Auch drei Tage nach dem terroristischen Angriff der islamistischen Hamas auf Israel gehen die Kämpfe im israelischen Grenzgebiet und im Gazastreifen weiter. Von mittlerweile mehr als 1100 Toten berichtet die Tagesschau. Auch in Würzburg ist der Kriegszustand Thema: Im Landkreis gibt es große Sorge um den israelischen Partnerlandkreis Mateh Yehuda, ein Schüleraustausch wurde abgesagt und auf dem unteren Markt fand eine Solidaritätskundgebung statt. Die Bestürzung ist groß.
Diese Redaktion konnte mit Omri Menashe sprechen. Er ist Sprecher des israelischen Landkreises Mateh Yehuda, mit dem der Landkreis Würzburg seit 25 Jahren eine Partnerschaft pflegt. Menashe berichtet Erschreckendes: "Wie im ganzen Land wurde auch in Mateh Yehuda während des Krieges Alarm geschlagen. Unseren Bewohnern wurde befohlen, ein Schutzgebiet aufzusuchen. Leider gibt es auch bei uns getötete Soldaten, mögen sie in Frieden ruhen."
Trotz allem blickt er optimistisch in die Zukunft. Israel befinde sich in einem harten Krieg, "aber wir werden gewinnen. (...) Unsere Vertreter kämpfen an der Front des Krieges und wir stärken sie und hoffen, dass sie sicher nach Hause zurückkehren".
Landrat Thomas Eberth verurteilt die Angriffe der Hamas als unmenschlichen Terrorakt
Aufgrund der Landkreis-Partnerschaft haben auch viele Menschen im Landkreis Würzburg einen konkreten Bezug zum aktuellen Geschehen. "Wir sind Freunde geworden und jetzt bangen wir um das Leben unserer Freundinnen und Freunde und um alle Menschen in Israel", beschreibt Landrat Thomas Eberth seine Sorge und Betroffenheit in einer Pressemitteilung.
Er stehe mit Mateh Yehudas Landrat Niv Vizel und dessen Stellvertreter Beni Eliraz im Austausch. Eberth verurteilt die Angriffe der Hamas als unmenschlichen Terrorakt und einen dramatischen Rückschlag für den Friedensprozess: "Die Opferzahlen, getötet, verwundet oder entführt, sind dramatisch hoch und wir trauern mit unseren Freunden über diesen infamen Angriff, den ich aufs Schärfste verurteile."
So könne es keinen Frieden geben, sagt er. Israel müsse sich verteidigen, "und dennoch dürfen wir die Hoffnung auf einen politisch herbeigeführten Frieden zwischen Israel und den Palästinensern nie aufgeben." Der Landrat hofft, dass sich diese blutige Auseinandersetzung nicht zu einem Flächenbrand in der gesamten Nahost-Region entwickeln werde.
Ein normales Leben kann in Israel aktuell nicht stattfinden
Auch der Würzburger Klaus Rostek hat viele Kontakte nach Israel. Der Fachbereichsleiter Jugendamt beim Landkreis Würzburg hat im Jahr 1990 den Erstkontakt zum Partnerlandkreis Mateh Yehuda hergestellt. Um die 40 Mal war der 65-Jährige bereits dort und pflegt bis heute viele Freundschaften nach Israel. "Die Israelis sind furchtbar schockiert", weiß Rostek. Keiner habe mit den Angriffen gerechnet, es habe keine Vorwarnungen gegeben. "Ich höre immer wieder von israelischen Freunden, dass dies ein Versagen der Sicherheitsbehörde und des Geheimdienstes sei."
Ein normales Leben könne aktuell nicht stattfinden: Schulunterricht falle aus, Kindergärten seien geschlossen. So wie Rostek die Israelis jedoch einschätzt, würden sie möglichst bald wieder versuchen, zu einer gesellschaftlichen Normalität zurückzukehren. "So schockierend es klingt, aber sie sind gewohnt, ihr Leben unter einer Bedrohungslage zu leben."
Die DIG setzt sich für die bilateralen Beziehungen zwischen Deutschland und Israel ein
Seit 1966 setzt sich die Deutsch-Israelische Gesellschaft (DIG) für die bilateralen Beziehungen zwischen Deutschland und Israel in den Bereichen Zivilgesellschaft, Kultur und Wissenschaft ein. Auch sie verurteilt den Terror und ist in Gedanken bei der israelischen Bevölkerung. "Wir sind erschüttert angesichts der schieren Barbarei gegenüber Israel und seinen Bürgerinnen und Bürgern", sagt Würzburgs Vorsitzender Konstantin Mack. "Wir stehen bedingungslos an der Seite des jüdischen Staates und unterstützen dessen legitime Verteidigung."
Mack hat persönliche Kontakte nach Israel, Freundinnen von ihm leben in Tel Aviv. Auch dort hat es bereits Angriffe gegeben, weshalb sie derzeit sichere Rückzugsmöglichkeiten suchen würden. "Letztendlich ist das eine sehr unübersichtliche Situation. Man weiß nicht genau, was passiert und wie sich die Lage entwickelt", sagt Mack. Gerade seien viele Menschen damit beschäftigt, erst einmal zu realisieren, was da innerhalb kurzer Zeit passiert ist.
Am Montagnachmittag organisierte Konstantin Mack im Namen der DIG eine Solidaritätskundgebung auf dem unteren Markt. "Wir halten es für ganz wichtig, sowohl der jüdischen Gemeinde in Würzburg als auch Israel zu signalisieren, dass wir hier unterstützen. Das ist das Mindeste, was wir hier in Deutschland tun können: auf die Situation und den Krieg aufmerksam machen und ganz klar zeigen, auf welcher Seite wir hier stehen."
Schüleraustausch am Friedrich-Koenig-Gymnasium abgesagt
In dieser Woche wäre eigentlich eine Delegation an Schülerinnen und Schülern aus Ramat Hadassah in Israel zum Austausch am Friedrich-Koenig-Gymnasium gewesen, auch ein Stehempfang im Würzburger Rathaus war schon geplant. Doch wie Schulleiter Marco Korn auf Anfrage berichtet, wurde der Austausch bereits am Samstag abgesagt.
Er steht im Kontakt mit den Verantwortlichen, die den Austausch auf israelischer Seite planen. "Was wir wissen, ist, dass die Schüler, die zu uns gekommen wären, zumindest nicht von den Angriffen betroffen waren, das ist schon mal beruhigend", sagt Korn. "Auch für uns als Schule ist das schlimm. Wir haben uns ja bewusst für einen Schüleraustausch entschieden, diese sind genau dafür da, dass solche kriegerischen Handlungen nicht entstehen, sie dienen der Völkerverständigung."
Auch ihm persönlich gehen die Nachrichten aus Israel nah. Ob die Würzburger Delegation im November nach Israel fliegen kann, kann Korn noch nicht sagen. Derzeit gehe er jedoch davon aus, dass kein Gegenbesuch möglich sein wird. Er werde die Lage in den nächsten Wochen ganz intensiv verfolgen.