Kranke Schweine, Hühner mit offenen Wunden, Kühe, die wegen ihres entzündeten Euters nur noch am Boden liegen können. Meist sind es Tierschutzaktivisten, die Aufnahmen solcher Missstände an die Öffentlichkeit bringen.
Wie oft werden landwirtschaftliche Betriebe mit Tierhaltung eigentlich kontrolliert? Laut Zahlen der Bundesregierung werden im Durchschnitt nur alle 17 Jahre Betriebsprüfungen durchgeführt. In Bayern mit 150.000 Nutztierbetrieben sogar im Schnitt nur alle 48,1 Jahre. Die Zahlen stammen aus der Antwort auf eine Kleine Anfrage der FDP an die Bundesregierung Anfang diesen Jahres.
Neue Kontrollbehörde in Kulmbach und Erding
Zuständig für solche Untersuchungen sind die Landratsämter, sie stellen auch das Personal. „In Bayern gibt es für diese Aufgaben 286 Amtstierärzte“, sagt Thomas Marzahn, Pressesprecher im Bayerischen Umweltministerium. 42 davon sind für Unterfranken zuständig. Zusätzlich gibt es in Bayern seit Anfang des Jahres eine neue „Kontrollbehörde für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen“ (KBLV), die 600 Großbetriebe, darunter Geflügel- oder Schweinemastbetriebe, kontrolliert. „Die Landratsämter behalten ihr Personal und werden damit substanziell entlastet“, sagt Marzahn.
In Unterfranken werden die Ställe laut Auskunft der Regierung von Unterfranken etwa alle zehn Jahre kontrolliert. „Wir schaffen pro Jahr etwa zehn Prozent der Ställe, das ist auch die gesetzliche Vorgabe“, sagt Eva-Maria Schorno, Pressesprecherin am Landratsamt in Würzburg. Der Verein Deutsches Tierschutzbüro hält diese Zahlen für alarmierend. Auch ein Kontrollintervall von zehn Jahren sei viel zu wenig. „Alle Betriebe sollten mindestens alle sechs Monate unangemeldet kontrolliert werden“, sagt Fabian Steinecke, Pressesprecher des Deutschen Tierschutzbüros in Berlin. Betriebe, die mit Verstößen auffallen, sollten häufiger kontrolliert werden.
„Die bayerischen Bauernfamilien müssen höchste Standards erfüllen, mehr als 3000 Regeln und Auflagen sind bei der Arbeit im Stall, auf den Feldern und im Agrarbüro zu beachten“, sagt Markus Peters, Pressesprecher beim Bayerischen Bauernverband. Zusätzlich zu der staatlichen Kontrolle gebe es privatwirtschaftliche Kontrollsysteme, zum Beispiel das Qualitätssicherungssystem QS. „Daran beteiligen sich große Teile der deutschen Tierhalter“, sagt Peters.
Seebach: „Der Fall Gelchsheim ist ein Ausnahmefall.“
In Gelchsheim (Lkr. Würzburg) sind im April 2000 Schweinekadaver entdeckt worden. Die Tier waren wohl schon im Vorjahr in ihrem Stall verendet. Wie es dazu kommen konnte, ermittelt derzeit die Staatsanwaltschaft Würzburg. „Die Ermittlungen dauern an. Es stehen noch rechtsmedizinische und technische Gutachten aus“, sagt Oberstaatsanwalt Thorsten Seebach. Immer wieder komme es zu kleineren und größeren tierrechtlichen Verstößen, die teilweise auch Straftaten, größtenteils aber Ordnungswidrigkeiten darstellen. „Der Fall in Gelchsheim ist jedoch alleine aufgrund der Anzahl der toten Schweine ein Ausnahmefall“, sagt Seebach.
Sind eingenmächtige Kontrollen durch Tierrechtsorganisationen also doch sinnvoll, obwohl sie illegal sind? „Die Übertragung von staatlichen Kontrollaufgaben auf Tierschutzorganisationen ist gesetzlich nicht vorgesehen“, sagt Johannes Hardenacke, Pressesprecher der Regierung von Unterfranken. Auch der Bauernverband lehnt diese Art der „Betriebsprüfung“ ab. Laut einer aktuellen Emnid-Umfrage fordern 85 Prozent der Bürger, dass es mehr Tierschutzkontrollen in den Ställen geben sollte. Über 82 Prozent der Befragten sagen, dass das Erstellen heimlicher Aufnahmen durch Aktivisten gerechtfertigt ist, wenn so Tierquälerei aufgedeckt wird. Die Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) dagegen fordert eine härtere Bestrafung von Aktivisten, die solche Aufnahmen heimlich erstellen.