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WÜRZBURG
Söder will deutlich mehr Menschen abschieben
In Sachen Asylpolitik bestätigt Markus Söder seine restriktive Haltung. Was die persönlichen Ambitionen betrifft, gibt sich der Minister im Interview deutlich diplomatischer.
Söder will deutlich mehr Menschen abschieben       -  Will nicht in die Bundespolitik nach Berlin: Markus Söder.
Foto: Thomas Obermeier | Will nicht in die Bundespolitik nach Berlin: Markus Söder.
Michael Czygan
 |  aktualisiert: 11.12.2019 14:41 Uhr

Wenn es um Flüchtlingspolitik geht, erweist sich der bayerische Finanz- und Heimatminister Markus Söder als der erwartete Hardliner. Locker ist der CSU-Mann im Interview, wenn es um Fußball geht. Den Würzburger Kickers gönnt selbst der glühende FC Nürnberg-Fan den Erfolg.

Frage: Herr Söder, heute können Sie mit der Wahrheit rausrücken. Der Dauerzwist zwischen Horst Seehofer und Ihnen ist reine Inszenierung. Sie geben den Mann fürs Grobe, Seehofer den fürs Gute und Schöne. In Wirklichkeit sind sie Kumpels und spielen den Konflikt dem Volk nur vor, um der CSU möglichst viele Stimmen zu sichern. Haben wir Recht?

Markus Söder: Wir beide geben uns Mühe, möglichst viel Vertrauen in der bayerischen Bevölkerung für die CSU und die Staatsregierung zu erarbeiten. Wir stehen vor allem beim Thema Zuwanderung Seite an Seite. Wenn es wirklich ernst wird, sind Horst Seehofer und ich eng verbunden.

Trotzdem, woher kommt dieser Konflikt?

Söder: Ich sehe keinen. Wir sind unterschiedliche Generationen und Charaktere. Im Fußball ist es aber auch so: Ribéry und Robben müssen nicht gemeinsam in den Urlaub fahren, um für ein gutes Ergebnis gemeinsam zu kämpfen. Und das tun Horst Seehofer und ich auch.

Zuletzt wollte der Parteichef Sie nach Berlin wegloben? Ist das ein Teil der Inszenierung?

Söder: Ich habe immer gesagt, mein Platz ist in Bayern. Da gibt es nichts Neues zu sagen.

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Und Sie wollen Ministerpräsident werden?

Söder: Ich versuche meinen Beitrag zu leisten, damit der Gesamterfolg steht. Was dann kommt, werden wir sehen.

Gegenüber Flüchtlingen treten Sie für eine harte Linie ein. Was ist wichtiger: Eine menschenfreundliche Asylpolitik oder die absolute Mehrheit der CSU?

Söder: Die Frage stellt sich so nicht. Was wir an Integration und Humanität leisten, macht kein anderes Bundesland. Wir geben von 2015-18 neun Milliarden Euro dafür aus. Bei uns hat jeder Flüchtling ein Dach über dem Kopf, etwas zu essen und wird medizinisch versorgt. Mich sorgt eher etwas anderes: eine unbegrenzte Zuwanderung, die am Ende zu einem erheblichen Vertrauensverlust bei der deutschen Bevölkerung führt.

Unkontrollierte Zuwanderung bringt unkontrollierbare Herausforderungen. Man spürt auch in manchen deutschen Städten, dass sich unsere Frauen und Töchter zunehmend unsicher fühlen. Wir brauchen mehr Polizei und konsequenteres Vorgehen gegen jede Form der Kriminalität. Und um Vertrauen zurückzugewinnen, müssen wir konsequenter abschieben. Wenn an einem Tag 50 Leute in ihre Heimat zurückgebracht werden, dann kann man nicht von Massenabschiebungen sprechen. Massenabschiebung müsste doch bedeuten, dass bei mehreren hunderttausend abgelehnten Asylanträgen, Tausende zurück in ihre Heimat geführt werden müssten.

Ist Afghanistan wirklich ein sicheres Land?

