Vor sechs Jahren haben sich Marion Bayer und ihr Partner Manuel Schön im Neubaugebiet von Darstadt niedergelassen. Die idyllische Lage des kleinen Ochsenfurter Ortsteils inmitten grüner Felder war es gewesen, die das Paar nach Darstadt gezogen hatte. Mit ihrem Hund gehen die beiden gern in der Umgebung spazieren. Jetzt befürchten sie, dass das Grün sich in Schwarz verwandeln könnte, denn in ihrer direkten Nachbarschaft könnte schon bald ein 85 Hektar großer Solarpark entstehen.
So nah am Ort und in dieser Größe - das kann nicht sein, finden die beiden, und gründeten am 14. Oktober gemeinsam mit vier Nachbarn aus dem Fuchsstadter Weg eine Bürgerinitiative (BI) - unmittelbar nach der Vorstellung der Pläne im Ochsenfurter Bauausschuss. Die BI richte sich nicht gegen das Projekt als solches, betont Schön im Gespräch mit der Redaktion. Er sei sehr wohl für Solarenergie, und auch den Standort Darstadt lehne er nicht grundsätzlich ab. Mit seiner Bürgerinitiative will er aber erreichen, dass die Anlage an eine Stelle rückt, die vom Ort aus weniger gut sichtbar ist. Oder gleich an einen ganz anderen Standort, der seiner Meinung nach besser geeignet sei. Als gelungene Bespiele für Freiflächenanlagen nennt Schön den Flugplatz Giebelstadt oder die Altdeponie in Moos.
Diskussion um Verlagerung der Anlage
Der geplante Solarpark soll aus einer großen Fläche im Norden und einer deutlich kleineren im Süden bestehen. Die Nordfläche zieht sich, beginnend rund 200 Meter vom Ortsrand entfernt, den Hang hinauf und biete damit fürs Auge nur wenig Erbauliches, findet Schön. Und die Südfläche ist zwar vom Dorf aus kaum zu sehen, liegt aber in einem landschaftlich besonders reizvollen Areal, weshalb die Vertreter der BI auch diese kritisch sehen.
Könnte die Nordfläche denn nicht vom Ort weg verlagert werden und erst auf der Anhöhe beginnen, fragt sich Manuel Schön. Mit Heiner von Zobel, von Beruf Landwirt und Eigentümer eines großen Teils der für das Projekt vorgesehenen Flächen, hat er darüber schon gesprochen. Der sieht in dieser Idee gewisse Schwierigkeiten. Den Solarpark nach oben auf die Anhöhe zu verlegen, sei schwierig, da dort die Besitzverhältnisse teils wieder anders seien, sagt von Zobel.
Außerdem eigneten sich die in Südrichtung geneigten Flächen ideal für die Gewinnung von Solarenergie. Auch seien eben diese Flächen wegen ihrer geringeren Bodengüte für die Landwirtschaft am schlechtesten geeignet. Aus diesem Grund hatten von Zobel und die anderen Eigentümer schon vor rund zehn Jahren Überlegungen angestellt, die Flächen einer gewinnbringenderen Nutzung zuzuführen. Schon damals war ein Solarpark geplant gewesen, das Vorhaben verlief aber im Sande.
Dass der "Anbau" von Sonnenstrom auf diesen Flächen für die Eigentümer deutlich lukrativer ist als der von Feldfrüchten, spricht Heiner von Zobel offen aus. Trotzdem habe er sich auf Bitten der Anwohner bereit erklärt, ein gut einsehbares Dreieck sowie eine angrenzende Fläche aus der Planung heraus zu nehmen, sagt von Zobel. Das habe aber offensichtlich nicht ausgereicht, um den Frieden wieder herzustellen.
Die Meinungen gehen auseinander
Die Bürgerinitiative, die in Darstadt inzwischen mehr als 80 Unterschriften für ihr Anliegen gesammelt hat, kritisiert noch weitere Punkte. Unnötiger Flächenverbrauch für das "Megaprojekt", Barrieren durch die Umzäunung, Gefahren durch den Baustellenverkehr und ganz allgemein eine Verschandelung des Landschaftsbildes befürchten die Kritiker unter anderem. Und nicht zuletzt ärgern sie sich darüber, dass die Darstadter Bürger nicht von Anfang an über die Pläne informiert worden seien.
