es lakonisch. Und weil die Bürger ihre Auslandsreisen größtenteils abgesagt hätten, sei auch der Vorratskauf für die Reiseapotheke ausgeblieben.
Große Umsatzrückgänge in City-Apotheken, Apotheken in Einkaufscentern und Bahnhofsnähe
Während die befragten Apotheker das Einkaufsverhalten der Kunden in der Krise sehr deckungsgleich beschreiben, haben sie in Bezug auf Umsatzeinbußen doch sehr unterschiedliche Geschichten zu erzählen. "Wie groß der Umsatzrückgang ist, ist extrem stark standortabhängig", sagt der Inhaber der Würzburger Glocken-Apotheke, Wolfgang Schiedermair.
Apotheken in reinen Wohngebieten und Landapotheken hätten während des Lockdowns weniger Kunden verloren als Apotheken in Citylagen; überdurchschnittlich stark getroffen habe die Krise Apotheker in Einkaufscentern, in Galerien oder in Bahnhofsnähe. So wie Schiedermair: "Wir haben einen Umsatzrückgang von bestimmt 50 Prozent", sagt er. Seine Apotheke in der Würzburger Kaiserstraße lebe nicht von den Anwohnern, sondern von Berufstätigen, von Pendlern, von Leuten auf Shopping-Tour. Von Laufkundschaft eben. Und die sei mit Corona ausgeblieben.
Seit Juni läuft das Geschäft wieder
Glücklicherweise, sagt Schiedermair, habe er zu Beginn der Krise ordentliche Vorräte an Masken und Desinfektionsmitteln gehabt und habe auch selbst sehr früh mit der Herstellung von Desinfektionsmittel in seinem Labor begonnen. "Sonst wären meine Verluste noch größer ausgefallen."
Schiedermair zufolge sind die Kunden im Mai vereinzelt wieder in seine Apotheke gekommen; seit Juni läuft das Geschäft wieder. Doch die Verluste vom ersten Halbjahr wird der Apotheker nicht aufholen können, zumal er befürchtet, dass ein gewisser Teil der Kundschaft auf die Versorgung durch Online-Apotheken umgestiegen ist.
Schiedermairs Strategie, um eine eventuelle zweite Corona-Welle zu überstehen: "Extrem flexibel reagieren, in die Beschaffung von Medikamenten Zeit investieren und alles, was möglich ist, angesichts von Lieferschwierigkeiten selbst im Labor produzieren."