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Würzburg
TikTok-Trends und Online-Challenges: Wie Eltern ihre Kinder vor Gefahren und Mutproben im Internet schützen können
Was sind Social-Media-Trends bei Kindern und Jugendlichen? Wann werden sie riskant und was sollten Eltern wissen? Der Würzburger Sozialpädagoge Leander Müller gibt Tipps.
TikTok, Instagram, Snapchat: Welche Social-Media-Trends gibt es gerade bei Kindern und Jugendlichen? Und was sollten Eltern wissen? Ein Würzburger Familienberater hat Antworten.
Foto: Getty Images | TikTok, Instagram, Snapchat: Welche Social-Media-Trends gibt es gerade bei Kindern und Jugendlichen? Und was sollten Eltern wissen? Ein Würzburger Familienberater hat Antworten.
Claudia Kneifel
 |  aktualisiert: 01.07.2023 03:42 Uhr

Kleine Mutproben und Wettbewerbe gehören zu Kindheit und Jugend dazu, immer schon. In der digitalen Welt haben sie allerdings eine neue Dimension erreicht: In den sozialen Netzwerken finden sich harmlose und unterhaltsame, aber auch risikoreiche und teils gefährliche "Challenges". 

So zersägten an Würzburger Schulen vor zwei Jahren Jugendliche für einen TikTok-Trend zahlreiche Stühle und richteten hohen Schaden an. Und auch ein Feuer in der Maria-Ward-Schule in Würzburg im Februar 2022 könnte auf eine "TikTok-Herausforderung" zurückzuführen sein. 

Für Heranwachsende sind Challenges oft faszinierend und verlockend, weiß Leander Müller von der Erziehungs- und Familienberatung des Sozialdienstes katholischer Frauen (SkF) in Würzburg. Im Interview erklärt der Sozialpsychologe, was Eltern über die Social-Media-Trends wissen sollten und  worauf sie achten können, um ihre Kinder vor Gefahren zu schützen.

Was ist eine Social-Media-Challenge?

Leander Müller: Social-Media-Challenges, also "Wettbewerbe", finden in Netzwerken wie TikTok, Instagram oder YouTube statt. Das funktioniert so: Eine Aktion oder Aktivität wird gefilmt und online geteilt. Das kann ein Tanz sein oder eine lustige Challenge, bei der andere Personen zum Lachen gebracht werden. Es gibt auch Wettbewerbe, wer den schönsten Kuchen backt. Die Bandbreite ist riesig groß. Challenges können Spaß machen und sicher sein, aber sie können auch Risiken und Gefahren bergen, was zu körperlichen Schäden führen kann.

Leander Müller ist Sozialpädagoge bei der Erziehungs- und Familienberatung im Sozialdienst katholischer Frauen (SkF) in Würzburg.
Foto: Patty Varasano | Leander Müller ist Sozialpädagoge bei der Erziehungs- und Familienberatung im Sozialdienst katholischer Frauen (SkF) in Würzburg.
Um was geht es bei den Social-Media-Challenges?

Müller: Erreicht ein Video große Aufmerksamkeit, versuchen andere, die Aktion nachzuahmen, und stellen ihre Version ebenfalls online. So entsteht ein Trend und über einen bestimmten Zeitraum werden zahllose Videos mit einem bestimmten Hashtag gefilmt und hochgeladen. Letztendlich geht es bei all diesen Challenges um Likes, Kommentare und Aufmerksamkeit. Auch auf dem Schulhof sind solche  Wettbewerbe oft Gesprächsthema. Vielen jungen Nutzerinnen und Nutzern ist es wichtig, bei den neusten Internet-Trends mitreden zu können.

Wie können Eltern Kinder dabei begleiten?

Müller: Letztlich sind Mutproben keine neuen Phänomene. Es geht darum, die eigenen Grenzen auszutesten. Etwa im Alter von zehn Jahren fangen Heranwachsende an, sich herauszufordern: Sie testen aus, wie weit sie gehen können. Heute haben sich Mutproben teilweise in die digitale Welt verlagert. Wichtig ist, mit den Kindern im Gespräch zu bleiben. Eltern sollten immer anbieten, über alles Erlebte - auch in der digitalen Welt - mit den Kindern zu reden. Familien können gemeinsam kreative Videos produzieren, ganz ohne Challenge. Kinder lernen so Videos, die sie anschauen, und die eigene Selbstdarstellung neu zu bewerten. Medienerziehung ist ein Familienthema, dass alle Familien bis zu Volljährigkeit der Kinder begleitet.

Ab welchem Alter haben Kinder heute überhaupt ein internetfähiges Handy?

