
Es war ein Bilderbuchstart in das 29. Würzburger Africa Festival, für das die Veranstalter bis Sonntagabend 80 000 Besucher erhoffen. Schon zwei Stunden nach der Basaröffnung am Vormittag strömten am Feiertag tausende Menschen über das Gelände auf den Talavera Mainwiesen. Am Eingang bildeten sich vorübergehend Schlangen – auch der Sicherheitskontrollen wegen. Die gab es schon immer. Nach dem Anschlag von Manchester ist aber auch bei dieser Massenveranstaltung die Sensibilität für eine mögliche Terrorbedrohung noch gewachsen. Die allermeisten Besucher reagierten verständnisvoll auf die Sicherheitschecks, nahmen kurze Wartezeiten ohne Murren in Kauf. Die entspannt-fröhliche Stimmung auf dem Festival blieb ungetrübt.
Botschafter und Musik aus dem Senegal
Am frühen Abend wurde das Festival offiziell im Havana Club eröffnet. Vor geladenen Gästen aus Politik, Wirtschaft, Gesellschaft und Kirche richteten sich aufmerksame Blicke auf Momar Gueye, den senegalesischen Botschafter in Deutschland. Der Senegal und die Kapverden sind die Schwerpunktländer des diesjährigen Festivals, das das Motto „Lebensfreude“ trägt. Musikalisch kam sie bei der Eröffnungsfeier durch den senegalesischen Kora-Spieler Saliou Cissokho zu Ausdruck.
Bunte Mode statt langer Reden
Und auch optisch war diesmal etwas geboten: Statt langer Reden zeigte Modeschöpferin Rama Diaw einen Teil ihrer farbenfrohen Kollektion. 2012 war die Senegalesin erstmals auf dem Festival zu Gast, mit ihren täglichen Modeschauen ist sie mittlerweile ein fester Bestandteil geworden. Rama Diaw verbindet moderne Schnitte und Designs mit traditioneller Kleidung aus ihrer Heimat.
Im Senegal arbeitet die charmante Modeschöpferin mit dem erfrischenden Lachen mit Schneiderinnen zusammen, die es nicht leicht haben im Leben – alleinstehende Frauen mit Kindern, die durch die Beschäftigung ihren Lebensunterhalt sichern und für ihre Kinder sorgen können. So sind die Modeschöpfungen auch ein Stück Sozialarbeit.
Zur Unterstützung der Frauen hatte sie 2009 bereits einen Verein gegründet. „Aissaitou“ heißt er, genauso wie ihre Mutter: „Sie war die treibende Kraft, die mich immer unterstützt hat, auch in schwierigen Zeiten“, so die Senegalesin. Ihre Modeschauen sind auf dem Festival täglich um 15 und 17 Uhr neben dem Havana Club zu sehen.
Festival-Award für Modeschöpferin Rama Diaw
Zu Tränen gerührt war die 41-Jährige, als sie von Gründer und Organisationschef Stefan Oschmann als einzige Preisträgerin in diesem Jahr mit dem Africa-Festival-Award ausgezeichnet wurde. Sie dankte allen in Würzburg für die Zuwendung der vergangenen Jahre – vor allem aber auch ihrer Mutter im Senegal. In seiner Laudatio hob Oschmann die Gastfreundschaft, Offenheit und den sozialen Einsatz von Rama Diaw hervor.
Senegals Botschafter Momar Gueye unterstrich die Bedeutung des Festivals für die Begegnung der Kulturen: „Im 21. Jahrhundert sind wir alle Nachbarn auf demselben Planeten.“ Oberbürgermeister Christian Schuchardt dankte allen Mitarbeitern und Sponsoren, die das Festival erst ermöglichen. Die Stadt könne stolz auf die Veranstaltung sein. Landtagsabgeordneter Oliver Jörg würdigte das Festival als „einen Höhepunkt in der kulturellen Landschaft Bayerns und weit darüber hinaus“ und machte sich für eine weitere Unterstützung durch den Freistaat stark.
Musikalischer Start auf der Offenen Bühne
Dass das Festival ein Schmelztiegel afrikanischer Kulturen ist, wurde musikalisch gleich am Nachmittag auf der Offenen Bühne deutlich: Für Kenner ist es kein Geheimnis, dass die wahren Festival-Entdeckungen auf der Bühne im Grünen gemacht werden können. Der Eröffnungstag war keine Ausnahme. Die vier Keita-Brüder und ihre Schwester boten ein afrikanisches Rock-Spektakel, das für das Africa Festival neu war. Das Familienunternehmen mit Bandnamen „Takeifa“ aus der senegalesischen Hauptstadt Dakar spielt afrikanischen Rock, keinen Afro-Rock.
Neu: Afrikanischer Indie-Rock
Und der zündet schnell bei den Menschen vor der Bühne. Sozialisiert vom angloamerikanischen Hard- und Independent Rock brettern die fünf gleich heftig los. Dass da fünf junge Afrikaner auf der Bühne stehen, mag man zunächst nicht wahr haben. Vor allem der Gitarrist streut immer wieder afrikanische Elemente in seine Soli ein und schlägt so eine Brücke vom bratzigen Hard- zum fröhlichen Independent Rock mit afrikanischen Wurzeln. Der Spaß auf der Bühne springt schnell über. Es wird getanzt und gegroovt und die Band läuft zu Hochform auf.
Kurzerhand folgt wieder ein stählernes Metall-Brett, ehe weiter Party gemacht wird. Vielleicht wurden die Zuhörer hier Zeugen eines neuen afrikanischen Musikstils, des African Independent Rock.
Nicht ganz so innovativ waren „Mama Afrika“. Die acht senegalesischen Musiker, Tänzerinnen und Sänger(innen) mussten kurzfristig für den angekündigten Assane Thiam, den Talking-Drum-Virtuosen aus Youssou N'Dours Band, einspringen und das Festival eröffnen. Thiam sei „reisetechnisch verhindert“ gewesen, erklärte Bühnen-Moderatorin Sarah Bergh. Routiniert und engagiert spulten sie ihr Programm ab, das auf jedem afrikanischen Solidaritätsfest gut ankommen würde, für ein internationales Festival aber doch ein wenig zu bieder geriet.




