zurück
GERBRUNN
Stirbt auch der Igel aus?
Symbolbild Igel
Foto: Peter Bria, LBV-Bildarchiv | Symbolbild Igel
Angelika Kleinhenz
 |  aktualisiert: 07.04.2020 11:34 Uhr

Sterben jetzt auch die Igel? Zum Jahresende 2017 veröffentlichte das Bayerische Landesamt für Umwelt (LfU) eine aktualisierte Rote Liste für Bayerns Säugetiere– mit dem Ergebnis: Über 40 Prozent der insgesamt 79 in Bayern heimischen Säugetierarten sind gefährdet. Ein Drittel gilt als sehr selten oder extrem selten.

Vom Aussterben bedroht sind beispielsweise der Luchs und die Fledermausart „Große Hufeisennase“. Erschreckend: Auch der Igel als einstige Allerweltsart steht jetzt auf der Vorwarnliste, einem Teil dieser Roten Liste. Die Art ist zwar noch nicht gefährdet, ihr Bestand aber rückläufig.

Bestätigen können das Gudrun und Herbert Martin, Leiter der unterfränkischen Igelstation in Gerbrunn (Lkr. Würzburg).

Die beiden kümmern sich seit 27 Jahren ehrenamtlich um verwaiste, verletzte, kranke oder zu magere Igel. Ihr Einzugsgebiet deckt ganz Unterfranken ab und reicht von Frankfurt bis nach Nürnberg. Durchschnittlich päppelt das Ehepaar mit seinen ehrenamtlichen Igel-Helfern pro Jahr 300 bis 330 Igel wieder auf.

Anzeige für den Anbieter YouTube über den Consent-Anbieter verweigert

Immer weniger Tiere in Unterfrankens Igelstation

Doch es werden von Jahr zu Jahr weniger. In rasantem Tempo: Waren es 2016 bereits 40 Igel weniger als in den Vorjahren, konnten die Martins 2017 bereits 140 Igel weniger retten. Auch die Anrufe besorgter Unterfranken, die bei den Igel-Experten anrufen, weil sie vergebens auf Igelfamilien warten, die in den Jahren zuvor ihre Gärten bevölkerten, deuten auf den Rückgang der Art hin.

Der Einsatz von Chemie und die strukturelle Verarmung der Landschaft machen es dem Igel schwer, sagt Martina Gehret vom Landesbund für Vogelschutz in Bayern. Der Igel als Insektenfresser leide unter dem extremen Rückgang der Insekten auf den intensiv bewirtschafteten Flächen. Es fehle an Nahrung, aber auch an Hecken- und Randgehölzen, die als Schlafplätze und Winterquartiere für Igel dienen.

Die Folge: Die Tiere ziehen vor allem in private und Gemeindegärten. Doch Straßen, undurchlässige Gartenzäune und Bahntrassen machen es ihnen schwer. Auf der Suche nach Nahrung überquere der Igel durchschnittlich bis zu zwölf Straßen pro Nacht. Er schafft das nicht immer lebend: Der Igel zählt zu den häufigsten überfahrenen Säugetieren in Bayern.

Gärten sind zu aufgeräumt

99 Prozent aller Gärten seien Wohnzimmer, sagt Gudrun Martin. Das neueste seien Steinwüsten. Dort finden Igel weder Unterschlupf, um Junge zu gebären oder Winterschlaf zu halten, noch finden sie Futter. Selbst draußen in der Flur werde fast schon jeder Zweig und jedes Blatt weggeschnitten, unter denen sich Käfer, Würmer oder Weinbergschnecken – die Nahrungsgrundlage für Igel – verstecken könnten.

Helfen könnten Gartenbesitzer, indem sie zumindest eine Ecke ihres Gartens nicht aufräumen, einen Reisighaufen und Laub aufschichten. Auch ein offener Kompost, der leider viel zu oft von der Biotonne ersetzt werde, sei wichtig für das Überleben von Käfern und Würmern, so Martin.

Auf Schneckenkorn, Blaukorn oder Gifte sollten Gartenbesitzer, denen die Kleintiere am Herzen liegen, verzichten.

