Persönliche Beziehungen gebe es "doch immer". Und: "So funktioniert Politik." Damit rechtfertigt der Würzburger Landrat Thomas Eberth (CSU), dass sich sein Parteifreund Gerhard Eck, Staatssekretär im Bayerischen Innenministerium, für einen schwarz gebauten Pferdestall in Zell am Main eingesetzt hat.
Eberths Behörde hatte entschieden, dass der kleine Ponystall abgerissen werden soll. Daraufhin wandte sich die betroffene Pferdebesitzerin an den Staatssekretär aus Donnersdorf im Stimmkreis Schweinfurt. Ecks Büro im Innenministerium lud daraufhin alle Beteiligten zu einem Gespräch ins Landratsamt nach Würzburg ein. Ergebnis: Der Pferdestall darf erst einmal stehen bleiben. Eventuell findet sich ein Kompromiss.
SPD-Abgeordneter Halbleib ärgert sich über Aussage des Würzburger CSU-Landrats
Funktioniert so Politik? Für den SPD-Landtagsabgeordneten Volkmar Halbleib aus Ochsenfurt ist Eberths Satz "fatal". Denn er würde einen völlig falschen Eindruck erwecken. "Ich setze mich auch regelmäßig für die Anliegen von Einzelpersonen, Organisationen oder Kommunen ein, die entweder eine Entscheidung von Behörden erwarten, wie beispielsweise eine Baugenehmigung oder einen Förderbescheid", sagt Halbleib. Das gehöre auch zu den Aufgaben eines Abgeordneten - "aber nicht, weil dahinter persönliche Beziehungen stehen". Und sollte er doch jemanden persönlich kennen, dessen Anliegen er unterstützen soll, prüfe er "besonders kritisch", ob er sich dafür einsetzen werde, sagt der SPD-Politiker.
Er habe dabei für sich klare Grundsätze formuliert: "Einsatz muss erfolgen ohne Ansehen der Person, rein fachbezogen." Dabei sei es ihm völlig egal, ob er jemanden kenne oder nicht. "Ich prüfe sachbezogen. Und wenn ich meine, ich müsste mich einsetzen, mache ich es auch", so der Landtagsabgeordnete. Es könne nicht sein, aufgrund von Spezialbeziehungen zu Behörden Sonderregelungen zu bekommen. Das widerspreche rechtsstaatlichen Grundsätzen. "Es muss für alle gelten", betont Halbleib.
Hat sich Eck als Staatssekretär oder als Landtagsabgeordneter eingeschaltet?
Wenn Gerhard Eck im Fall des Zeller Ponystalls seinen Einsatz mit dem Amt des Staatssekretärs, also seiner Exekutivfunktion als Mitglied der bayerischen Staatsregierung, verbindet, sieht Jurist Halbleib darin ein grundsätzliches Problem. Denn das Innenministerium übe die Fach- und Rechtsaufsicht über die Landratsämter aus: "Gerade in solchen Fällen wäre er gut beraten, mit entsprechendem Fingerspitzengefühl und Zurückhaltung zu agieren."
"Gerhard Eck war als Landtagsabgeordneter tätig", heißt es von der Pressestelle des Innenministeriums dazu. Wie aber kommt es dann, dass Ecks Staatssekretärsbüro den Termin im Landratsamt organisierte und in der gesamten Kommunikation mit dem Zeller Rathaus und der Betroffenen immer von Staatssekretär Eck die Rede ist? Konkrete Nachfragen dazu will Innenminister Joachim Herrmann (CSU) nicht beantworten.
Ein Sprecher des Innenministeriums erklärt: "Eine Mitarbeiterin im Staatssekretärsbüro hat aufgrund der Urlaubsabwesenheit der Mitarbeiterin im Stimmkreisbüro im Auftrag von Herrn Eck im Rahmen einer einfachen Assistenztätigkeit aus organisatorischen Gründen die Terminabstimmung übernommen." Eck habe keinerlei Entscheidung als Staatssekretär getroffen. Dass er im Mailverkehr als solcher bezeichnet werde, "ändert nichts an der Tatsache".
Grünen-Politikerin Kerstin Celina: Andere Wege, Politik zu machen
Auch die Grünen-Landtagsabgeordnete Kerstin Celina aus Kürnach (Lkr. Würzburg) hat eine klare Haltung zum Stall-Fall: "Wie man sich als Mitglied der Staatsregierung außerhalb seines Stimmkreises in einen Einzelfall zu einem umstrittenen Themengebiet persönlich einschalten kann, ist mir unverständlich", sagt sie. "Das kann vielleicht einem engagierten Anfänger passieren, aber nicht einem erfahrenen Politiker."
Freilich bekomme sie auch Anfragen von Bürgerinnen und Bürgern. "Diese sind auch wichtig, um zu erkennen, wo generelle Probleme liegen", so Celina. Aber: "Mein Weg ist, den Menschen die Rechtslage, beziehungsweise die Ziele der geltenden Regelungen darzulegen, den Bescheid in einfacheren Worten zu erklären, ihnen zusätzliche Argumente zu liefern, die sie selbst in ihren Widerspruch aufnehmen können." Dabei sei ihr wichtig, "eben nicht" bei Behörden vorzusprechen, sondern die Bürgerinnen und Bürger "zu befähigen, für sich selbst zu sprechen".
