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VEITSHÖCHHEIM/OBERVIECHTACH
Übung: Bundeswehr schickt Panzer nach Litauen
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Benjamin Stahl
 |  aktualisiert: 07.04.2020 11:05 Uhr

Es ist die größte Truppenverlegung der Nato Richtung Osten seit Ende des Kalten Krieges. Jeweils rund 1000 Soldaten werden nach Litauen, Estland, Lettland und Polen geschickt – zu einer „Übung“, wie es heißt. Der Hintergrund der Mission „Enhanced Forward Presence“ (von deutschen Militärs oft umständlich mit „verstärkter Vornepräsenz“ übersetzt) ist aber ein ernster: Seit der Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim fühlen sich die baltischen Staaten und Polen durch Russland bedroht. In Litauen wird die Nato-Truppe von der Bundeswehr angeführt, genauer von der 10. Panzerdivision und deren Divisionsstab in Veitshöchheim (Lkr. Würzburg).

„Wir wollen glaubhaft demonstrieren, dass wir fähig und willens sind, das Nato-Gebiet zu verteidigen.“

Bernd Schütt, Generalmajor in Veitshöchheim

Am Donnerstag wurden die ersten deutschen Soldaten mit einem militärischen Appell verabschiedet. Nicht in Veitshöchheim, sondern im oberpfälzischen Oberviechtach (Lkr. Schwandorf), dem Standort des Panzergrenadierbataillons 122. Der zur 10. Panzerdivision gehörende Verband wird mit rund 300 Soldaten den Kern des Gefechtsverbands in Litauen stellen.

Insgesamt sollen bis zu 600 deutsche Soldaten in der Ex-Sowjetrepublik stationiert werden. Hinzu kommen Truppen aus den Niederlanden, Norwegen und Belgien. Aus Veitshöchheim selbst werden nur vereinzelt Soldaten nach Litauen geschickt, hieß es aus der Balthasar-Neumann-Kaserne.

20 „Marder“ nach Litauen

Bis Ende Februar soll die Kerntruppe komplett sein. Ein Vorauskommando wird am 23. Januar in Litauen erwartet. Ihr Ziel ist eine Kaserne in Rukla – eine 2000-Seelen-Gemeinde, 100 Kilometer von der russischen Enklave Kaliningrad entfernt. Verlegt werden auch rund 200 Fahrzeuge, die mit Zügen über Polen nach Litauen gebracht werden. Darunter 20 „Marder“-Schützenpanzer sowie mehrere „Leopard2“-Kampfpanzer und Transportpanzer vom Typ „Fuchs“. „Insgesamt wird es fünf Termine für die Verladung der Fahrzeuge geben“, wie ein Sprecher der Bundeswehr in Veitshöchheim der Redaktion erklärte.

Während in Litauen Deutschland die Mission anführt, sind die USA in Polen die sogenannte Rahmennation, in Lettland Kanada und in Estland Großbritannien. Dass die Nato mit „Enhanced Forward Presence“ ein klares Ziel verfolgt, daraus machen Militärs keinen Hehl. Russland abschrecken: Auch wenn Bernd Schütt, Kommandeur der 10. Panzerdivision, auf den Dialog mit Moskau setzt, erklärte er vergangene Woche am Rande des Neujahrsempfangs der Bundeswehr in Veitshöchheim, man wolle „auf den schlimmsten Fall“ vorbereitet sein. „Wir wollen glaubhaft demonstrieren, dass wir fähig und willens sind, das Nato-Gebiet zu verteidigen“, so der Generalmajor.

Mittelstreckenraketen an russischer Westgrenze

Dabei dürften bei einem tatsächlichen Einmarsch russischer Streitkräfte ins Baltikum die 4000 zusätzlichen Soldaten nicht ausreichen, um das Bündnisgebiet zu verteidigen. Das weiß auch Schütt und verweist auf die russischen Kräfte auf der anderen Seite der Grenze. Moskau hatte bereits im vergangenen Jahr angekündigt, zwei neue Divisionen an seiner Westgrenze aufzustellen.

Generalmajor Bernd Schütt blickte beim Neujahrsempfang der Bundeswehr in Veitshöchheim in die Zukunft.
Foto: Thomas Obermeier | Generalmajor Bernd Schütt blickte beim Neujahrsempfang der Bundeswehr in Veitshöchheim in die Zukunft.

Die Rede war von 10 000 Soldaten. Hochrangige Nato-Militärs rechnen zudem mit der Stationierung russischer „Iskander“-Mittelstreckenraketen in Kaliningrad. Mit diesen Geschossen könnten die russischen Streitkräfte Ziele in ganz Polen erreichen und sogar Berlin treffen.

„Zunehmenden Orientierung in Richtung Landes- und Bündnisverteidigung“

Unterdessen steht für Schütt und 4200 Soldaten seiner Division nicht nur wegen der Mission in Litauen ein arbeitsreiches Jahr bevor. War 2016 noch die 1. Panzerdivision in Oldenburg für die Auslandseinsätze des Heeres verantwortlich, sind 2017 wieder die Veitshöchheimer die Leitdivision – von Afghanistan über Kosovo bis hin zu Mali und dem Irak.

Und dieser Wechsel wird abgeschafft: „Aufgrund der zunehmenden Orientierung in Richtung Landes- und Bündnisverteidigung bei einer gleichzeitig wachsenden Zahl von Einsatzgebieten“, erklärte Schütt den Gästen beim Neujahrsempfang, sei der jährliche Wechsel nicht mehr zu halten. Stattdessen sollen die Einsatzgebiete zwischen den beiden Divisionen aufgeteilt werden. Veitshöchheim soll dann zunächst für drei Jahre durchgängig für die Einsätze auf dem Balkan, in Afrika und im Baltikum verantwortlich sein.

Statt wie bisher rund 4200 Soldaten im jährlichen Wechsel in den Einsatz zu bringen, muss die Division dann ständig 2000 Soldaten aus ihren insgesamt 21 Standorten im süddeutschen Raum auf Einsätze vorbereiten und entsenden.

 
 
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