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Würzburg
Tiepolos Deckenfresko neu interpretiert: Würzburger Künstler bringt barockes Meisterwerk in die Gegenwart
Von einer Hotel-Kette erhielt der Künstler Jaroslav Dražil einen besonderen Auftrag. Inspirationsquelle und Vorbild: Tiepolos Meisterwerk in der Würzburger Residenz.
Künstler Jaroslav Dražil in seinem Atelier im Bürgerbräu.
Foto: Joachim Fildhaut | Künstler Jaroslav Dražil in seinem Atelier im Bürgerbräu.
Joachim Fildhaut
 |  aktualisiert: 09.02.2024 08:45 Uhr

Tiepolos berühmtes Deckenfresko in der Würzburger Residenz und das neue Hotel der Motel-One am Paradeplatz trennen Luftlinie nicht einmal 500 Meter. Im Eingangsbereich des Hotels hängen seit kurzem drei große Gemälde, die Motive dieser Sehenswürdigkeit ganz neu interpretieren. Der Künstler dahinter ist Jaroslav Dražil. Der stellte vor eineinhalb Jahren selbst in der Residenz aus: Sein großer Zyklus über das Neue Testament "Factum est" fand einen Platz in der Gemäldegalerie des Uni-Museums.

Motive aus dem Original finden sich wieder

Sein Atelier hat der gebürtige Mittelfranke auf dem Bürgerbräu-Gelände. Dort stehen die sehr freien Bibel-Paraphrasen an den Wänden. Bereit für die Fahrt nach Italien, wo sie als nächstes ausgestellt werden.

Für Dražils Tiepolo-Dreiteiler hatten die Auftraggeber verschiedene Wünsche. So sollten einige Motive aus dem Original für die Wiedererkennbarkeit auch Teil der Neuinterpretationen sein – etwa der Elefant und der Indigenen-Kopfputz. Er könne mit solchen Vorstellungen umgehen, sagt Dražil, auf kreative Weise.

In seiner aktuellen Schaffensphase nutze er etwa die Möglichkeit, Bildinhalte auf zwei Ebenen zu verteilen, sagt Dražil. Für einen eher zeichnerischen, gelegentlich ornamentalen Hintergrund und detaillierter und farbstärker ausgeführte Figuren vorne.

So sehen die Neu-Interpretationen des Künstlers aus.
Foto: Fabian Gebert | So sehen die Neu-Interpretationen des Künstlers aus.

Ein weiteres Markenzeichen von Jaroslav Dražil: Seine Gesellschaft ist sehr divers, auf eine unaufgeregte Art. Überhaupt, das ist ein dritter Charakter seiner Werke, strahlen sie Ausgeglichenheit aus, formal und inhaltlich. Sie haben ja auch ein politisches Kunststück geschafft: Während Giovanni Battista Tiepolo bei der Darstellung der damals bekannten vier Kontinente auf dem Residenz-Deckenfresko einer ethnografischen Naivität verhaftet blieb, betriebe ein heutiger Nachfolger mit einer solchen Haltung Exotismus – das heißt, eine Form von Rassismus.

Drei Gemälde trotz vierer Kontinente im Original

Eins zu eins sollte der Maler Giovanni Battista Tiepolo als Inspirationsquelle aber sowieso nicht umsetzen. Vier Erdteile huldigen im Original dem Würzburger Fürstbischof. "Ich wollte aber gerne meinem Format treu bleiben und die große Leinwand auskosten", bekennt der 39-Jährige. Deswegen plante er für die zur Verfügung stehende Wand lediglich drei Ölgemälde. Im Planungsteam mit den Hotelleuten "haben wir das nicht so ernst genommen", berichtet er.

Über dem Treppenhaus der Würzburger Residenz prangt das 670 Quadratmeter große Deckenfresko des Malers Giovanni Battista Tiepolo (1696-1770).
Foto: Thomas Obermeier | Über dem Treppenhaus der Würzburger Residenz prangt das 670 Quadratmeter große Deckenfresko des Malers Giovanni Battista Tiepolo (1696-1770).

Die Frage der Hautfarben hingegen schon. Elegant unterläuft der Künstler auf der Leinwand Stereotype. Eine Afrikanerin lässt er etwa auf einem Gemälde tanzen. Allerdings erinnert ihre Haltung an Ballett – einen in erster Linie westlichen Tanzstil. Die Figur auf dem Gemälde, das den Kontinent "Amerika" aufgreift, trägt zwar wie im Original einen Federschmuck auf dem Kopf, hat aber zugleich auch weiße Sportsocken an den Füßen.

Das Malen lief bei Dražil lange nebenher

Jaroslav Dražil schwankte vor 20 Jahren zwischen Kunststudium und dem Theater. Er entschied sich für eine Maskenbildnerlehre, was ihn schließlich ans Mainfranken-Theater führte. Malen könne man leichter nebenher, so seine Begründung. Auch, wenn man ambitioniert ist.

Seine Phase der großen Ruhe habe er "vielleicht mit Motel One abgeschlossen", sinniert der Künstler. Er würde in seine Bildwelten gerne mal "eine Dynamitstange legen und gucken, was dann passiert". Ein aktueller Ire mache das sehr gut: "detailliert konstruieren und mit Wucht zerreißen". Conor Harrington heißt der Maler und Graffiti-Künstler. Vorbilder aus Renaissance und Barock hingegen hat Dražil erstaunlicherweise keine: "Man kann von jedem Maler lernen. Generell liebäugele ich mit Street Art."

 
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