
Seit fünf Jahren ist Pädagoge Reinhard Frankl aus Aschaffenburg pensioniert. Frankl, der viele Jahre lang im Kreis Main-Spessart als Grund- und Hauptschullehrer tätig war, musste 2015 krankheitsbedingt aus dem Beruf ausscheiden. "Atemwegserkrankung“, sagt Frankl. "Ich bin zu 100 Prozent schwerbehindert.“ Umso erstaunter war der pensionierte Lehrer, als ihn Mitte April mitten in der Corona-Krise ein Brief des bayerischen Kultusministeriums erreichte.
In dem Schreiben wird er "als erfahrene Lehrkraft im Ruhestand“ gebeten, über "eine vorübergehende Rückkehr in den Schuldienst“ nachzudenken, um "bei der Sicherung der Unterrichtsversorgung mitzuwirken“. Vielleicht könne er sich ja vorstellen, für einige Unterrichtsstunden in den Schulalltag zurückzukehren, heißt es in dem Brief. Denn jede Stunde, die von Rückkehrern wie ihm gehalten werde, sei von großem Wert.
Ex-Lehrer findet es falsch, dass Pensionäre es "in der Krise richten sollen"
"Diesen Brief empfinde ich als zynisch“, sagt der 66-jährige Frankl, der zur Corona-Hochrisikogruppe gehört. Natürlich sei der Brief nicht nur an ihn, sondern an alle Lehrer im Ruhestand geschickt worden. Dass dabei nicht auf die individuelle Gefährdungslage jedes einzelnen Adressaten eingegangen werden könne, sei klar. Dennoch, so Frankl: "Der Brief ist doch ein Offenbarungseid des Kultusministeriums.“
Er zeige die verfehlte Lehrer-Einstellungspolitik des Ministeriums, das entgegen langjährigen Forderungen von Lehrerverbänden und Gewerkschaften den Lehrerbedarf grundsätzlich auf Kante nähe: "Jahrelang werden junge Kollegen nicht übernommen. Und in der Krise sollen es dann grade die besonders gefährdeten Pensionäre richten!“, so Frankl. "Das ist zynisch!“

Kultusministerium betont Freiwilligkeit des Angebots
Den Vorwurf des Zynismus versteht man im Kultusministerium nicht. Sprecher Zoran Gojic sagt, man wolle per Brief schlicht die Zahl der Pensionäre eruieren, die ab September zur Übernahme einiger Unterrichtsstunden bereit seien. Es handele sich um ein freiwilliges Angebot an ehemalige Lehrkräfte, die "sich für ihre Schüler noch engagieren und etwas hinzuverdienen wollen“. Auf den Einwand, ob es denn Sinn mache, Pensionäre zu rekrutieren, die in der Corona-Zeit allein schon aufgrund ihres Alters besonders gefährdet sind, sagt Gojic: "Die Pensionäre werden keiner Gefahr ausgesetzt.“ Es gehe um Unterricht ab September, da könne derzeit keiner vorhersagen, ob Corona dann noch Thema sei. Ein Einsatz erfolge "unter Berücksichtigung des Infektionsschutzes.“
Im Januar Vorruhestandsregelungen verschärft
Nach wie vor fehlten im Grund- und Hauptschulbereich in Bayern rund 1400 Lehrer, bestätigt Gojic. Daran habe sich seit dem „Piazolo-Paket“ vom Januar nichts geändert. Zur Sicherung der Unterrichtsversorgung hatte Bayerns Kultusminister Michael Piazolo (Freie Wähler) im Januar unter anderem eine Stunde Mehrarbeit für Bayerns Grundschullehrer verfügt sowie Vorruhestandsregelungen verschärft. Dagegen waren im Winter viele Lehrer Sturm gelaufen.
