Zwei Freunde, eine Vision: das Camping individualisieren. Zwei Freunde, ein Problem: Corona. Zwei Freunde, eine Lösung: Augen zu und durch. Die Frage, warum Nick Adelmann und Daniel Schmidt ausgerechnet jetzt während des Pandemie-Notstands ihre Firma gegründet haben, hören die beiden 30-Jährigen in letzter Zeit häufig. "Ab einem bestimmten Punkt gab es für uns einfach kein Zurück mehr", gibt Schmidt Einblick ins Seelenleben: "Wir haben uns die momentane Lage ja nicht ausgesucht."
Schritt ist reiflich überlegt
Der Karosserie- und Fahrzeugmeister hat schon länger seinen Job als Werkstattleiter bei einem großen Caravan-Händler gekündigt. Adelmann, studierter Ingenieur, geht bei seinem Arbeitgeber demnächst in Teilzeit. Die beiden haben sich den Schritt reiflich überlegt. "Wir wollen Camper reparieren, nachrüsten, selbst ausbauen und visuell planen", unterstreicht Adelmann, der in Oberdürrbach wohnt. Wenn man so will, dann verwirklichen sich die jungen Gründer künftig als Architekten: aber nicht für Häuser, sondern für Wohnmobile und -wägen.
Dafür haben sie sich den hinteren Teil einer neu entstandenen Halle an der Sonnleite in Kist angemietet – und sie für ihre Zwecke ausgebaut. Die beiden ließen ein kleines Häuslein hineinbauen, in dem Empfang, Büro und Aufenthaltsraum vorgesehen sind. "In der Halle können wir parallel an bis zu drei Campern arbeiten", erzählt Adelmann. Die ersten Aufträge habe man bereits gewinnen können. "In der ersten Mai-Woche eröffnen wir." Die beiden Freundinnen kümmern sich rührig um die Firmenpräsentation in den sozialen Netzwerken: Abenteuerlust, Naturnähe und Emotionen werden in der Welt der Outdoor-Camper großgeschrieben.
Verzögerungen wegen Corona
Es klingt wie ein Bilderbuchstart einer neuen Unternehmung, wenn da nicht dieses Virus aufgetaucht wäre. "Dadurch kam es zu einigen Verzögerungen", berichtet Schmidt. Handwerker müssten versetzt in der Halle arbeiten, die Bearbeitung von Unterlagen durch die Behörden dauert länger – und die Hausbank strich auch noch ihre mündliche Kreditzusage komplett. "Als wir unser Projekt vorgestellt haben, hieß es noch, wir würden so viel Geld bekommen, wie wir brauchen", sagt Adelmann. "Doch dann wurde es in dem Prozess immer zäher – und vor einigen Wochen erhielten wir dann die Nachricht, dass bis Herbst keine Kredite mehr an Existenzgründer ausgegeben werden."
Die beiden früheren DJs, die in ihrem Leben schon so viele Menschen zum Tanzen gebracht haben, verfielen selbst in Schockstarre; aber nicht lange. "Der erste Moment war hart. Doch wir haben viel Zuspruch von Familie und Freunden bekommen, auch finanzieller Natur", sagt Adelmann. Die beiden, die seit Jugendtagen bei der Freiwilligen Feuerwehr Oberdürrbach engagiert sind, befreiten sich aus der Starre – und machten weiter, wohlgemerkt ohne Bankhilfe. Schmidt: "Manch eine Investition können wir dadurch erst tätigen, wenn die ersten Brötchen verdient sind. Doch das Wichtigste ist, dass es jetzt losgehen kann."
Camping in Corona-Zeiten? Derzeit ist das nur im eigenen Garten möglich. Doch noch viel weiter erscheinen Reisen ins entfernte Ausland, etwa mit dem Flugzeug. "Der Drang, Neues zu entdecken und einfach mal aus den eigenen vier Wänden raus zu kommen, dürfte nach der Lockerung größer denn je sein", setzt Adelmann auf eine Fortsetzung des Camping-Booms – genau wie den Standortvorteil. "Wir liegen sehr zentral in der Nähe von zwei Autobahnen."
Die Neugründer können sich in Kist auch gut einen Wohnmobil-Stellplatz auf einem nebenliegenden Acker vorstellen. Erste Gespräche mit dem Eigentümer hätten schon stattgefunden, so Schmidt. Den beiden Kumpels schwebt ein kleines Reisezentrum unweit des Guttenberger Forstes vor. Die neue Halle gehört einer angestammten Firma, die kürzlich den vorderen Teil bezogen hat und auf Motorräder spezialisiert ist. Gemeinsam mit der Campermanufaktur beweisen sie in diesen Tagen eindrucksvoll: Corona bremst nicht alles und jeden aus.