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Würzburg
Spurensuche: Wie kam der 24-jährige Somalier nach Würzburg?
Seit September 2019 ist der Täter vom Barbarossaplatz in Würzburg gemeldet. Vier Jahre zuvor war er nach Deutschland eingereist. Was passierte seitdem? Eine Rekonstruktion.
Am Ort des Schreckens in Würzburg: Ein Meer aus Lichtern im Gedenken an die Opfer und als Dank für die couragierten Helfer. 
Foto: Fabian Gebert | Am Ort des Schreckens in Würzburg: Ein Meer aus Lichtern im Gedenken an die Opfer und als Dank für die couragierten Helfer. 
Andreas Jungbauer
 und  Manuela Göbel
 |  aktualisiert: 08.02.2024 10:40 Uhr

Nach der brutalen Tat vom Freitag sind weiterhin viele Fragen zum Täter und zu möglichen Motiven offen. So ist noch immer unklar, wo sich der 24-jährige Somalier in den Monaten vor seiner offiziellen Ankunft in Würzburg Anfang September 2019 aufgehalten hat. Ende Januar 2019 hatte er sich Ermittlern zufolge ein zweites Mal in Chemnitz gemeldet, in der Folge aber verliert sich seine Spur. "Fortzug nach unbekannt", heißt es bei der Polizei. Wie lange und wo der Mann untergetaucht war, ist Gegenstand der Ermittlungen.

Einreise als somalischer Asylbewerber im Mai 2015

Fest steht: Der heute 24-jährige Somalier ist am 6. Mai 2015 als Geflüchteter nach Deutschland eingereist und hat einen Asylantrag gestellt. Er wurde zunächst in einer Einrichtung in Chemnitz  in Sachsen untergebracht, dort nahm die Außenstelle des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bamf) das Asylverfahren auf. Noch im selben Jahr gab es nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur einen Vorfall in der Asylunterkunft: Ermittlungen wegen gefährlicher Körperverletzung wurden laut sächsischem Landeskriminalamt allerdings eingestellt, weil die Beteiligten den Streitverlauf unterschiedlich dargestellt hätten.

Die nachfolgenden Jahre sind schwer zu rekonstruieren, die Recherchen dieser Redaktion laufen. Das Bamf erteilt wegen Persönlichkeitsrecht und Datenschutz keine näheren Auskünfte zum Asylantrag und dessen Begründung. Er wurde jedenfalls abgelehnt, der Geflüchtete erhielt einen sogenannten subsidiären Schutz. Das heißt: Wegen der anhaltenden Bürgerkriegssituation im Land muss er aktuell nicht nach Somalia zurückkehren. Das Land wird seit Jahrzehnten von Krieg und Terror heimgesucht. Menschenrechtsorganisationen beklagen massive Gewalt und Einschüchterung. Die islamistische Terrormiliz Al-Schabab kämpft mit brutalen Anschlägen um die Vorherrschaft.

Sollte sich die Situation in Somalia grundlegend verbessern, droht somalischen Asylbewerbern die Abschiebung aus Deutschland. Ein mögliches Bleiberecht sehen die Asylgesetze in diesem Fall nur vor, wenn Geflüchtete bereits mindestens fünf Jahre in Deutschland leben und sich hier gut integriert haben, unter anderem mit hinreichenden Sprachkenntnissen. Nach vorliegenden Informationen versteht der Täter zwar Deutsch, spricht es aber nicht aktiv.

Spurensuche: Wie kam der 24-jährige Somalier nach Würzburg?

Schon kurz nach seiner Ankunft im Mai 2015 in Deutschland war der heute 24-Jährige von Chemnitz in den Erzgebirgskreis gezogen, blieb allerdings auch dort nicht lange: Laut Unterfrankens Polizeipräsident Gerhard Kallert war bereits 2016 die Stadtverwaltung Düsseldorf für ihn zuständig. Aus dem dortigen Rathaus waren am Montag keine Informationen darüber zu erhalten, man verweist auf das nordrhein-westfälische Innenministerium.

Sicher ist: Ende Januar 2019 kehrte der Somalier zurück nach Chemnitz. Wie die Stadtverwaltung bestätigt, war er dort bis zum September 2019 zumindest offiziell mit einer Wohnung geführt. 

Seit 4. September 2019 ist der Somalier nach Angaben der Stadt Würzburg hier gemeldet. Wie er gelebt hat, inwieweit er betreut wurde und welche Hilfen er bekommen hat, konnte die Stadt am Montag nicht sagen. „Wir müssen selbst noch die Aktenlage komplett einsehen und alle relevanten Informationen zusammentragen", erklärte die städtische Pressesprecherin Claudia Lother. Wie der Asylsuchende in das städtische Obdachlosenheim in der Zellerau kam – auch das ist im Moment unklar.

War der Täter schon früher in Würzburg?

Der Würzburger Christoph Pitz ist sich „sehr sicher“, den Somalier bei einer Schulung in einem  Würzburger Bildungszentrums kennengelernt zu haben, an der er selbst zufällig teilnahm. „Das war allerdings schon im Juli 2019“, sagt Pitz. Zu einem Zeitpunkt also, zu dem der Mann noch in Chemnitz gemeldet war. Nachfragen der Redaktion bei der Leitung des privaten Schulungszentrums blieben bislang noch unbeantwortet.

Und es gibt viele weitere Fragen: Wann und wie wurde der 24-Jährige dann auffällig? Wer wusste davon? Und wie hielten Behörden zu ihm Kontakt? Die Redaktion wird in den nächsten Tagen weiter nach Antworten dazu suchen.  

 
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