Die Aufregung ist groß, seit die USA drei unbekannte Flugobjekte vom Himmel holten. Spekulationen – selbst über "Aliens", also Außerirdische – schießen ins Kraut. Als einer von wenigen Wissenschaftlern in Deutschland beschäftigt sich Hakan Kayal, Professor für Raumfahrttechnik an der Universität Würzburg, seit Jahren mit unbekannten Himmelsphänomenen. Dafür wurde an der Uni schon 2016 eigens ein interdisziplinäres Zentrum für Extraterrestrik (Ifex) eingerichtet.
Was hält der 55-jährige Weltraumforscher von den jetzt gesichteten und abgeschossenen Flugobjekten?
Prof. Hakan Kayal: Es fehlen mir natürlich direkte Informationen, ich kann nur aus der Ferne urteilen. Aber aufgrund der weltpolitischen Lage scheinen mir Drohnen jeglicher Art am wahrscheinlichsten. Sie wurden vermutlich bisher zu wenig wahrgenommen. Aber ich sage das mit aller Vorsicht.
Kayal: Das wäre ungewöhnlich, aber nicht unmöglich. Es gibt zum Beispiel Ballone mit metallumhüllten, starren Körpern. Sie können auch eine Zylinderform haben. Aber selbst das amerikanische Militär hat Schwierigkeiten, sich die Objekte zu erklären.
Kayal: Sie könnten natürlich für Spionagezwecke genutzt werden. Das wäre eine naheliegende Erklärung. Zum anderen könnte es sich um natürliche Phänomene handeln, die wir bisher noch nicht kennen – so ähnlich wie Blitze. Das scheint allerdings unwahrscheinlich, weil die Beobachter von sehr deutlichen physikalischen Objekten sprechen. Und die dritte Option, die uns sehr beschäftigt, sind Flugobjekte unbekannter Herkunft. Also Ufos.
Kayal: Bei Ufos, die in der Vergangenheit beobachtet wurden, waren extreme Beschleunigungen oder Zickzack-Fliegen typisch. Oder sie blieben auf einer Stelle stehen und flogen dann mit hoher Geschwindigkeit davon. Diese extremen Flugeigenschaften und Charakteristika scheinen in den aktuellen Fällen nicht vorzuliegen. Aber die Informationslage ist gerade wirklich schwierig.
Kayal: Das ist nicht so einfach. Wenn sie in zwölf Kilometern Höhe fliegen, kommen Sie mit Hubschraubern nicht heran. Sie könnten höchstens mit einem Flugzeug näher ranfliegen. Auch das Wetter müsste mitspielen. Und Militärflugzeuge haben normalerweise nicht die nötigen wissenschaftlichen Instrumente an Bord. Megateleskope gibt es zwar – aber nicht unbedingt in der Gegend, in der Ufos unterwegs sind.
Kayal: Ich denke, elektronisch ist das möglich – also für das Abhören von Funkverbindungen zum Beispiel. Schwieriger ist es bei der optischen Erkennung. Das Ganze muss übrigens gar keine staatliche Spionage sein. Möglich auch, dass irgendwelche Privatleute dafür verantwortlich sind und sich in der angespannten Lage einen Scherz erlauben.
Kayal: Ich sehe da eher menschliche Gründe. Zum einen ist Nervosität gestiegen – man wird schneller auf Objekte aufmerksam. Zweitens beobachtet man jetzt wohl intensiver einen Luftraum, der davor weniger im Blick war. Und schließlich hat in den letzten Tagen auch die Aufmerksamkeit der Medien extrem zugenommen. Dass sich Fälle objektiv wirklich häufen, das glaube ich eher nicht. Ufos erscheinen schon seit 70 Jahren weltweit.
Kayal: Für uns sind vor allem Ufos von Interesse, die sich sehr merkwürdig verhalten. Wir stoßen wissenschaftlich aber immer an die Grenze von nationalen Sicherheitsinteressen. Das macht die Informationslage so schwierig und behindert die weitere Erforschung von unbekannten Himmelsphänomenen oder Ufos, die möglicherweise Signaturen außerirdischer Aktivitäten zeigen könnten.
Kayal: Ich muss davon ausgehen, dass diese Möglichkeit existiert und schließe sie nicht aus. Ein Teil der Ufos, die seit 70 Jahren beobachtet werden, könnten tatsächlich auf eine außerirdische Aktivität hinweisen. Aber wir wissen es nicht. Deshalb müssen wir es erforschen und der Sache auf den Grund gehen.
Kayal: Wir entwickeln Geräte zur Beobachtung von Ufos mit Sensorsystem und unter Einsatz auch von Künstlicher Intelligenz. Seit einem Jahr haben wir ein Testgerät auf dem Dach eines Uni-Gebäudes in Betrieb. Das wollen wir weiterentwickeln zu einem operativen System, das viele Sensoren vernetzt und damit den Himmel beobachtet. Um voranzukommen, brauchen wir auch eine Finanzierung für diese Forschung staatlicherseits oder durch Spenden. Die fehlenden Mittel sind der Hauptgrund, warum wir nicht schneller vorankommen.
Kayal: Richtig. Für mich selbst ist der Bereich ein Schwerpunkt seit 2008 – neben der Entwicklung von Kleinsatelliten. Dass es mittlerweile auch Studien im Auftrag des Pentagon gibt und die NASA mit einer eigenen Studie am Thema arbeitet, verdeutlicht den ernsthaften Hintergrund.