GEW: Lieber Junglehrer mit schlechteren Noten einstellen
"Wir müssen Strategien gegen den Lehrermangel finden; das ist nur zu wahr“, sagt Anton Salzbrunn, Landesvorsitzender der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW). Jetzt Briefe an Pensionäre, die altersbedingt stark gefährdet seien, an Corona zu erkranken, sieht Salzbrunn aber nicht als zielführend an. Salzbrunn schlägt stattdessen vor, alle Junglehrer mit zweitem Staatsexamen einzustellen, auch jene mit einem Schnitt unter 3,5, die bislang chancenlos waren. Der bayerische GEW-Vorsitzende hält übergangsweise auch den Einsatz von Quereinsteigern für gut und fordert einen "runden Tisch" von Ministerium und Praktikern.
Was ich auch nicht begreife, dass Lehrer aus Risikogruppen Zuhause bleiben dürfen. Aber Erzieher aus Risikogruppen nicht unbedingt.
Das ist nicht gerecht.
wenn alle immer nur danach gucken, "was das kostet".
Genug Lehrer/innen einzustellen.
Genügend medizinisches Notfallmaterial und Krankenhausplätze vorzuhalten.
usw.
Ich wage darüber hinaus die Prognose, das wird alles nur ein laues Lüftchen sein gegen das was auf "uns" zukommt, wenn sich zunehmend herausstellt, dass bei unseren ganzen "Rechnungen" die Lebensgrundlagenverbrauchskosten ungenügend bis gar nicht berücksichtigt wurden (denn die gab es ja bis dato "geschenkt")...
Wenn die Menschheit das überleben sollte, wäre ich gespannt auf die postmonetäre Welt, wo man kapiert haben müsste, dass der Versuch, alles in Geld zu bewerten, zwangsläufig in die Hose geht, wenn man die Rechnung ohne den Wirt macht, und deshalb lieber auf zeitlose Werte setzt... ja OK, schon wieder "plagen" mich Visionen...
zu bewerten ist meiner Meinung nach schon immer etwas zweifelhaft.
Unser Ärztemangel beruht z. B. auf einem aberwitzigen NC, dabei kenne ich einige Menschen, die vermutlich sehr gute Ärzte geworden wären, wenn sie es denn hätten studieren dürfen.
Auch bei Lehrern sagt der Notendurchschnitt nur begrenzt etwas über die Befähigung Kinder gut zu unterrichten.
aber anscheinend hat man ja bei den Pensionist/innen auch nicht großartig nach den Studiennoten gefragt oder gar nach der Qualität ihres "Lebenswerks"...
der derzeitige Kultusminister kann für die " alte " Missere " - in den zurückliegen-
den Jahrzehnten - viel zu Viele wegen eines oft nur knapp verpassten Notenschlüs-
sels > weggeschickt < zu haben Nichts !! Aber ändern tut er dagegen aktuell auch nichts.
Mir ist zB eine ehemalige Studentin bekannt, die darunter massiv litt. Sie stammte aus einen " Lehrer-Elternhaus und nahm dadurch das Studium vllt. zu leicht !?
Gereift durch diese Erfahrung nahm sie das Angebot eines " alten Fränkischen Adels-
hauses " an, deren Kinder schulisch zu betreuen. Mit grossen Erfolg. Seit 20 Jahren.
Da staunt so mancher Schulrat...
werden ist meiner Meinung nach aus jedem jährlichen Geburtenregister ablesbar.
Warum ist dann unser Kultusministerium seit Jahrzehnten nicht in der Lage annähernd genug Lehrer auszubilden und einzustellen?
Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass 70jährige Lehrer noch die Nerven haben eine Rasselbande von Erst- oder Zweitklässlern zu unterrichten und noch weniger kann ich mir vorstellen, dass Kinder solche alten Lehrer wollen.
Ich kann mich an meine Volksschulzeit an eine ältere Lehrerin erinnern, die wir zwar nur zwei Stunden in der Woche hatten, aber immer froh waren, wenn diese zwei Stunden wieder vorbei waren und wir zu unser jungen Klassenlehrerin zurück kamen.
Und täglich grüßt das Murmeltier.......... und das schon seit den achtziger Jahren !