Wer Igel füttern will, sollte täglich 400 Gramm nasses Katzenfutter und eine Schale Wasser (keine Milch) ins Freie stellen. Um Nachbars Katze fern zu halten, kann man über den Napf eine einfache Baumarkt-Box mit einem Einschlupfloch stülpen. Igel fressen in 24 Stunden so viel, wie sie selbst wiegen.

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Gerbrunn
Würzburg
Angelika Kleinhenz
Gartenbesitzer
Landesämter
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top
  • G. S.
    Wer den extremen Rückgang der Insekten in Zweifel ziehen sollte, dem müsste auffallen, dass früher in der Dämmerung die Insekten nur so auf die Autoscheibenn prasselten. Seit längerer Zeit bleiben sie sauber.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • A. H.
    Fast schon ein Menetekel: Nach den Käfern ("Schädlingen"), Bienen, Insekten und Vögeln ist jetzt das erste Säugetier und ein Sympathieträger dran.
    Nicht, weil es von uns bewusst aus dem Weg geräumt wird wie die großen Beutegreifer (Sog. Nahrungskonkurrenten) sondern weil wir ihm seine Lebensgrundlage nehmen - Stichwort: aufgeräumte Gärten (aber schö is er scho, unser sauberer Tuja-Wald).
    Der Weg zu uns wird immer kürzer!
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • P. K.
    Es sind nicht die aufgeräumten Gärten die den Igel umbringen. Da wird der Igel eh nur totgefahren falls sich einer einnistet. Es ist die aufgeräumte Landschaft in der unsere bäuerliche Landwirtschaft alles umbringt was ein Insekt ist.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • A. H.
    Der aufgeräumte Garten war mehr als Synonym dafür gemeint, dass WIR ALLE (mit)schuldig sind, nicht immer nur die anderen. Hu
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • N. R.
    NEIN! Keiner kann mit seinem kleinen Garten heilen, was die Landwirte auf großer Fläche an Schaden verursachen. Trotzdem lehne ich Betongärten ab. Wir müssen alle bescheidener werden, alles geben, um die Welt zu retten, aber damit keine Ansprüche entwickeln, zumindest nicht in materieller Hinsicht. Fleißig sein und bescheiden bleiben.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • L. W.
    @ glaubt.........

    Jetzt glaub ich es kaum, neulich haben Sie noch den Glyphosat - Schmidt verteidigt.
    Wie passt das zusammen?
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • A. H.
    Da ham se neulich scheints wieder mal nur des herausgelesen, was ihnen in die Ideologie gepasst hat.......
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • N. R.
    Der Weg zu uns wird immer kürzer - ich bin schon auch der Meinung, dass am Ende dieser Kette der Mensch steht. Selbst Allerweltsarten sind heute in ihrem Bestand bedroht. Um Unserer Selbst willen sollten wir unseren hohen Lebensstandart und unseren Verbrauch senken und Ökosysteme erhalten - Stichwort Nationalpark - geben wir die Hoffnung nicht auf.
    Wenn das Establishment der Mächtigen das nicht einsehen will, muss es weg. Zugunsten weitblickenderer politischer Kräfte.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • A. H.
    natürlich nicht alles heilen, aber dazu betragen! Aber es is halt leichter, immer nur auf die anderen zu schimpfen, als sich selbst zu hinterfragen.........
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • A. H.
    DAS GEHÖRT NATÜRLICH NACH OBEN, ABER DER ADR. PASST
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • A. H.
    "Ende der Kette" stimmt doch längst nicht mehr, weil wir uns von der natürlichen Nahrungskette abgekoppelt haben und unsere Nahrung weitestgehend in sterilen Ställen und Treibhäusern erzeugen und den Rest der Welt plündern. Unsere Felder nutzen wir zunehmend für Energie und verfeuern dafür sogar hochwertiges Getreide.....
    Der Igel hingegen um noch einmal darauf zurückzukommen ist darauf angewiesen, dass wir ihm das lassen, was er braucht.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • G. B.
    könnte auch sein, dass die Insekten die mit Feinstaub verseuchten Straßen meiden.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten