Von gleichwertigen Lebensverhältnissen kann in Deutschland keine Rede sein. Die erfolgreichsten Regionen liegen im Süden, der Osten hinkt hinterher. Das ist keine neue Erkenntnis, ist nun aber von den Forschern des Berlin-Instituts und der Wüstenrot Stiftung in einer aktuellen Erhebung bestätigt. "Mit dem Versprechen von Gleichwertigkeit weckt die Politik Erwartungen, die sie nicht erfüllen kann", sagte Reiner Klingholz, Direktor des Berlin-Instituts, bei der Vorstellung des "Teilhabealtas" am Donnerstag in Berlin. Die Lebensbedingungen hingen zu einem großen Teil vom Wohnort ab. In Unterfranken werden der Studie zufolge die Lebensverhältnisse insgesamt eher positiv gewertet, jedoch mit regionalen Unterschieden.
Wie gut verdienen Menschen, wie steht es um die Bildung und wo ist die Bevölkerung am besten angebunden? Solche Aspekte wurden in der Studie berücksichtigt, Lebenserwartung oder Nahversorgung kamen als weitere Faktoren dazu. Die Ergebnisse sollen Auskunft darüber geben, wo es den Menschen in Deutschland gut geht und in welchen Regionen Nachholbedarf herrscht. Die Faktoren geben einen Überblick über die Lebensbedingungen der 401 Landkreise und Städte in Deutschland.
Unterfranken: Gefälle zwischen Stadt und Land
Die Forscher teilten Deutschland anhand der Faktoren in starke und schwächere Regionen ein. Die Abstufungen reichen von "Reiche Großstadt" bis hin zu "Abgehängte Region". Würzburg, Schweinfurt und Aschaffenburg wurden von den Forschern als "attraktive Städte" bezeichnet und liegen qualitativ in der Mitte der Bewertungsskala. Hier gehe es den Menschen gut, allerdings stünden sie vor vereinzelten Hürden. Die Einwohner dieser Städte verfügen meist über ein mittleres Einkommen (Im Schnitt 21.450 Euro jährlich). Außerdem gebe es dort beispielsweise eine sehr gute Breitbandversorgung. Das Prädikat "Reiche Großstadt" erreichten beispielsweise München oder Stuttgart.
Die Landkreise Kitzingen, Würzburg, Aschaffenburg sowie der Main-Tauber-Kreis und Main-Spessart gelten als "erfolgreiche ländliche Regionen" und gehören damit zur Spitzengruppe der Landkreise. Hier werde den Menschen eine gute Teilhabe ermöglicht. Im Schnitt hat die Bevölkerung dort ein hohes Einkommen, eine hohe Lebenserwartung und einen geringen Anteil an Schulabbrechern, so die Studie. Dagegen werden Bad Kissingen, Rhön-Grabfeld, die Haßberge und der Landkreis Schweinfurt als "ländliche Regionen mit Problemen" beschrieben. Das Einkommen sei geringer, die Nahversorgung schlechter.
Wichtiger Faktor: Nahversorgung
Generell zeigt der Teilhabeatlas, dass Städte insgesamt besser abschneiden als ländliche Regionen. Dies liegt laut Studie daran, dass den Menschen in der Stadt eine bessere Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen geboten werde. Der Weg zum nächsten Supermarkt, zur Schule oder zum Arzt ist meist nicht weit. Zudem bieten regelmäßig fahrende Busse und Bahnen einen Vorteil gegenüber dem Land. Dort müssen die Menschen weitere Wege und schlechtere Verbindungen in Kauf nehmen. Der Einkauf oder der Besuch beim Arzt ist so umständlicher.
Um nicht nur objektive Zahlen zu erheben, sondern auch die tatsächlichen Empfindungen der Menschen festzustellen, führten die Forscher zudem stichprobenartig knapp 300 Interviews. "In den Gesprächen zeigte sich, dass die Menschen ihre Lebensbedingungen weitgehend realistisch einschätzen", sagt Manuel Slupina, Mitautor der Studie. "Mit den Unterschieden bei den Teilhabechancen gingen sie recht nüchtern und pragmatisch um." Je nach Wohnort hätten sie auch andere Erwartungen an ihr Umfeld. Die Befragung sei zwar nicht repräsentativ, gebe aber einen guten Einblick in das Lebensgefühl vor Ort.