Das Kindergrab in einer Siedlung aus der Urnenfelderzeit, das im Frühjahr bei archäologischen Ausgrabungen am Ortsrand von Tauberrettersheim gefunden wurde, hat Aufmerksamkeit erregt. Die Siedlungsgeschichte im Taubertal lässt sich durch diesen Fund neu deuten. Gemeinsam mit Matthias Merkl vom Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege lüftete Archäologin Sarah Wolff nun das Geheimnis um die insgesamt 244 archäologischen Befunde.
Rund 80 Besucherinnen und Besucher verfolgten die mit Spannung erwartete Präsentation im Tauberrettersheimer Königinkeller. Die Grabung war von der Gemeinde veranlasst worden, weil das Gelände im geplanten Baugebiet "Vierzig Äcker" schon lange als archäologische Verdachtsfläche erfasst war.
Wichtiger als der Fund sind die Schlüsse, die man daraus ziehen kann
"Habt ihr Gold gefunden", sei eine Frage, die dem Grabungsteam immer wieder von Passanten gestellt worden sei, sagt Sarah Wolff. Sie erklärt deshalb den Unterschied zwischen Fund und Befund. Wichtiger als der Fund, den man in Händen halten kann, seien die Schlüsse, die sich daraus ziehen lassen. Grabungsleiterin in Sarah Wolffs Team war Antje Franz-Steinert, der es vorbehalten bleibt, die Funde aus vorchristlicher Zeit zu erläutern.
Die 244 festgestellten und dokumentierten Befunde beweisen, dass Tauberrettersheim bereits zur Zeit der Urnenfelderkultur in ausgehenden Bronzezeit (1300 bis 800 v. Chr.) besiedelt war. Neben den 148 Pfostengruben kamen 18 Siedlungsgruben mit einer Tiefe von bis zu 1,70 Meter ans Tageslicht, ebenso 44 Kegelstumpfgruben, ein außergewöhnlich großer Grubenkomplex, sieben Schlitzgruben und ein Befund, der auf ein Brandereignis hindeutet.
Ebenso stießen die Archäologen auf eine Sonderbestattung mit Skelettresten eines etwas fünfeinhalb Jahre alten Kindes in Hockerlage, mit an den Körper angezogenen Beinen, sowie dem Schädel eines Erwachsenen. Da Hockerbestattungen aus der Jungsteinzeit (10.000 bis 2200 vor Chr.) bekannt sind, besteht laut der Grabungsleiterin die Möglichkeit, dass das Grab sogar noch älter ist und nicht zur urnenfeldzeitlichen Siedlung gehört.
Die Menschen in der Bronzezeit gingen sorgsam mit ihren Nutztieren um
Dabei ging Grabungsleiterin Franz-Steinert auch auf die Entstehung der Grabenbefunde ein, die man an den dunklen Flecken im Boden erkennen kann. Zumeist sind es Alltagsgegenstände wie Gefäßscherben, die in solchen Gruben gefunden werden. Besonders interessant ist der Fund zweier sogenannter Trensenknebel. Die aus Knochen hergestellten Teile gehörten zu einem Pferdegeschirr. Die Verzierungen beweisen, dass die Menschen nicht nur sorgsam mit ihren Nutztieren umgingen, sondern sogar Schmuck für sie fertigten. Ein zusammengehöriges Paar dieser Knebel zu finden, sei geradezu spektakulär.
Bei den "Fund" Stücken war man neben Alltagsgegenständen wie Gefäßen (Scherben) meist aus Keramik erfolgreich. Der spektakulärste Fund auf dem knapp 8 000 Quadratmeter großen Untersuchungsgebiet ist ein sogenannter Trensenknebel, ein aus Knochen hergestellter Teil eines Pferdegeschirrs und das nicht als Einzelstück sondern als Set. Der relativ gut erhaltene Knebel ist ein Beweis, dass die Menschen sorgsam mit ihren Nutztieren umgingen und ihnen sogar Schmuckstücke fertigten. Franz-Steinert spricht von einer beachtlichen Zahl von Befunden, die darauf hindeuten, dass Tauberrettersheim ein beliebter Wohnort gewesen sein muss.
Die Ausgrabungen waren günstiger als erwartet
Bürgermeisterin Karin Fries zeigte sich begeistert vom Ergebnis der Ausgrabungen. Besonders erfreulich für sie, dass die Kosten der Erforschung im Zeitraum zwischen April und Juli dieses Jahres nicht, wie ursprünglich erwartet, 280.000 Euro, sondern nur 260.000 Euro gekostet haben. Dabei dauerten die Ausgrabungen wegen der Befundtiefe rund vier Wochen länger als geplant. Hierzu stellte Fries klar, dass es ohne diese Grabungen kein neues Baugebiet gäbe oder die einzelnen Grundstückseigentümer selbst für die Ausführung sorgen und diese auch bezahlen müssten.
Wie Matthias Merkl vom Landesamt für Denkmalpflege versicherte, werde die Grabung im nächsten Jahrbuch der Archäologie in Unter- und Oberfranken ausgiebig gewürdigt. Insgesamt gebe es in Tauberrettersheim noch vier weitere Stellen, an denen Bodendenkmäler vermutet werden.
Nach einer Gesetzesänderung zur Jahresmitte sei gegenwärtig noch offen, wem die Funde jetzt gehören, so Merkl weiter. Er hoffe aber, dass sie wie bisher dem Auftraggeber, also der Gemeinde zustehen, und auch öffentlich ausgestellt werden können.