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Würzburg
Servicekräfte an der Würzburger Uniklinik im Warnstreik: Kritik an schlechter Bezahlung und "Zweiklassengesellschaft"
Sie sind keine Pflegekräfte, aber ohne sie wäre ein Klinikbetrieb unmöglich: Rund 1250 Beschäftige arbeiten an der Uniklinik im Service. Verdi fordert mehr Gleichbehandlung.
Mit einem Zug in die Würzburger Innenstadt demonstrierten am Montag rund 200 Beschäftigte der Service-Gesellschaften der Unikliniken Würzburg, Erlangen und Regensburg gemeinsam für bessere Löhne.
Foto: Daniel Peter | Mit einem Zug in die Würzburger Innenstadt demonstrierten am Montag rund 200 Beschäftigte der Service-Gesellschaften der Unikliniken Würzburg, Erlangen und Regensburg gemeinsam für bessere Löhne.
Andreas Jungbauer
 |  aktualisiert: 27.04.2024 02:43 Uhr

Sie reinigen die Operationssäle, bringen Essen und Medikamente auf die Station oder entsorgen den Müll: Rund 1250 der gut 7000 Beschäftigten an der Uniklinik Würzburg (UKW) sichern damit die Versorgung von Patientinnen und Patienten – gemeinsam mit Ärztinnen und Ärzten, Pflegekräften und anderen. Nur: Diese Servicekräfte werden deutlich schlechter bezahlt. Und sie haben auch keine betriebliche Altersversorgung.

Gewerkschaft fordert Angleichung an Tarifvertrag der Länder

Deshalb hat die Gewerkschaft Verdi die Servicekräfte an diesem Montag und Dienstag zu einem weiteren Warnstreik aufgerufen. Ziel der Gewerkschaft ist die Angleichung an den Tarifvertrag der Länder, der für das sonstige Klinikpersonal gilt. Hier gab es bundesweit zuletzt einen Abschluss mit 3000 Euro Inflationsausgleich und einer elfprozentigen Lohnsteigerung in zwei Schritten. Doch das Uniklinikum sieht für Verhandlungen keinen Anlass. Eine weitere Eskalation scheint nicht ausgeschlossen.

Angestellt nicht beim Freistaat – sondern einer eigenen Gesellschaft 

Grundproblem: Angestellt sind die Betroffenen nicht direkt bei der Uniklinik und damit nicht beim Freistaat. Sondern in einer eigenen Servicegesellschaft, die Reinigungsdienste, Transporte, Hauswirtschaft, Verpflegung, Bettenaufbereitung und Catering-Dienste übernommen hat.

Die UKW Service GmbH wurde 2007 gegründet und gehört zu 51 Prozent dem Uniklinikum, zu 49 Prozent dem Nürnberger Reinigungsunternehmen Dorfner. Davor waren die Leistungen an ein halbes Dutzend Fremdfirmen vergeben worden. 

Aktuell: Mindestlohn von 13,50 Euro nach Gebäudereiniger-Tarif

Der Würzburger Verdi-Sekretär Stefan Kimmel sieht eine Zweiklassengesellschaft unter den Beschäftigten: "Die Uniklinik, also der Freistaat, unterhält damit eine eigene Firma, um Lohndumping zu betreiben." Zwar unterliegt die Service GmbH dem Tarifvertrag des Gebäudereiniger-Handwerks, der in der untersten Gruppe einen Mindestlohn von derzeit 13,50 Euro pro Stunde sichert. 

"Aber das reicht nicht zum Leben und um später eine sichere Rente zu haben", hieß es bei der Streikversammlung am Montag. Viele hätten einen Zweit-, manche sogar einen Drittjob.

Beklagen fehlenden Respekt und Wertschätzung: Angestellte der Service-Gesellschaften der drei Uniklinika Würzburg, Erlangen und Regensburg bei ihrer Demonstration am Montag in Würzburg.
Foto: Daniel Peter | Beklagen fehlenden Respekt und Wertschätzung: Angestellte der Service-Gesellschaften der drei Uniklinika Würzburg, Erlangen und Regensburg bei ihrer Demonstration am Montag in Würzburg.

Den Mitarbeitenden der Service GmbH würden im Vergleich zu UKW-Angestellten mit ähnlicher Tätigkeit bis zu 900 Euro im Monat fehlen, hat Kimmel ausgerechnet. Klinik-Sprecher Dreising dementiert: "Ein solcher Fall ist dem UKW nicht bekannt." Auch die Kritik an der fehlenden betrieblichen Altersversorgung läuft bei der Klinikleitung ins Leere. Man verweist auf den bestehenden Tarifvertrag für die Gebäudereinigung.