Söder: Nach Einschätzung des Bundesinnenministeriums zumindest Teile davon. Außerdem gilt: Wer ein Gewaltdelikt verübt, obwohl er hier Frieden und Sicherheit angeboten bekommt, der hat sein Gastrecht missbraucht und muss das Land wieder verlassen.

Die CSU hat eine Obergrenze von 200.000 Flüchtlingen zum Dogma erklärt. Was aber passiert mit dem 200.001. Flüchtling?

Söder: Renommierte Verfassungsrechtler haben bestätigt, dass so eine Obergrenze möglich ist. Sie ist ein starkes Signal der Glaubwürdigkeit um Zuwanderung zu begrenzen. Die Obergrenze zeigt, wie ein Staat die Integrationsfähigkeit seines Landes einschätzt. Knapp eine Million Flüchtlinge wie im Jahr 2015 können wir pro Jahr nicht aufnehmen und integrieren. Wie sollte das finanziert werden? Wenn auf Dauer die Hilfeleistung für Flüchtlinge in Konkurrenz zur Hilfeleistung für die einheimische Bevölkerung steht, dann werden wir soziale Verwerfungen bekommen, die die Demokratie in diesem Land destabilisieren.

Wer entspricht jetzt mehr bayerischer Leitkultur? Der Syrer, der in Lederhose aufs Oktoberfest geht oder beim Weinfest das Frankenlied trällert? Oder der fränkische Beamte, der Bier- und Weinfeste hasst und dreimal im Jahr Urlaub im Ausland macht?

Söder: Eine sehr sophistische Formulierung, die aber nicht mit der Realität übereinstimmt. Leitkultur ist doch ganz selbstverständlich. Jedes Unternehmen, jede Gesellschaft braucht doch ein Leitbild. Leitkultur ist nichts Dogmatisches, sondern die Basis für das gesellschaftliche Zusammenleben . Ein Bekenntnis zur gemeinsamen kulturellen Identität ist wichtig, damit Integration gelingt. Wohin soll man denn sonst integrieren?

In den Rechtsstaat zum Beispiel.

Söder: Denken Sie an die Sprache. Volker Beck von den Grünen empfiehlt den Deutschen, Arabisch zu lernen. Ist das Leitkultur? Man muss sich auch zu einem Land bekennen. Wenn Imane Frauen die Hand verweigern, wenn jemand die Scharia wichtiger findet als das Grundgesetz oder an der Burka festhält, dann muss man offen sagen: Das passt nicht zu unserem Land. Deshalb ist der Begriff Leitkultur wichtig. Aber auch die leidenschaftliche Debatte darüber, ist notwendig. Über ein Leitbild kann man streiten, aber jede Gesellschaft braucht eines, sonst geht sie verloren.

Finden Sie es richtig, dass Angela Merkel noch einmal als Kanzlerkandidatin der Union antritt?

Söder: Ich habe Respekt vor ihrer Entscheidung. Sie ist eine international angesehene Kanzlerin, aber noch sind einige Fragen insbesondere beim Thema Zuwanderung zu klären.

Sie haben gesagt, eine Koalition mit den Grünen sei für Sie nicht vorstellbar. Aber noch einmal vier Jahre große Koalition, ist das wirklich besser?

Söder: Eine sehr berechtigte Frage. Mein Problem ist, dass die Grünen sich wieder nach links entwickelt haben. Die Parteitagsbeschlüsse für höhere Steuern sind uraltes Trittin-Muster. Beim zentralen Thema Zuwanderung ist die Geschichte der Grünen eine Geschichte kontinuierlichen Irrtums.

In Hessen und Baden-Württemberg regieren Schwarz und Grün recht geräuschlos miteinander.

Söder: Wer denkt, die Grünen bestehen nur aus Kretschmann, der verkennt die Realität. Wer abends mit Kretschmann essen geht, muss morgens auch mit Hofreiter frühstücken. Für mich ist das schwer vorstellbar.

Zum Abschluss: Sie werden 50 am 5. Januar. Haben Sie einen Geburtstagswunsch?

Söder: Ja, dass der Club wieder auf Augenhöhe mit den Würzburger Kickers spielt.

 
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