Celina, als Beamtin bei der Agentur für Arbeit dort aktuell beurlaubt, sagt: "Wenn ich mir vorstelle, zu einer Entscheidung von mir hätte es ein Gespräch mit meinem Vorgesetzten und einem Staatssekretär gegeben, dann hätte ich das als unverschämt und sogar übergriffig empfunden, denn die Grenze zur Ausübung von Druck ist so fließend, dass so ein Gespräch am besten gar nicht stattfinden sollte."
Manfred Ländner (CSU) sieht Ecks Einmischung nicht als verwerflich an
Ihr CSU-Kollege Manfred Ländner aus Kürnach beschwichtigt: "Eck hat versucht einen Weg zu finden, die Gemeinde hat abgelehnt - Punkt. Ob es allerdings besonders klug war, dass sich Eck hier eingemischt hat, ist eine andere Frage." Ländner sieht aber auch, dass sich Politiker und Politikerinnen auf einen "schmalen Grat begeben". Denn, so der Landtagsabgeordnete: "Wer entscheidet, wo sich Politiker einsetzen und helfen dürfen?" Auch auf ihn würden viele Bürgerinnen und Bürger zukommen, die um Hilfe bei einem Bauantrag bitten, sagt Ländner: "Das ist politischer Alltag, das ist nicht alles verwerflich."
Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version hatten wir geschrieben, die Töchter von Gerhard Eck und der Ponybesitzerin kennen sich von Reitturnieren. Diesen Satz haben wir gestrichen. Er basiert auf den Aussagen mehrerer Gesprächsteilnehmer, die Eck so verstanden haben. Die Ponyhalterin war für ein Gespräch mit der Redaktion nicht bereit, ließ aber über ihren Anwalt für sich und ihre Tochter ebenfalls mitteilen, dass keinerlei Beziehung beziehungsweise Kontakt zwischen ihnen und Gerhard Eck oder dessen Tochter bestehe. Auch Gerhard Eck hat im Zuge der Berichterstattung mitgeteilt, dass etwaige persönliche Beziehungen weder bestanden haben, noch bestehen.
das Ganze beruhe auf einem Missverständnis bzgl. des Stall-Standortes.
Tatsächlich planten die Bay. Staatsregierung und vorneweg Staatssekretär Eck, auf der so genannten Steigerwaldbahn den Pony-Express wiederzubeleben (um doch schneller zu sein als der People Mover). Dazu brauche man natürlich auch Pony-Ställe, und noch sei nicht geklärt, ob diese von der Fa. Meißner als Besitzer/ Betreiber der Infrastruktur hergestellt werden müssten, oder ob nur die Orte eine Relaisstation bekämen, wo in vorauseilendem Gehorsam (notfalls auch schwarz) ein solches Teil errichtet wurde. Bei der jetzigen Aktion sei irgendwie das Detail unter den Tisch gefallen, dass Zell zwar am Main, aber nicht an der Steigerwaldbahn liegt.
Helau!
Befasst sich auch mal jemand mit dem ökologischen Fußabdruck von Pferden ?
Nach einer Schweizer Untersuchung liegt der genauso hoch wie ein SUV mit 16.000km Fahrleistung.
Und in Deutschland gibt es 1.200.000 Pferde. Mehr als 1960, als diese noch (ökologisch) in der Landwirtschaft eingesetzt wurden.
Grad bei dieser CSU kann man mit derartigem Charakter bestens Karriere machen.
Die Politiker wissen nicht alles, sie sind nicht überall vom Fach und können mir die Rechtslage erklären.
Nach meiner Meinung erhalten sie von den Behörden mehr Info. Wobei Sie auch mehr Info über einen Ausweg erhalten. Gute Politiker setzen sich nicht nur für die Spezi ein. Man muss sie nur ansprechen.
"Führung öffentlicher Angelegenheiten zu privatem Vorteil" ja, weil ich sie das nächste mal wähle.
Das ist wie zum Polizeipräsidenten gehen und quengeln weil man ein Knöllchen bekommen hat.
@ martin55
Gerhard Eck ist vom Fach - wenn man es so bezeichnen darf. Als Bauzeichnergeselle müsste er sich hinreichend mit baurechtlichen Bestimmungen auskennen.
Doch, so funktioniert Politik. Und nicht nur bei den Schwarzen. Bitte mal nach Hamburg schauen, was da unser künftiger Bundeskanzler und vorheriger Finanzminister in Bezug auf Cum-ex so getrieben hat.
Ein Paradebeispiel der Politik.
Für mich ist eigentlich keiner mehr glaubwürdig. Egal wie er "angestrichen" ist.
Ambrose Gwinnett Bierce
(1842 - 1914), genannt Bitter Pierce, US-amerikanischer Journalist und Satiriker