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Würzburg
Streik an der Uni-Klinik Würzburg: 6 Angestellte sagen, warum sie streiken und wie belastend ihre Arbeit ist
Die Servicekräfte an der Uniklinik streiken aktuell für eine Angleichung an den Tarifvertrag. Sie sprechen von Ungleichbehandlung, schlechter Bezahlung und ihrer schweren Arbeit.
Sie alle arbeiten an der Uniklinik Würzburg, sind aber angestellt bei einer Tochterfirma. Jetzt streiken sie für höhere Löhne und eine Angleichung an den TV-L. Oben von links: Said Begovic, Marco Rüttiger mit Tochter Emilia, Tatjana Fast. Unten von links: Joanna Dutkiewicz, Kevin Bauer, Maryna Mungi.
Foto: Daniel Peter | Sie alle arbeiten an der Uniklinik Würzburg, sind aber angestellt bei einer Tochterfirma. Jetzt streiken sie für höhere Löhne und eine Angleichung an den TV-L.
Christoph Sommer
 |  aktualisiert: 07.05.2024 02:47 Uhr

Lautstark zieht der kleine Demonstrationszug mit den rot-weißen Fahnen durch Grombühl. Rund 50 Angestellte der UKW Service GmbH, sie gehört zu 51 Prozent dem Uniklinikum, laufen zu deren Geschäftsstelle. Es sind die Menschen, die in der Uniklinik die Operationssäle und Stationen putzen, die Patienten transportieren oder sich um das Essen kümmern. Ohne sie wäre der medizinische Alltag der Uniklinik nicht aufrechtzuerhalten – und seit Donnerstag streiken sie fünf Tage lang.

Die Gewerkschaft Ver.di fordert eine Angleichung der Gehälter bei der UKW Service an den Tarifvertrag der Länder (TV-L). Weil die Arbeitgeberseite das Ultimatum zur Aufnahme von Verhandlungen habe verstreichen lassen, ruft sie jetzt zum Streik auf. Wie Ver.di in einer Pressemitteilung sagt, biete der TV-L "nicht nur höhere Löhne, sondern auch eine betriebliche Altersvorsorge und Rechtsanspruch auf etwa ein 13. Monatsgehalt".

Warum sie streiken und was sie fordern, sagen hier sechs streikende Angestellte der UKW Service:

Said Begovic, 24, Patientenbegleitung: "Ich fordere, dass alle gleich behandelt werden."

Said Begovic (24).
Foto: Daniel Peter | Said Begovic (24).

Ich streike, weil ich nicht damit einverstanden bin, dass eine Zweiklassengesellschaft in einem Unternehmen geführt wird. Es gibt einmal die Angestellten im öffentlichen Bereich der Uniklinik und einmal uns von der UKW Service GmbH, dem Tochterunternehmen. Da gibt es unterschiedliche Bezahlungen und Leistungen. Wir bekommen zum Beispiel keine betriebliche Altersvorsorge, kein Weihnachtsgeld. Ich fordere, dass alle gleich behandelt werden. 

Marco Rüttiger, 45, Patientenbegleitdienst: "Wir fühlen uns als Angestellte zweiter Klasse."

Marco Rüttiger (45) und seine Tochter Emilia.
Foto: Daniel Peter | Marco Rüttiger (45) und seine Tochter Emilia.

Ich streike, weil wir seit Jahren beschissen werden. Uns wurden die Lohnerhöhung vom Gebäudereiniger-Tarif versprochen. Stattdessen bekommen wir willkürliche Lohnerhöhungen, weil wir "nicht eingruppierbar" sind. Was wir machen, hat mit Reinigung auch nichts zu tun. Wir transportieren Patienten, wir übernehmen teilweise Aufgaben, die früher die Pflege gemacht hat. Wir fordern also, dass wir eingruppiert werden. Wir fühlen uns als Angestellte zweiter Klasse.

Tatjana Fast, 52, Reinigung: "Damit wir etwas besser leben können."

Tatjana Fast (52).
Foto: Daniel Peter | Tatjana Fast (52).

Ich streike, weil ich fordere, dass wir für die die schwere Arbeit, die wir jeden Tag im Uniklinikum leisten, besser bezahlt werden. Damit am Ende des Monats etwas übrig bleibt und wir etwas besser leben können. Zurzeit bekommen wir 13,50 Euro brutto die Stunde. Das ist etwas mehr als Mindestlohn. Wir waren früher alle befreundet, auch mit den Chefs und Vorarbeitern. Jetzt kommst zur Arbeit, nur wegen der Arbeit.

Joanna Dutkiewicz, 55, Reinigung: "Unsere Körper, unsere Knochen, unser Kreuz sind immer kaputt."

Joanna Dutkiewicz (55).
Foto: Daniel Peter | Joanna Dutkiewicz (55).

Ich streike, weil wir mehr Geld verdient haben. Ich verdiene 13,96 Euro pro Stunde. Wir bekommen kein Weihnachtsgeld, kein Urlaubsgeld, keine Prämien. Was für uns sehr wichtig ist: Verständnis und Respekt von Seiten unserer Firma. Ich arbeite auf der Intensivstation. Das ist wichtige und schwere Arbeit. Unsere Körper, unsere Knochen, unser Kreuz sind immer kaputt. Ich hatte schon eine Schulter-OP, eine Knie-OP und ich habe nonstop Probleme mit dem Kreuz.

Kevin Bauer, 44, Patientenbegleitdienst: "Für die körperlich und psychisch nicht einfache Arbeit ist das Geld einfach zu wenig."

Kevin Bauer (44).
Foto: Daniel Peter | Kevin Bauer (44).

Es ist so, dass wir beim Patientenbegleitdienst keinen richtigen Tarifvertrag haben. Uns wurde, als wir übernommen wurden, versprochen: Ihr seid an den Gebäudereingier-Tarif angelehnt, also wenn der steigt, steigt euer Gehalt immer mit. Aber wir sind nur jedes zweite oder dritte Mal berücksichtigt worden. In den letzten Jahren sind die Lebenshaltungskosten stark gestiegen und wir sind immer noch so billig wie vorher. Für die körperlich und psychisch nicht einfache Arbeit ist das Geld einfach zu wenig.  

Maryna Mungi, 42, Verpflegungsassistentin: "Was wir machen, ist Pionierarbeit."

Maryna Mungi (42).
Foto: Daniel Peter | Maryna Mungi (42).

Mir geht es um die Lohnangleichung an den TV-L, also dass wir genauso bezahlt werden, wie die, die direkt an der Uniklinik angestellt sind. Wir gehören alle dazu. Es geht darum, jetzt aufzustehen und Gesicht zu zeigen. Was wir machen, ist Pionierarbeit. Das gab es noch nie, dass die "niederen" Berufe mal gestreikt haben. Das Geld ist da, es muss nur gerechter verteilt werden. Es ist traurig, dass so wenige Menschen hier sind. Viele haben Gewissensbisse. Sie meinen etwa, wenn ich nicht zur Arbeit komme, dann werden meine Patienten vernachlässigt.

 
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  • Dietmar Eberth
    Nix Jammern. Nicht weniger, sondern MEHR arbeiten. Sowohl Wochenarbeitszeit als auch bis zur Rente braucht das Land.

    "Lindner schimpft über deutsche Arbeitsmoral – Merz gibt ihm Recht"
    https://www.merkur.de/politik/christian-lindner-fdp-friedrich-merz-cdu-arbeitsmoral-deutschland-kritik-arbeitsstunden-93021318.html
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