
In einem Samstagsbrief an Klimabürgermeister Martin Heilig kritisierte unser Autor die Bewirtschaftung des Parkplatzes auf der Talavera in Würzburg. Man müsse Alternativen wie den ÖPNV verbessern, anstatt das Autofahren in der Stadt "so unattraktiv wie möglich zu machen". Nun hat Heilig geantwortet.
Sehr geehrter Herr Stahl,
vielen Dank für Ihren Brief und ich meine das so, ganz ohne Ironie! – Geben Sie mir doch die Gelegenheit, Ihre Argumente zu widerlegen und manche Falschinformation richtig zu stellen.
Wenn Sie in Ihrem Brief wiederholt von grüner Politik sprechen, so greift dies zu kurz. Beim Konzept "Besser leben im Bischofshut" handelt es sich um ein Mobilitätspaket eines überparteilichen Bündnisses, das eine breite und stabile Mehrheit des Stadtrates trägt. Wir haben uns zusammengefunden, um die Aufenthalts- und Lebensqualität in Würzburgs Innenstadt zu verbessern, endlich ein schlüssiges Verkehrskonzept umzusetzen und – und das ist für unser Bündnis der wichtigste Punkt – unsere Stadt fit zu machen für den Klimawandel, der uns jetzt schon trifft und sich leider noch deutlich verschärfen wird.
Dies blenden Sie aus, wenn Sie die Debatte auf die Bewirtschaftung der Talavera reduzieren. Im Kern erkennen Sie die grundsätzliche Sinnhaftigkeit der Bewirtschaftung an. Danke dafür. Ihre Kritik entzündet sich allein am Zeitpunkt. Warum also jetzt? Parkraum muss Geld kosten, denn er ist auch in jeder Hinsicht kostspielig. Warum zum Beispiel müssen Nutzer*innen des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) etwas für Bus und Bahn zahlen, Autofahrer aber nichts für die Benutzung von Parkplätzen in unmittelbarer Nähe zur Innenstadt? Mit unserem Konzept wollen wir die Gleichstellung der verschiedenen Verkehrsteilnehmer*innen in Würzburg erreichen. Umweltfreundlichere Alternativen zur Pkw-Nutzung werden erst dann in den Vordergrund rücken, wenn das Verhältnis der Ticketpreise im Vergleich zum ÖPNV angemessen ist.
Richtig zu stellen ist der von Ihnen aufgeführte Betrag von 180 Euro an monatlichen Parkgebühren: Sie rechnen hier mit dem Tageshöchstsatz von neuen Euro an fünf Tagen in der Woche. Doch das entspräche der Parkdauer einer 75-Stundenwoche oder gar eines Rund-um-die-Uhr-Parkens. Im Bezug auf die durchschnittliche Jahresarbeitszeit von Arbeitnehmer*innen in Deutschland von 1577 Stunden käme man auf rund 85 Euro im Monat. Und dabei bleibt auch noch das heute häufige Arbeiten im Homeoffice oder wenigstens an einzelnen Tagen eine Wechsel auf Bus, Bahn, Fahrrad oder Fahrgemeinschaften außen vor. Auch reduziert die Weiterfahrt mit der im Ticket inbegriffenen Straßenbahn (es gilt Parkschein = Fahrschein) zum Arbeitsplatz diese Rechnung erheblich. Und natürlich kann man nach wie vor auch günstigere innenstadtnahe Parkplätzte monatlich anmieten.
Sie bemängeln außerdem das Fehlen von Alternativen. Mit Verlaub: Das stimmt ganz überwiegend nicht. Nach unserem Konzept "Besser leben im Bischofshut", das ja bereits nach Mehrheitsbeschluss des Stadtrats bereits in der weiteren Bearbeitung und Umsetzung ist, ist die Bewirtschaftung der Talavera ein Schritt von vielen. So ist der Bau des Parkhauses am Hauptbahnhof bereits auf dem Weg, es findet schon ein massiver Radwegeausbau statt, weitere Parkhäuser sind in Planung, über 6000 Quadratmeter der Innenstadt sollen entsiegelt und weitgehend begrünt werden. Es entsteht mehr Platz zum Flanieren, Spielen, Kaffee trinken, Ratschen und Radeln. Es wird viele schattenspendende Bäume geben, bessere Abstellmöglichkeiten für Fahrräder und E-Bikes, neue (Trink-)Brunnen und Sitzgelegenheiten.
