
"Sonderhofen war mit seinen drei Wirtschaften früher ein richtiges Kartdorf", erinnert sich Horst Bäumler. Das ist inzwischen lange her. Lediglich das Musikheim bietet heute in der kleinen Gaugemeinde noch Gelegenheit, in gemütlicher Runde Schafkopf zu spielen. Unter den Männern, die sich dort an jedem Freitag treffen, um die Tradition aufrecht zu erhalten, gibt es deshalb nur Gewinner.
Für Horst Bäumler, der mit 84 Jahren alleine lebt, sei die Kartrunde am Freitag "das Highlight der Woche". Neben der Abwechslung im Alltag und dem geistigen Training durch das Kartenspiel schätzt der pensionierte Lehrer vor allem den Spaß und die gute Unterhaltung, die er mit seinen Kartbrüdern hat. Natürlich wird um Geld gespielt, allerdings um kleine Beträge. "Es kostet fast nichts", sagt Bäumler mit einem Lächeln.
Seine Freude am Schafkopfen teilt er mit Heinz Gessner (82), Jakob Weid (86), Ludwig Wiehl (85) und Willi Loos (83) sowie mit Werner Fuchs (83) aus Rittershausen. Zu den Jüngsten im Kreis gehören Erwin Pfeuffer (76), der 68-jährige Erwin Reuß sowie als regelmäßige Aushilfsspieler Paul Gehring aus Gelchsheim sowie Edgar Pfeuffer und Klaus Hufnagel aus Wolkshausen.
Der Gelchsheimer Alfons Herrmann schließt sich der Runde gerne mal als "Brunzkarter" an, also als einer, der einspringt, wenn einem Spieler die Blase drückt. Edgar Pfeuffer nennt ihn in gepflegtem Hochdeutsch lieber den "Pinkelmann". Eine wichtige Rolle unter den Kartbrüdern spielt Josef Müller. Der "Seppl", der diese Treffen ins Leben gerufen hat, fungiert dabei als Wirt oder als Aushilfsspieler. Wenn Josef Müller mal verhindert ist, sorgt Kurt Müller dafür, dass die Männer nicht verdursten.
Beim Kartenspiel werden Neuigkeiten ausgetauscht
Wie Horst Bäumler, so sehen auch die übrigen Männer das Kartenspielen als wertvollen Zeitvertreib und als gute Gelegenheit, die Gemeinschaft zu pflegen und Neuigkeiten auszutauschen. "Wir karten ja nicht nur, wir ratschen auch" sagt Erwin Pfeuffer. Lachend stimmen die anderen ihm bei, als Willi Loos meint: "Wir schmarren auch mal so rum, was los ist im Dorf."
Daraufhin kommen seine Kartbrüder darauf zu sprechen, wie es früher mal in Sonderhofen war. Die meisten der "alten Bürschle", wie Horst Bäumler sie nennt, kennen sich seit ihrer Kindheit. Und Schafkopf spielen haben alle bereits als Jugendliche gelernt. Schon sehr früh mit dem Kartenspiel vertraut wurde Jakob Weid, der in Riedenheim in einer Gastwirtschaft groß geworden ist. Wie er erzählt, wurde dort an jedem Wochenende Schafkopf gespielt. Und wenn, wie er sagt, einer mal aufs Klo musste, durfte er als Bub mitkarten.
Wenn sie in der Runde erzählen wie früher im Gasthaus Weid oder im Gasthaus "Zur Eisenbahn" regelmäßig Schafkopf gespielt wurde, dann wird ein großes Stück Sonderhöfer Vergangenheit wach. Nachdem nach und nach alle drei Wirtshäuser aus dem Ort verschwunden waren, herrschte erst mal eine Flaute bei den Kartenspielern. Um weiterhin Schafkopf zu spielen, trafen sich zunächst vier Sonderhöfer Kartbrüder reihum in privatem Kreis, bevor sich vor 13 Jahren die Gelegenheit bot, im Musikheim zusammen zu kommen.
Auch das Sonderhöfer Musikheim war früher mal ein Gasthaus
Dessen Geschichte ruft Kurt Müller in Erinnerung, der dem Musikverein Sonderhofen eng verbunden ist und 40 Jahre lang die örtliche Blaskapelle geleitet hat. Das Gebäude, das heute als Wirtshaus-Ersatz dient, wurde 1903 als Gasthaus errichtet. Ab 1956 war hier der Kindergarten untergebracht, bevor die Einrichtung durch einen Neubau ersetzt wurde. Nach dem Umbau durch den Musikverein wurde das Musikheim 2002 eingeweiht und steht seitdem den örtlichen Vereinen für Veranstaltungen zur Verfügung.
Dass das Schafkopfspiel nicht nur in Sonderhofen, sondern auch im übrigen Franken eine lange Tradition hat, zeigt eine Recherche im Internet. Die ältesten schriftlich fixierten Regeln zum Bayerischen Schafkopf finden sich demnach in dem Buch "Der gewandte Kartenspieler- Der Schaffkopf: ein geistreiches Kartenspiel", das 1884 in Würzburg veröffentlicht wurde.
In Bezug auf Bayern wird Schafkopf 1837 im Bayerischen Wörterbuches von Johann Andreas Schmeller erstmals erwähnt. Die spezifisch bayerische Variante entstand mit der Einführung des Rufspiels in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts – offenbar in Franken: Die erstmalige Erwähnung eines definitiv nach bayerischen Regeln (in Gräfenberg) gespielten Schafkopfspiels datiert aus dem Jahr 1849. Das Oberpfälzische Zeitblatt (Amberg) berichtete bereits im Juni 1843 über eine ziemliche Verbreitung eines gewissen Kartenspieles namens Schafkopf in manchen Gegenden Frankens.
Erstmals schriftlich erwähnt wurde das Schafkopfspiel im sächsischen Straf- und Bußgeldkatalog des Jahres 1782. Darin wird festgehalten, dass Schafkopf im Gegensatz zu einem Spiel namens "Hazard" nicht als Glücksspiel im juristischen Sinn zu gelten habe und deshalb erlaubt sei. 1811 wurde Schafkopf von Paul Hammer in Leipzig in eine Beschreibung deutscher Kartenspiele aufgenommen.
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