Angespannte Atmosphäre zwischen Uniklinik und Verdi 

Die Atmosphäre zwischen Uniklinikum und Gewerkschaft ist frostig. Von Druck auf Streikwillige ist bei Verdi die Rede, Petitionslisten zur Unterstützung der Servicekräfte dürfen im Klinikum offiziell nicht ausgelegt werden. Viele Pflegekräfte, heißt es, hätten sie trotzdem unterschrieben.

"Die Uniklinik, also der Freistaat, unterhält damit eine eigene Firma, um Lohndumping zu betreiben."
Stefan Kimmel, Verdi-Sekretär aus Würzburg

Und die Uniklinik spricht Verdi die Zuständigkeit ab. Den Tarifvertrag, heißt es, verhandele schließlich die IG BAU. Dass Verdi in der Sache zu Warnstreiks aufrufen darf, haben indes Gerichte in Erlangen und Regensburg bestätigt: Auch an den dortigen Uniklinika betreibt der Freistaat die selbe Praxis mit neu gegründeten Service-Gesellschaften mit 49-prozentiger Privatbeteiligung. 

Deshalb streiken Angestellte aus allen drei Städten nun vereint für bessere Arbeitsbedingungen und höhere Löhne: An diesem Montag kamen rund 60 Service-Beschäftige aus Erlangen und 40 aus Regensburg zur Kundgebung nach Würzburg. Mit rund 100 Streikenden der hiesigen Uniklinik zogen sie zum unteren Markt. 

Streik am Montag: Unangemeldete Aktion im Klinikgebäude sorgt für Ärger

Im Zentrum für Operative Medizin (ZOM) war es zuvor zu einem Zwischenfall gekommen: Die Streikdelegation aus Erlangen sei mit bis zu 50 Personen unangekündigt mit Trillerpfeifen und laut skandierend durch das Gebäude gezogen, sagt Kliniksprecher Dreising und spricht von "erheblicher Beeinträchtigung der Patientenversorgung".

Zum weiteren Hergang gibt es unterschiedliche Schilderungen. Dreising zufolge sprachen Mitglieder des Klinikvorstands umgehend ein Hausverbot aus. Teilnehmende berichten ihrerseits von Handgreiflichkeiten durch Klinikverantwortliche – ein Vorwurf, den der Sprecher als "nicht zutreffend" zurückweist.

Urabstimmung über unbefristete Streiks läuft

Spürbare Auswirkungen auf den Klinikbetrieb habe der Warnstreik am Montag nicht gehabt, sagt Dreising. Auch für Verdi-Sekretär Kimmel ist klar: "Es darf dadurch keine Gefahr für Leib und Leben von Patienten entstehen." Man halte sich an eine Notdienstvereinbarung, die die Gewerkschaft unterbreitet hat.

Kimmel bedauert, dass die Klinikleitung bisher nicht zu Gesprächen bereit ist und sich auf den Gebäudereiniger-Tarifvertrag mit der IG BAU zurückzieht. Bis zum 22. April läuft die Urabstimmung über unbefristete Streiks. Die Stimmung könnte danach noch frostiger werden.

 
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  • Jürgen Huller
    "...Angestellt sind die Betroffenen nicht direkt bei der Uniklinik und damit nicht beim Freistaat. Sondern in einer eigenen Servicegesellschaft..."

    Damit sind diese wichtigen Arbeitskräfte letztendlich Leiharbeiter, die man nach Bedarf buchen kann, oder auch nicht. Bezahlt wird an die Servicegesellschaft nach gebuchter Zeit. Daher braucht man sich um soziale Dinge wie die Altersvorsorge dieser Mitarbeiter nicht kümmern. Das liegt in der Verantwortung der Servicegesellschaft.

    Diese Servicegesellschaft hat natürlich auch wieder den üblichen Verwaltungswasserkopf, der auch erst mal bezahlt werden will. Auch die Gesellschafter dieser Gesellschaft wollen natürlich einen Return auf ihr investiertes Kapital. Was dann noch übrig bleibt. bekommen dann die Mitarbeiter.

    Man kann es drehen und wenden, wie man will: am Ende sind solche Konstrukte einfach nur eine legale Art von Ausbeutung.
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  • Walter Seubert
    So geht der Freistaat an den ach so tollen "Elite- Universitäten" mit Menschen um. Nicht nur das Gehalt der "minderwertigen" Mitarbeiter sondern auch befristete Verträge etc.
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