Das Gesundheitsamt Würzburg verzichtet auf Rechtsmittel gegen einen "Beschluss" des Verwaltungsgerichts: Ein Zwölfjähriger, der das Röntgen-Gymnasium in Würzburg besucht, hatte per Eilantrag erreicht, nicht in Quarantäne zu müssen. Seine Klassenkameraden bleiben hingegen in häuslicher Isolation.
Die Richter hätten eine "Einzelfallentscheidung" getroffen, sagt Dagmar Hofmann, die Sprecherin des Gesundheitsamts auf Nachfrage. Die Quarantäne-Anordnung für die übrigen Schüler bleibe deshalb bestehen. Dies gelte insbesondere, nachdem in der betroffenen siebten Jahrgangsstufe zwei weitere Schüler positiv auf Corona getestet wurden, "bei denen keine außerschulischen Infektionsquellen ermittelbar waren". Insgesamt sind aktuell 90 der 100 Siebtklässler am Röntgen-Gymnasium in Quarantäne, bestätigt Schulleiter Klauspeter Schmidt. Sie werden derweil online unterrichtet.
Die Würzburger Verwaltungsrichter hatten entschieden, statt pauschal alle Mädchen und Jungen der Klasse, in der ein Mitschüler positiv getestet wurde, zu Kontaktpersonen der Kategorie 1 zu erklären und in Quarantäne zu schicken, hätte das Gesundheitsamt für jeden Fall eine "eigenständige Ermessensentscheidung" treffen müssen. Der Zwölfjährige habe glaubhaft nachweisen können, dass er in seinem Klassenzimmer zum einen die Abstandsregeln eingehalten hat. Zum anderen würden die Klassenzimmer im Röntgen-Gymnasium konsequent alle 20 Minuten quergelüftet, so dass eine hohe Konzentration infektiöser Aerosole dauerhaft verhindert werde.
Vater vertrat den Schüler vor Gericht
Der Vater des Schülers, ein Rechtsanwalt, der seinen Sohn vor Gericht vertrat, sagt, er sei weit davon entfernt, die Gefahren durch das Coronavirus zu relativieren oder gar zu leugnen. Das Gesundheitsamt müsse sich aber, genauso wie jeder Bürger, an "Spielregeln" halten, sonst gehe Vertrauen in den Staat verloren. Dazu gehört für den Anwalt, sich an die Leitlinien des Robert Koch-Instituts zu halten. Diese beinhalteten die Möglichkeit, nicht automatisch alle Mitschüler eines Corona-Infizierten in Quarantäne zu schicken, sondern sich jeden Einzelfall genau anzuschauen, also auch die konkrete Situation in der Schule. In vielen Bundesländern werde so verfahren.
Dieses genaue Hinsehen erwartet sich der Jurist vom Gesundheitsamt in Würzburg. Sonst gefährde man die Akzeptanz für die Maßnahmen und spiele womöglich noch den sogenannten Querdenkern in die Hände. Der Anwalt bringt noch einen weiteren Aspekt ins Spiel: Wenn im Fall eines positiv getesteten Jugendlichen prinzipiell die ganze Klasse in Isolation müsse, bestehe für Schüler und Lehrer kein Anreiz, sich konsequent um Hygiene-Konzepte zu bemühen. Das Röntgen-Gymnasium leiste hier Vorbildliches: Unter anderem erklinge zur Mitte einer jeden Schulstunde ein besonderer Schul-Gong, der zum Öffnen von Fenstern und Türen in den Klassenzimmern aufruft, so dass diese gut durchgelüftet werden.
Schulleiter Klauspeter Schmidt hat denn auch mit dem juristischen Vorgehen des Schüler-Vaters kein Problem. Im Gegenteil: "Die Richter haben die Qualität unseres Hygienekonzepts bestätigt", sagt er. Regelmäßig überprüfe ein Kollege die Aerosol-Konzentration in den historischen, bis zu drei Meter hohen Schulräumen. "Und auch die Schüler machen mit und achten drauf, dass auch wirklich quergelüftet wird." Die Frage, ob es wirklich notwendig ist, im Falle von Infektionen immer gleich die ganze Klasse in Quarantäne zu schicken, möchte Schmidt nicht beantworten. "Das müssen die Mediziner entscheiden."
Gesundheitsamt: Vorwurf ist nachvollziehbar
Fragt man beim Gesundheitsamt nach, ob die Entscheidung, im Falle von infizierten Schülern immer pauschal die gesamte Klasse in Quarantäne zu schicken, nicht die Bemühungen von Lehrern und Schülern um gute Hygiene- und Lüftungskonzepte konterkariere, heißt es als Antwort lapidar: "Der Vorwurf ist für das Gesundheitsamt nachvollziehbar." Allerdings müsse man bei Quarantäne-Anordnungen neben den Empfehlungen des Robert Koch-Instituts auch die Vorgaben der bayerischen Staatsministerien für Gesundheit sowie für Unterricht und Kultus berücksichtigen.
Bis zu welcher Konzentration kann man denn ein Infektionsrisiko für die Schüler ausschließen?
Das grenzt doch an Regentanz!?
Da können die Richter die Qualität des Hygienekonzepts so oft bestätigen, wie sie wollen (was die so alles können … 😉).
Wenn Schüler in Klassenstärke in einem Raum zusammensitzen, dann ist es nicht die Frage ob, sondern nur wie häufig es zu einer Übertragung kommt. Daran ändert das Zählen der Aerosol-Partikel nichts, die Masken ändern nichts und die offenen Fenster ändern nichts. Es kann und wird zu Übertragungen kommen.
Die einzige ursächliche und nachhaltige Möglichkeit, diese staatlich verordnete Gesundheitsgefährdung für die Schüler und ihre Angehörigen zu beenden, wäre die Abkehr vom Präsenzunterricht.
Aber die Eltern heulen sofort reflexartig auf, die Politiker haben die Hosen voll und die Schulen haben es schlicht verpennt...
Es ist also kein theoretisches, sondern sehr reales Infektionsrisiko – trotz Einhaltung aller Hygienevorgaben.
Und der Herr Anwalt fordert von den Gesundheitsämtern, „sich jeden Einzelfall genau anzuschauen“.
Bei bis zu 23.000 neuen Infektionen PRO TAG! Wie viele Kontaktpersonen kommen da wohl zusammen, die man sich PRO TAG(!) ansehen muss?
Sorry, aber hier erfüllt jemand das Klischee vom vollkommen weltfremden Juristen, der sich in seinem akademischen Elfenbeinturm einschließt.
Nach Ludwig Thoma: „Er war ein guter Jurist und auch sonst von mäßigem Verstand“.
Kein Verständnis. Überhaupt gar kein Verständnis. Für den Vater/Anwalt nicht, aber auch nicht für die Entscheidung des Gerichts.
Aber über überlastete Gerichte jammern ... was für ein grober Unfug!