Es war vor beinahe genau drei Jahren, als mit der Gala-Prunksitzung der Karnevalsgesellschaft Giebelstadt eine der letzten großen Fastnachtsveranstaltungen in der Region stattgefunden hat. Dann kam der Virus und die Fastnachter mussten zwei Jahre ohne Feiern auskommen. Doch nun hatten wieder die Dachdorfer Närrinnen und Narren das Sagen.
Bei der mit 360 Besuchern ausverkauften Prunksitzung in der Giebelstädter Mehrzweckhalle zeigten sie, dass sich die Fastnacht nicht verlernen lässt. Die Dachdorfer Gardetänzerinnen, die Büttenredner und die Gäste gestalteten ein buntes Programm. Von Kontaktangst keine Spur: Es wurde geklatscht, gesungen, geschunkelt und getanzt. Als Sitzungspräsident Stanley Thomas verkündete "Ich habe fertig", war es kurz vor Mitternacht.
Dachdorfer Garden waren Glanzstücke der Prunksitzung
Auch für ihn war es ein Schritt in die Vergangenheit. Bis 2014 hatte er die Sitzungen geleitet. Bestens aufgelegt, umrahmt von einem feierlaunigen Elferrat, führte er durch die Sitzung. "Wie haben ihn wiederbelebt, reanimiert", freute sich der Bezirkspräsident des Fastnacht-Verbands (FVF) Tobias Brand in einem närrischen Grußwort über seine Rückkehr. Viel Mühe hatte der alte Neue nicht, das Publikum mitzuziehen.
Glanzstücke waren wieder die Dachdorfer Garden. Pünktlich um 20 Uhr ließ der Sitzungspräsident denn auch die erste Stimmungsrakete starten. Die Purzelgarde – die Tänzerinnen sind gerade einmal zwischen vier und sechs Jahre alt – hatte zuvor ihre getanzten Hexenkünste gezeigt. Beim Marschtanz der Jugendgarde standen gar 19 junge Talente auf der Bühne. Höhepunkt war der Schautanz "The Greatest Show" und – selbstredend - der Auftritt der Prinzengarde.
In einer eigenen Klasse tanzen seit einigen Jahren die Turedancer aus Zellingen. Schon nach den ersten Tanzschritten stand fest, dass die doppelten Deutschen Meister nichts verlernt haben. Durchchoreografiert saß jede Bewegung, jeder Schritt. Mit Männerballett im landläufigen Sinn hat der kräfteraubende Tanzsport, den die jungen Männer bieten, wenig zu tun. In ihrem Schautanz "Am Pass der weißen Rose" tanzten sie die Geschichte eines Clubs reicher "Schnösel" aus dem 19. Jahrhundert auf Schatzsuche. Sie stoßen auf eine leere Schatztruhe und erkennen; nicht das Geld, sondern Freundschaft trägt durch die Krise. Das blinde Vertrauen der Tänzer zeigt, dass dies für die Turedancer keine hohle Phrase ist.
Bütt der jungen Rednerin Leonie Heinrich war hörenswert
Hörenswert die Bütt. Mit Leonie Heinrich konnten die Dachdorfer eine junge Büttenrednerin aus eigenen Reihen aufbieten. In ihren Adern fließt echt närrisches Blut. Mit dem knallroten Hut ihres verstorbenen Großvaters, der in der Giebelstädter Fastnacht viel bewegt hat, auf dem Kopf reimte sie sich durch ihre Beobachtungen. "Was waren das für verrückte Zeiten, als ein Virus statt dem Prinzenpaar die Regentschaft übernahm?", erinnerte sie an die besonders für die Jugend entbehrungsreichen Zeiten der Hygieneregeln. Auch die Tollitäten Katja I. und Moritz I. und das Kinderprinzenpaar Lara I. und Mika I. konnten erst bei ihrem dritten Anlauf ihren herrschaftlichen Pflichten nachkommen.
Als Weihnachtskugeln auf die Bühne getrippelt kamen Caroline Gambichler und Carina Lohmann. Bis auf den Kopf, die Hände und Beine war von ihnen immerhin noch genug zu sehen, um wortgewandt und mit Gesten die Eindrücke des weihnachtlichen Schmucks von der fünften Jahreszeit zu schildern. "Früher war viel mehr Lametta" behaupteten die beiden Fastnachter aus Kirchschönbach. Dabei zeigte sich, dass die "Kleckereien" von Rolf Zuckowskis "Weihnachtsbäckerei" erstaunlich gut in die Faschingszeit passen. Auch lässt sich von "Heilige Nacht, stille Nacht" auf der Blockflöte übergangslos zu "Die Löcher fliegen aus dem Käse" und zur Polonäse mit dem Elferrat und den Tollitäten wechseln.
"Geht’s noch?", fragte sich Wolfgang Huskitsch. Der Spessarter aus Dorfprozelten, wo der Main "Mo" und nicht "Mee" wie in Giebelstadt heißt. Die legendären 80er und 90er Jahre waren dennoch die gleichen. Er erinnerte sich, wie damals eine Baustellenampel und ein Straßenpfosten im Zimmer ein sicheres Zeichen dafür waren, dass einer gut Feiern kann. Feiern kann er, der Huskitsch. Das steht fest. Als er in "Skandal im Sperrbezirk" Rosi besang, Vorgängerin der heute oftmals besungenen Skandalnudel Layla, hielt es denn auch kaum noch einen im Publikum auf dem Platz. Die Baustellenampel an der Baustelle in der Ortsmitte stand jedenfalls auch nach Mitternacht noch an Ort und Stelle.