Die Freie Turnerschaft Würzburg ist ein außergewöhnlicher Verein. Das wird spätestens beim Blick auf die verschiedenen Abteilungen des 1899 gegründeten Klubs deutlich. Dort sind Sportarten aufgelistet wie Lacrosse oder Flag Football, Ultimate Frisbee oder Ninjutsu. Ja, es gibt auch eine Fußball-Mannschaft. Und auch ein Basketball-Team. Aber die Turner stehen für das Außergewöhnliche. Auf und neben dem Spielfeld.
Im Jahr des 125-jährigen Bestehens des Vereins hat die Main-Post die Freie Turnerschaft Würzburg für das vielfältige Angebot mit dem Sonderpreis bei der Wahl zum "Vorstand des Jahres" ausgezeichnet.
In den vergangenen Jahren sind die freien Turner deutlich gewachsen. Waren es 2007, als der aktuelle Vorstand das Handeln übernommen hat, noch 100 Mitglieder, sind es jetzt laut Vereinsangaben mehr als 500. Das liegt demnach auch an einem Plus an Studierenden in der Fußball-Mannschaft, insbesondere aber an den immer neuen Abteilungen, die zum Verein gestoßen sind.
"Wir begreifen die Vielfalt des Vereins als erstrebenswert und als Auszeichnung", betont der Vorstandsvorsitzende der Turner, Markus Schüll. "Es freut uns, dass viele verschiedene Menschen ihre Sportart bei uns ausüben wollen."
Fredericke Keller, die sich seit drei Jahren als Vorstandsmitglied um die Finanzen des Vereins kümmert, ergänzt: "Es macht den Verein sehr attraktiv, dass wir so viele Möglichkeiten haben." Es sei ein Pluspunkt, dass die Mitglieder für den Jahresbeitrag in allen Abteilungen mitmachen können.
Viele engagierte Menschen bei den Freien Turnern Würzburg
Doch wo viele Sportarten ausgeübt werden, muss auch viel organisiert werden. Das passiert bei den Freien Turnern über WhatsApp-Gruppen und Excel-Tabellen. "Wir haben da unglaublich viel Glück, derart engagierte Leute in den Abteilungen zu haben, sodass die Absprachen auch auf kurzem Dienstweg funktionieren", sagt Keller. "Das als Ehrenamtler nebenbei zu koordinieren, ist viel Arbeit. Da haben wir tolle Leute."
Die Vielfalt bei den Freien Turnern Würzburg sei auch aus Eigennutzen entstanden, erklärt Schüll – damit der Verein überhaupt bestehen bleiben konnte. "Als wir 2007 den Vorstand übernommen haben, hatten wir Fußball, Damengymnastik und Tischtennis. Wir standen bei knapp 100 Mitgliedern, davon waren 40 Karteileichen. Wir mussten Mitglieder generieren."
Mehr Mitglieder bedeuten mehr Einnahmen, mit mehr Einnahmen können mehr Dinge angeschafft und repariert werden. "Die Vielfalt macht es aus", sagt Schüll. Und hat den Nebeneffekt, dass die anderen Abteilungen Mitgliederschwund abfedern, wenn es in einer Sportart mal nicht so gut läuft. "Deswegen müssen wir keine Angst haben, dass wir nächstes Jahr nicht mehr existieren."
Rugby hätte den Platz zu sehr beansprucht
Wer sich mit seiner Sportart bei den Turnern bewerben möchte, muss keine besonderen Kriterien erfüllen: "Ganz normal die freiheitlich demokratische Grundordnung", sagt Schüll lachend. Jeden können die Würzburger allerdings nicht aufnehmen. So habe es vor einigen Jahren mal eine Anfrage aus dem Rugby gegeben. "Die hätten wir auch gerne genommen", betont der Vorstandsvorsitzende. Doch hätte der Sport den Rasen zu sehr in Mitleidenschaft gezogen.
Der Klub, dessen Rasenplatz-Anlage den Namen "Beate-Uhse-Kampfbahn" trägt, engagiert sich auch gesellschaftlich. 2014 hat FTW-Mitglied Stefan Rinke das Projekt "Sport ohne Grenzen" ins Leben gerufen, das Asylbewerberinnen und -bewerbern ohne jegliche finanzielle Belastung die Teilnahme am normalen Sportbetrieb des Vereins ermöglicht. Dafür haben die Turner damals unter anderem den Sonderpreis des Bayerischen Fußball-Verbands (BFV) erhalten.
Bei der Main-Post-Aktion "Vorstand des Jahres" wurden für das Jahr 2024 Vorstände bzw. Aktive von fünf Vereinen aus Stadt und Landkreis Würzburg in verschiedenen Kategorien ausgezeichnet. Die Aktion wird in Zusammenarbeit mit der Stadt Würzburg und dem Landratsamt organisiert, die Preisgelder stiftet die Sparkasse Mainfranken Würzburg.
Alle geehrten Vorstände und die Geehrten in der Kategorie "Guten Seelen im Verein" stellt diese Redaktion in den nächsten Tagen in gesonderten Beiträgen ausführlich vor.
