Viele kennen ihn als TV-Arzt Dr. Lang aus der ZDF-Serie „Dr. Klein“ oder aus dem „Baader Meinhof Komplex“: Der Berliner Simon Licht (51) zählt zu den meistengagierten Schauspielern im deutschen Fernsehen. In den 80er Jahren war er Mitglied der Jugendnationalmannschaft der Säbelfechter. Aus dieser Zeit ist er mit dem Würzburger Marketing-Fachmann Dieter Schneider, Olympiafechter 1984 und 1988, befreundet. Gemeinsam wollen die beiden mit einem Benefiz-Motorradtreffen in Würzburg, dem 1. Fellows Ride am 13. Mai, über Depressionshilfe und Suizidprävention aufklären und Spenden dafür sammeln. Simon Licht hat ganz persönliche Erfahrungen mit dem Thema – und spricht seit kurzem offen darüber.
Herr Licht, Sie litten vor zehn Jahren an einer Angststörung, sind heute geheilt und es geht Ihnen gut. Warum gehen Sie ausgerechnet jetzt damit an die Öffentlichkeit?
Simon Licht: Weil mich ein sehr guter Freund, Dieter Schneider aus Würzburg, darum gebeten hat. Er hat seinen Sohn durch Suizid verloren und will die Aufklärung über Depression forcieren. Leider braucht es dazu einen Prominenten, sonst schauen die Leute nicht hin. Ich habe diese Erfahrung auch schon beim SOS-Kinderdorf gemacht, wo ich mich engagiert habe.
Sie wurden also als Promi angefragt und nicht wegen der eigenen Depressionserfahrung?
Licht: Für mich ist mein Engagement in der Depressionshilfe und Suizidprävention der Anlass, einen ersten Schritt zu machen und offen über meine eigenen Erfahrungen zu reden. Das ist der beste Weg, um Aufklärung zu betreiben. Und so habe ich mit „Freunde fürs Leben“, einer sehr engagierten Plattform für Depressionshilfe, gemeinsam erste Posts für FB und Instagram gemacht. Die Überschrift war „#rede darüber“. Ja, ich hatte vor zehn Jahren eine Panikstörung mit einer leichten bis mittelschweren Depression – beides geht meistens einher.
Ist Ihnen der Schritt an die Öffentlichkeit schwergefallen?
Licht: Mir geht es heute hervorragend. Ich hatte grundsätzlich gar kein Bedürfnis, über die Erkrankung zu reden. Jetzt tue ich es bewusst und tue es gerne, weil ich damit meine Expertise einbringen kann und klar mache: Man kann problemlos darüber sprechen. Meine Geschichte sollte aber richtig eingeordnet werden. Ich kenne das Thema, habe aber nicht ansatzweise nicht so sehr darunter gelitten wie Menschen, die ernsthaft von Depressionen betroffen oder gar suizidgefährdet sind.
Als die Depression kam – was war das für ein Gefühl?
Licht: Das war furchtbar. Ich habe die Panikattacken auf der Bühne bekommen, fühlte mich in einer ausweglosen Angstsituation. Der Zustand der Erstarrung dauert ein paar Minuten, man fällt in ein schwarzes Loch.
Wie hat das Publikum reagiert?
Licht: Die Leute haben das gar nicht gemerkt, haben noch die Stille und Konzentration bewundert. Meine Partnerin auf der Bühne fragte mich in der Pause, was los war. Ich hatte praktisch das erste Drittel des ersten Aktes übersprungen, weil ich völlig neben mir stand. Von diesem Tag an hatte ich regelmäßig große Angstzustände, schon auf dem Weg zur Abendvorstellung. Diese Ängste haben dann zu einer leichten Depression geführt. Aber ich hatte keine Wahl: Ich musste immer wieder auf die Bühne und mich der Angst stellen. Das war der blanke Horror, 54-mal. Aber sonst hätte ich mich daheim zurückgezogen und wäre vielleicht vereinsamt.
Wie haben Sie die Kurve gekriegt?
Licht: Ich war in einer großen Filmproduktion und habe mich dem Produktionsleiter geöffnet. Er kannte sich damit aus und hat mich zu einem befreundeten Hausarzt geschickt. Über drei Ecken bin ich zu einem sehr profunden Psychotherapeuten gekommen. Das war ein Glücksfall. Dort habe ich eine Therapie begonnen, mindestens einmal die Woche, und wurde auch mit Medikamenten eingestellt – bei mir noch schwach dosiert. Nach drei Jahren war das Thema für mich erledigt.
Hatte die Erkrankung dauerhafte Folgen?
Licht: Eine solche Erfahrung verändert dich. Es ist wie nach einem Schockerlebnis. Wenn der Körper normale Reaktionen zeigt wie Aufregung oder auch mal Angst, hat man sofort Bammel, dass die Attacken zurückkehren. Man muss lernen, nicht permanent mit der Erkrankung von damals abzugleichen.
Können Sie am Ende gar etwas Positives in der Erkrankung sehen?
Licht: Sie hat sicherlich mein Bewusstsein ein Stück erweitert, hat mich sensibler und achtsamer für mich und meine Umwelt gemacht.
Kann man positives Denken beeinflussen?
Licht: Mit der Steuerung der eigenen Gedanken habe ich mich bis heute sehr beschäftigt. Die Neurolinguistische Programmierung (NLP) war für mich neben der Psychotherapie und den Medikamenten ganz wichtig. Man kann seine Gedanken so steuern, dass man aus alten Mustern herauskommt.
Wie schwer fällt es Ihnen, so darüber zu reden?
Licht: Das ist ein Prozess. Ich lerne mit jedem Gespräch dazu, um das Erlebte richtig zu formulieren und in seiner Normalität darzustellen. Man fragt sich natürlich: Was kann ich wie erzählen...? Oder hole ich damit auch die negativen Gedanken wieder hoch? Aber nein, es kommt nichts. Und das ist ein schönes Gefühl.
Wie wichtig sind Freunde und nahe Angehörige in so einer Phase?
Licht: Wahnsinnig wichtig. Bei mir auch die Erfahrung, dass ich beim Arbeitgeber darüber sprechen konnte. Das ist aber keine Matrix für jeden. Man sollte vorher mit Ärzten und Freunden bereden, wen man einbezieht. Was glauben Sie, wie viele Kollegen in meinem Fall auf mich zugekommen sind und von ähnlichen Erfahrungen berichtet haben... Unser Beruf ist prädestiniert dafür, weil Innen- und Außenwahrnehmung weit auseinanderliegen.
Welche Botschaft ist Ihnen zum Thema Depression besonders wichtig?
Licht: Dass sie jeden treffen kann. Statistisch gesehen hat jeder zweite Deutsche einmal im Leben mit Depression zu tun, als Betroffener oder Angehöriger. Depression kann auch genetisch veranlagt sein und wird dann zu einem bestimmten Zeitpunkt und durch gewisse Faktoren ausgelöst.