Müller: Der Umgang mit Smartphones beginnt bereits im Kindesalter. Nach Zahlen des Statistischen Bundesamts aus dem Jahr 2020 besitzen 54 Prozent der Zehn- und Elfjährigen ein eigenes Handy, bei den Zwölf- und 13-Jährigen sind es dann schon 73 Prozent. Grundsätzlich würde ich erst ab einem Alter von etwa zwölf Jahren ein persönliches, mobiles und internetfähiges Handy empfehlen. Die Kinder sollten beim Umgang mit dem Handy Schritt für Schritt von den Eltern begleitet werden. Digitale Medien sollten nicht einfach frei zur Verfügung gestellt werden.

TikTok-Trends und Online-Challenges: Wie Eltern ihre Kinder vor Gefahren und Mutproben im Internet schützen können
Wie lerne ich Kindern den richtigen Umgang mit dem Handy?

Müller: Medienerziehung vergleiche ich immer mit Verkehrserziehung: Hier erklären wir den Kindern alle Regeln, vom rechts und links schauen, um über die Straße zu gehen bis hin zum Verhalten als Fahrradfahrer im Straßenverkehr. Für Motorfahrzeuge braucht es einen Führerschein. Genauso sollte das auch mit dem Handy aussehen. Das heißt, bevor eine neue App heruntergeladen wird, sollte man erst einmal mit den Kindern darüber sprechen. Das Interesse der Eltern, was genau ihre Kinder im Netz machen, welche Seiten sie mögen oder welche Spiele sie spielen, ist wichtig für Heranwachsende.

Die meisten Kinder sind in Klassen-WhatsApp-Gruppen. Was ist dabei zu beachten?

Müller: Gruppenchats bei WhatsApp können Kinder schnell unter Druck setzen. Viele Kinder fühlen sich verpflichtet, möglichst schnell auf die Nachrichten zu reagieren. Bestimmte Funktionen verstärken das noch. Die Lesebestätigung zum Beispiel, die durch zwei blaue Häkchen neben der Nachricht angezeigt wird, löst oft das Gefühl aus, sofort antworten zu müssen. In Gruppen mit vielen Mitgliedern können ständige Push-Benachrichtigungen über neue Nachrichten zusätzlich Stress erzeugen. Eltern können mit ihrem Kind besprechen, dass sie nichts verpassen, wenn sie auch mal offline sind und nicht sofort jede Nachricht lesen. Dabei hilft es, die WhatsApp-Gruppen stummzuschalten.

In den meisten Familien gibt es immer wieder Streit um die Medienzeit. Was ist Ihr Tipp?

Müller: Ich finde es wichtig, dass man zu allen Themen mit den Kindern im Gespräch bleibt. Ob Kinder wissen, was eine gute Internetseite von einer schlechten unterscheidet, dass man mit privaten Daten vorsichtig umgehen muss, was beim Chatten erlaubt ist und was nicht – diese Kenntnisse bekommt man nur im Gespräch. So kann man auch Mediennutzungszeiten festlegen. Die Vorgaben müssen nicht in Stein gemeißelt sein, im Gegenteil: Die besten Regeln wachsen mit.

Was kann man tun, wenn ein Kind zu viel Zeit mit den Soziale Medien verbringt?

Müller: Soziale Medien haben ein hohes Suchtpotential. Wenn Schule, Freunde, Sportverein, andere Hobbys oder Pflichten über mehrere Monate wegen digitaler, medialer Angebote vernachlässigt werden und die Kinder trotz negativer Konsequenzen nicht Abstand nehmen können, dann kann professionelle Hilfe nötig werden. Beratungsstellen können frühzeitig helfen, einen riskanten Medienkonsum als Erziehungsthema ernst zu nehmen und von einer Sucht zu unterscheiden.

Medienkurse für Eltern und Beratung

Die Initiative "Schau hin! Was Dein Kind mit Medien macht" von Bundesfamilienministerium, ARD und ZDF sowie AOK bietet kostenfreie Medienkurse für Eltern an. In jeweils etwa 30 Minuten wird die Medienwelt der Kinder erklärt, damit Eltern ihre Kinder kompetent und aktiv begleiten können. Es stehen vier Altersgruppen zur Auswahl, damit Eltern genau die Informationen bekommen, die für das Alter ihres Kindes wichtig sind. Auch zum Thema "Challenges" gibt es einen digitalen Elternabend. Hier geht es zu den Medienkursen: www.medienkurse-fuer-eltern.info
Erziehungs- und Familienberatungsstellen gibt es in allen Städten und Landkreisen. Sie stehen Kindern, Jugendlichen, Eltern und Fachkräften offen und bieten Unterstützung bei allen Fragen, die Familien betreffen können. Die Beratung ist freiwillig, kostenfrei und vertraulich. Infos und Kontakt: Erziehungs- und Familienberatung im SkF, Frankfurter Straße 24, 97082 Würzburg, Tel. (0931) 41904-61, Email: eb@skf-wue.de. Infos im Internet:  eb.skf-wue.de
Quelle: Schau hin!/clk
 
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