Außerdem wird unser ÖPNV mit großen Investitionen deutlich gestärkt und verbessert. Das Busnetz+ ist sogar längst in der Umsetzung und verbindet die einzelnen Würzburger Stadtteile noch besser miteinander. Zudem verdichten wir den Takt der Straßenbahn deutlich, beenden den unattraktiven Ferienfahrplan, finanzieren ein ÖPNV-Bonusprogramm zur Unterstützung des Einzelhandels und arbeiten an einem millionenschweren Programm zur Verbesserung der Pendler*innen-Mobilität im ÖPNV.
Auch ist das ÖPNV-Angebot im Landkreis heute schon besser, als oft dargestellt wird. Die Stadt Würzburg hat laut Pendlerstatistik ca. 53.000 Einpendler*innen, davon kommen ca. 52 Prozent aus dem Landkreis Würzburg und ca. 35 Prozent aus einem Umkreis von 10 Kilometern um die Stadt Würzburg. Letztere haben im Wesentlichen in der Hauptverkehrszeit einen 30-Minuten-Takt in den Bischofshut und sind mit ÖPNV wesentlich günstiger unterwegs als mit dem Auto. Weitere 14 Prozent haben außerdem ein Park & Ride-Angebot mit der Bahn im Gemeindegebiet oder direkt benachbart verfügbar, das in der Hauptverkehrszeit zweimal pro Stunde bedient wird.
Der ÖPNV aus und in den Landkreis muss nach Ihrer Meinung trotzdem besser werden. Das finde ich auch. Es muss weiter deutlich vorangehen. Doch dies ist vorrangig Aufgabe des Landkreises. Wobei wir Grünen – auch im Bündnis – aktuell sehr gute Vorschläge für eine konkrete Verbesserung des ÖPNV im westlichen Landkreis, dem Haupteinzugsgebiet der Talavera, und für P&R-Plätze in Stadtnähe verbunden mit Schnellbuslinien vorgelegt haben. Vielleicht bringt unsere Initiative jetzt Schwung in diese Diskussion und es werden auch hier bald konkrete Beschlüsse gefasst. Dabei geht es uns um eine konstruktive Zusammenarbeit nach dem Motto "Stadt und Land Hand in Hand".
Wir wollen und werden gemeinsam im Bündnis Würzburg noch attraktiver machen. Wir wollen und werden Einzelhandel, Gastronomie und Hotellerie stärken und zugleich der Klimakrise begegnen. 29 Prozent der Treibhausgasemissionen entfallen in Würzburg auf den Verkehrssektor. Das ist schlicht zu viel und wir müssen jetzt sofort – ohne weiteres Zögern – ins Handeln kommen.
Dafür müssen sich auch liebgewordene Gewohnheiten ändern. Stetig heißer werdende Sommer, Tropennächte und Trockenheit zwingen uns dazu, unsere Innenorte den klimatischen Veränderungen anzupassen, um so die Auswirkungen der Klimakrise einzudämmen. Für unsere Gesundheit und besonders zum Wohle unserer Kinder, damit auch die kommenden Generationen noch gut in Würzburg leben können.
Dafür braucht es eine mutige Politik und den Willen, zu gestalten. Ich freue mich, dass Sie uns dabei konstruktiv-kritisch als Zeitung begleiten. Aber bitte stets immer an Fakten und am notwendigen Wandel in Zeiten der dramatischen Klimakrise orientiert.
Herzliche Grüße
Ihr
Martin Heilig
Ich finde das neue Verkehrskonzept schlüssig und bin froh, dass sich eine breite, überparteiliche Mehrheit im Stadtrat hierfür gefunden hat. Es ist schade, dass neuen Konzepten keine Chance gegeben wird. Die Welt verändert sich und auch wir in Würzburg
müssen darauf reagieren. In vielen anderen Städten gibt es auch keine kostenlosen Parkplätze mehr und die haben es auch überlebt! Und wirken gar nicht so unglücklich ; ).
Ich hätte mir auch von der Main-Post eine positivere Darstellung und Unterstützung des neuen Verkehrskonzept gewünscht, oder zu mindest eine sachliche.
Von Der Kenntnis über Arbeitszeiten und Berufsbildern ist Herr Heilig Meilenweit entfernt! Von Mehrheiten des sog überparteilichen Bündnisses, "das eine breite und stabile Mehrheit des Stadtrates trägt" kann jeder Demokrat nur den Kopf schütteln!
Man "kauft" sich Stimmvieh von Splitterparteien um seine Ideologie durchzusetzen! Und erpresst damit nicht nur die Bürger sondern eine ganze Stadt mit allen Faktoren!
