
Mit milden Strafen endet der Würzburger Prozess gegen drei junge Internet-Betrüger nach vier Verhandlungstagen sehr schnell. Verantwortlich dafür ist eine pragmatische Verständigung, die allen Beteiligten zugute kommt – außer den Opfern.
Die Opfer des Betrugs sehen kaum etwas wieder von den 900.000 Euro der Beute. Sie zahlten für Waren, die ihnen die drei Angeklagten angeboten hatten, aber gar nicht besaßen. Der Betrug fand statt auf Deutschlands größtem Internet-Flohmarkt namens eBay Kleinanzeigen, der inzwischen nur noch Kleinanzeigen heißt.
Die drei Kleinanzeigen-Betrüger sind aus Sicht des Würzburger Gerichts keine organisierte Kriminalität
Aber die Jugendkammer des Landgerichts Würzburg kommt dank der Geständnisse der Angeklagten schnell zu einem eindeutigen Ergebnis, dafür gibt es milde Urteile. Einer der jungen Männer erhält eine zweijährige Bewährungsstrafe dafür, dass er formell alles gestanden hat, was in der Anklage stand. Ein zweiter kommt aus U-Haft frei und muss den Rest seiner zweieinhalb Jahre erst später absitzen.
Der dritte Angeklagte muss zwei Jahre und neun Monate in Haft - sehr viel kürzer, als er zunächst dachte. Er gestand unter Tränen, er habe sich in U-Haft heftige Sorge um seine Mutter gemacht und "meine Familie enttäuscht und kaputt gemacht".
Der Vorsitzende Richter Michael Schaller betont: Ohne großes Unrechtsbewusstsein hätten sich die drei Männer aus Frankfurt mit bisher nicht ermittelten Bekannten zu einer losen Gruppierung zusammengefunden. Die Gruppe habe arbeitsteilig versucht, arglose Kunden im Internet raffiniert abzuzocken und damit schnell Geld zu kassieren.
"Das macht bei uns jeder auf der Straße," hatte einer der Angeklagten in einer Vernehmung gesagt. "Das kommt auch ein bisschen darauf an, in welcher Straße man lebt", kommentierte das der Vorsitzende mit Blick auf die schwierigen sozialen Verhältnisse der drei Angeklagten.
Richter und Staatsanwalt sehen bei den Tätern eine "besonders professionelle Vorgehensweise"
Die Anklage las sich zunächst, als spielten die drei 20 und 21 Jahre alten Männer mit falschen Identitäten, Tarnkonten und Luftnummern beim Warenangebot schon in der kriminellen Oberliga. Dem widerspricht Schaller – wie zuvor Staatsanwalt Sebastian Sommer in seinem Plädoyer.
Beide sprechen von einer "besonders professionellen Vorgehensweise" der "erfahrenen Täter im Online-Diebstahl". Beide geben zu, dass man wohl nur "die Spitze des Eisbergs" ermittelt habe und im Umfeld der Angeklagten weitere Komplizen vermute, die diese mit ihrem Schweigen schützen.
Gleichzeitig hielt Schaller aber Darstellungen der Medien für überzogen, die das Trio in den Bereich organisierter Klan-Kriminalität rückten. Dafür gebe es keine Belege. Den Ermittlungsbehörden liegen in dem Würzburger Fall mehr als 1000 Strafanzeigen von geprellten Kunden vor. Die Angeklagten selbst sagen, sie hätten nur jeweils fünfstellige Beträge der Beute als Anteil erhalten, den Großteil habe ein Hintermann eingestrichen – den ihnen das Gericht nicht glaubte.
eBay Kleinanzeigen wurde inzwischen umbenannt
Bitter ist der Fall für das Image von eBay. Der Ableger für Kleinanzeigen der Gebrauchtwaren-Plattform, auf der die Betrüger ihre Kunden betrogen, gehört gar nicht mehr direkt zum Unternehmen.
Tatsächlich wurde eBay Kleinanzeigen an den weltweit führenden norwegischen Mitbewerber Adevinta verkauft, an dem eBay wiederum Anteile hält. Zur Zeit der Straftaten der Bande in den Jahren 2020 und 2021 hieß die Plattform jedoch noch so, und so taucht sie auch in der Anklageschrift auf – obwohl die Plattform inzwischen das Etikett "eBay" weglässt.
Das Kleinanzeigen-Portal warnte selbst vor der Masche der Betrüger
Bereits im Weihnachtsgeschäft 2021 hatte eBay Kleinanzeigen selbst vor Betrugsversuchen unter falscher Identität gewarnt - mit Beschreibungen, die der Würzburger Anklageschrift entsprechen: Gauner übernähmen Nutzerkonten ehrlicher Kunden, um unter dieser Tarnung zu betrügen, hieß es damals offiziell.
Innerhalb eines Jahres seien solche Übernahmen um 250 Prozent gestiegen. Die Zahl der deshalb gesperrten Nutzerkonten sei um 200 Prozent gestiegen. Und im Darknet seien ganz einfach unterschiedliche Listen mit E-Mail-Adressen und Passwörtern zu kaufen, die oft aus großen Datenlecks bekannter Unternehmen stammten.