Bei all diesen Punkten gehen die Meinungen - und teils sogar die behaupteten Fakten - zwischen Gegnern und Befürwortern auseinander. Während die BI in der insgesamt knapp neun Kilometer langen Umzäunung der Flächen eine "Hochsicherheitszone" mit Stacheldraht sieht, kann Projektentwickler Thomas Hager von der Firma Max Solar lediglich einen Zaun mit Übersteigschutz erkennen. Unpassierbar für viele Tiere sei diese Barriere, bemängelt die BI. Durch die etwa 20 Zentimeter hohe Lücke am Boden passt hingegen laut Hager so ziemlich alles, was da kreucht und fleucht. Inklusive dem Rehwild, das durch das reichhaltige Futterangebot angezogen werde.
Umspannwerk soll in Stalldorf entstehen
Von ein bis zwei Jahren Bauzeit mit erhöhtem Verkehrsaufkommen durch Lkw im Ort geht die BI aus, Thomas Hager spricht von sechs Monaten und der Belieferung der Baustelle über einen Wirtschaftsweg im Norden. Fünf Prozent der Fläche würden versiegelt, so die BI. Max Solar nennt nur 0,1 Prozent der Fläche, die durch Rammpfosten und Trafostationen belegt würden. Und dass auf der Fläche ein Umspannwerk gebaut werde, stimme nicht, ergänzt Hager. Dieses komme nach Stalldorf, wo der über ein Erdkabel aus Darstadt kommende Solarstrom ins Netz gehen soll. In Darstadt selbst seien Batteriespeicher geplant, allerdings weit weg vom Ort.
Er verstehe, dass die Anwohner von einer Anlage dieser Größe nicht unbedingt begeistert seien, sagt Hager. Aber an ein paar Leuten, die spazieren gehen wollten, könne man die Energiewende nicht scheitern lassen. Für Manuel Schön bedeutet der Solarpark indessen viel mehr als eine Beeinträchtigung beim Spazierengehen. Er befürchtet, das Projekt könne die Dorfseele vergiften, den Ort gar spalten.
Idee eines runden Tischs
Deshalb ist es ihm wichtig, dass die Bürger einbezogen werden. Schön wünscht sich einen runden Tisch etwa mit Vertretern von BI, Verpächtern, Max Solar, Stadt und Stadtratsfraktionen unter Leitung eines neutralen Moderators, um über mögliche Lösungen zu beraten. Da wäre er auf jeden Fall dabei, sagt Thomas Hager. Auch Heiner von Zobel würde an solch einem runden Tisch Platz nehmen.
Und was sagt der Bürgermeister der Stadt Ochsenfurt, die ja immerhin die Planungshoheit hat? "Ich kann beide Seiten verstehen", äußert sich Peter Juks (UWG), bei dem die Vertreter der BI schon vorstellig geworden waren, um ihre Bedenken darzulegen und die Unterschriftenliste zu übergeben. Ausgangspunkt aller Überlegungen ist für ihn die gesellschaftliche Aufgabe "Energiewende", der sich alle stellen müssten.
Voraussetzung ist für Juks, dass eine Bürgerbeteiligung vorgesehen ist, etwa über eine Genossenschaft, und dass die Gewerbesteuer in der Stadt bleibt. Außerdem findet er wichtig, dass es sich um ein Konzept außerhalb des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) handelt, weil alles andere den Strompreis nach oben treiben würde. "Alle wollen bezahlbare Energie, dafür muss man was machen", sagt Juks.
Hinweis: In einer früheren Version hieß es, die Solaranlage solle aus Sicht der BI an eine Stelle rücken, die dafür besser geeignet sei, etwa am Flugplatz Giebelstadt oder der Altdeponie in Moos. Das ist missverständlich, da dort schon Anlagen existieren und diese Flächen nur als gelungene Beispiele für Freiflächen-Solarparks genannt werden sollten.