Ein Partei mit einem oder 3 Mitglieder im Stadtrat ist keine Mehrheit!
Da hilft das runterbeten und gendern nichts!
Er sollte seinen Dienstkoffer packen aus dem Parkverbot rausfahren und seinen Hut gleich mitnehmen!
Dieser Brief ist an Heuchelei nicht zu überbieten, typisch Grün, den anderen vorschreiben was sie zu machen haben, aber selbst sich drum nicht scheren.
Radwege sind ja schön, aber ab November sind diese ziemlich verwaist.
Grün ist der Untergang der Stadt Würzburg.
Daher mein Tipp: Rein ins Rathaus, in die Arbeitsgruppen und mitgestalten statt inhaltsarme Fünfzeiler zu produzieren.
Gibt es übrigens schon lange. Das bekannteste Beispiel dürfte die Tabaksteuer sein.
Nachdem Ihnen das nicht bekannt zu sein scheint nutzen Sie diese Abgabe um (wieder einmal?) Grüne Politiker zu beschimpfen.
Das zeigt dich, dass er sich über die Sorgen der Bürger:innen lächerlich macht, sie ihm völlig egal sind, genau so wie Klimaschutz! Alles nur Theater!
Pendle seit 35 Jahren mit ÖPNV, in den Anfängen waren die Wartezeiten von 1 Stunde üblich. Meditationszeit...oder Lesestunde.
Den Samstagsbrief von Herrn Stahl empfand ich doch als sehr einseitig an den "armen" Autofahrern orientiert und die anstehenden Probleme in Sachen Klimawandel ausblendend.
Es kommen auf uns alle Einschränkungen zu und wir alle müssen umdenken.
Das können und wollen anscheinend viele noch immer nicht akzeptieren, wie man an einigen Kommentaren hier sieht.
https://www.tvmainfranken.de/mediathek/video/hinter-den-kulissen-online-zusatzteil-klimabuergermeister-martin-heilig/
Einfach mal den Link kopieren und im Video auf Minute 10:36 vorspulen.
Jene Bigotterie unverhohlen im Fernsehen zur Schau zu tragen, sagt einfach alles und ist ein Schlag ins Gesicht aller Bürger.
1. Nach Ihrer Logik müssten auch Anwohner, die am Straßenrand parken, für den Parkraum bezahlen.
2. Sie erwähnen die Verbesserungen im ÖPNV. Im Gegensatz zu Ihren Behauptungen haben hier vorwiegend Stadtbewohnende etwas davon, im Landkreis schaut es außerhalb des 10km-Umkreises düster aus. Aus Richtung Süden meistens nur Stundentakt (auch mit der Bahn), mit dem Bus dauernd Verspätungen und quälend lange Fahrzeiten. Dazu kommt ein völlig antiquiertes System zum Kauf von Tickets. Es kann schon mal passieren, dass gleichzeitig mehrere Leute einsteigen und ein Einzelticket beim Fahrer bezahlen, der oft umständlich wechseln muss. Zeitbedarf: bis zu 5 Minuten.
Die Kapazität der Züge reicht in Stoßzeiten nicht, Fahrradmitnahme ist eine Qual, was zugegebenermaßen an den Mitmenschen liegt, die die Plätze für Fahrräder nicht räumen. Sie erziehen ja gerne die Menschen zu besserem Verhalten, wobei Sie bei sich wohl gerne eine Ausnahme machen (Rathaus - Bürgerspital
Rein in die Unis, forschen, entwickeln und TechUnternehmen gründen mit neuen, realistischen und funktionierenden Konzepten statt ständiges grünes Mimimi von Studienabbrechern würde uns wirklich weiterbringen.
Sie glauben auch an die Mär der FDP mit Wissenschaft/Forschung können alle Probleme gelöst werden? Und am besten durch Staat bezahlt und Gewinne machen dann Unternehmen.
Die Lösungen sind bereits alle bekannt. Flugtaxis zählen übrigens nicht dazu. Und durch Preise und Gesetze (Verbot und/oder Förderung) erfolgt eine Verhaltensänderung. Freiwilligkeit funktioniert nur in den wenigsten Fällen, das hat uns eine Ex-Landwirtschaftsministerin in zahllosen Projekten gezeigt die im Sande verlaufen sind.
Voraussetzung ist natürlich das man einen menschengemachten Klimawandel akzeptiert und das immer mehr (Auto-) Verkehr in der Stadt früher oder später zum Kollaps führt und das man an der Situation was ändern möchte.
Damit klappt es dann bestimmt.